Adler will sich als Vermieter auf Berlin konzentrieren

Die kriselnde Adler Group hat am 2. Januar bekannt gegeben, eine Vereinbarung über den Verkauf von zunächst 89,9 Prozent der Anteile am Cosmopolitan-Portfolio mit insgesamt 6.788 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen (NRW) im Rahmen eines Share Deals zu einem Wert von 422,5 Millionen Euro an Orange Capital Partners (OCP) und One Investment Management (OneIM) unterzeichnet zu haben.
Die Parteien haben außerdem eine Put-Option vereinbart: Adler kann den verbleibenden Anteil von 10,1 Prozent später an OCP und OneIM verkaufen. Nach Rückzahlung der besicherten Finanzierung und Transaktionskosten könnte der Verkauf dem Unternehmen zufolge nach Abschluss zu einem Nettoerlös von bis zu 215 Millionen Euro führen. Das erste Closing der Transaktion wird für den 31.1.2025 erwartet.
In NRW wurde die Adler Group sonst hauptsächlich durch Brachen wie das Projekt "Grand Central" bekannt – für das Grundstück in Düsseldorf liegt seit 2019 eine Baugenehmigung für 900 Wohnungen vor, gebaut hat der Konzern nicht. Der Stadtrat beschloss bereits im September 2022 das Vorkaufsrecht für die Adler-Grundstücke Glasmacherviertel (Brack Capital) und Benrather Gärten (Consus).
Adler will Berliner Wohnungsunternehmen werden
"Die zweite große Transaktion innerhalb weniger Wochen zeigt, dass wir mit Hilfe unserer wiedergewonnenen Stabilität unsere Strategie zielführend umsetzen können", sagte Stefan Brendgen, Vorsitzender des Verwaltungsrats der Adler Group.
Das verbleibende Mietportfolio mit zirka 18.000 Einheiten werde sich fast vollständig auf Berlin konzentrieren. Dort machte der Immobilienkonzern zuletzt mit Mieterhöhungen und dem Austritt aus dem Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen im August 2023 von sich reden.
Im Juni 2022 war die Vereinbarung mit dem Senat unterzeichnet worden. Neben Neubauzielen sind Absprachen zur Mietentwicklung enthalten. So ist festgeschrieben, dass die privaten Wohnungsunternehmen die Mieten maximal um elf Prozent in drei Jahren erhöhen dürfen. Gesetzlich möglich wären in Berlin bis zu 15 Prozent in drei Jahren. Die ortsübliche Vergleichsmiete des Mietspiegels darf grundsätzlich nicht überschritten werden.
Medien berichteten, dass der Konzern die Kappungsgrenze von 15 Prozent in zahlreichen Fällen komplett ausnutze. Ärger gab es auch mit der Immobilientochter Adler Real Estate.
Falschbilanzierung? – Razzia bei Adler Real Estate
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das Bundeskriminalamt (BKA) durchsuchten am 28.6.2023 wegen des Verdachts der Falschbilanzierung, der Marktmanipulation und der Untreue Büros von Adler Real Estate AG. Die Ermittlungen und die Großrazzia erfolgten vor dem Hintergrund von Geschäftsvorfällen aus dem Geschäftsjahr 2019, die bis ins Jahr 2020 reichten, hieß es.
Ehemaligen Vorstände wurde vorgeworfen, von 2018 bis 2020 "die Bilanzen des Unternehmens unrichtig dargestellt oder hierzu Beihilfe geleistet zu haben". Zudem sollen sie im Namen der Gesellschaft Beraterverträge abgeschlossen und Zahlungen hierzu angewiesen haben, für die es keine Gegenleistungen gegeben habe. Damit sei dem Unternehmen ein Vermögensnachteil entstanden.
Außerdem bestand der Verdacht, dass Scheingeschäfte getätigt wurden, um Preise für Projekte in die Höhe zu treiben und einen günstigen Loan to Value (LTV) – Verhältnis des Kreditbetrags zum Verkehrs- oder Marktwert einer Immobilie – zu erreichen. Die Razzia war ein Rückschlag für den Konzern, der im Jahr 2022 einen Verlust von knapp 1,7 Milliarden Euro erlitt. Adler betonte, die aktuellen Durchsuchungen richteten sich nicht gegen Mitglieder des Verwaltungsrats der Gruppe.
Abwicklung durch Verkauf von Wohnungen
Vor Gericht hatten Adler-Anwälte argumentiert, dass auf diesem Weg mehr Kapital gerettet werde als im Insolvenzszenario. Der Richter folgte offenbar dieser Sicht. Konkret betrifft das Urteil die AGPS BondCo plc, eine hundertprozentige britische Tochtergesellschaft. Die in Luxemburg ansässige Adler Group entstand im Jahr 2020 durch die Fusion von Adler Real Estate, Consus und Ado Properties.
Schuldenabbau und Bafin: Eine Chronologie
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) schaltete sich ein, nachdem der Leerverkäufer Fraser Perring und sein Research-Dienst Viceroy im Oktober 2021 Betrugsvorwürfe erhoben hatten – es ging um die Bewertung von Immobilienprojekten. Die von Adler beauftragten KPMG-Wirtschaftsprüfer, die eigentlich die Vorwürfe aus der Welt räumen sollten, verweigerten dem SDAX-Unternehmen das Testat für die Geschäftszahlen 2021 und erklärten, künftig nicht mehr für das Unternehmen tätig sein zu wollen.
Am 24.6.2022 teilte die Group zunächst mit, die Minderheitsaktionäre von Adler Real Estate in einem Squeeze-out gegen eine Barabfindung herausdrängen zu wollen. Die Tochter, an der der Konzern 96,7 Prozent hält, solle von der Börse genommen werden, um die Konzernstruktur zu vereinfachen, hieß es. Mittlerweile wurde das Portfolio ausgedünnt und Immobilien verkauft, um Schulden zu senken. Der Konzern hatte sich im November 2022 mit einer Kerngruppe von Gläubigern über eine Anpassung der Bedingungen der von Adler ausgegeben Anleihen geeinigt.
Am 20.12.2022 stimmte ein Teil der Anleihegläubiger gegen die Vorschläge des Vorstands zur Refinanzierung des Konzerns. Adler kündigte dann an, die vorgeschlagenen Änderungen der Schuldverschreibungen "auf einem alternativen Weg" umsetzen zu wollen.
Die Tagesschau berichtete außerdem von einer "Liste mit Tausenden offenen Forderungen", denen Consus Adler Real Estate nicht oder nicht vollständig nachgekommen sein soll. Die Bafin weitete die Prüfung der Finanzdaten auch auf die deutsche Immobilientochter Adler Real Estate aus.
Neuer Adler-CEO soll es richten
Ende November 2024 kündigte der Konzern, der im operativen Geschäft immer noch hohe operative Verluste schreibt, einen Führungswechsel an: Der bisherige Chief Executive Officer (CEO), Thierry Beaudemoulin, ziehe sich "auf eigenen Wunsch zurück" hieß es in einer Mitteilung. Am 1.12.2024 übernahm der ehemalige Chef von Carestone, Karl Reinitzhuber, die Leitung der Adler Group.
Nach der abgeschlossenen Rekapitalisierung und dem Verkauf der Beteiligung an Brack Capital Properties (BCP) sei die Adler Group solide aufgestellt, finanziell gut ausgestattet und könne neue Prioritäten im deutschen Immobilienmarkt setzen. Chairman Brendgen führte aus: "Jenseits der Bewirtschaftung des Portfolios und somit der Optimierung der Aktivseite unserer Bilanz wollen wir auch die Passivseite der Bilanz durch entsprechende Refinanzierungen verbessern, die uns durch die frei gewordenen Mittel aus Verkäufen erleichtert werden."
Käufer der Mehrheitsanteile am BCP-Portfolio mit rund 9.100 Wohnungen in NRW, Niedersachsen, Bremen und Leipzig ist der Düsseldorfer Immobilienkonzern LEG. Der Kaufvertrag wurde am 4.11.2024 mit der Adler Group geschlossen und am 3.1.2025 vollzogen. Der cash-finanzierte Kaufpreis beläuft sich auf 219 Millionen Euro. Damit hat die LEG die bereits 2021 und 2022 erworbenen 35,52 Prozent der Anteile auf 88,20 Prozent aufgestockt. In einem zweiten Schritt kann das Unternehmen laut Vereinbarung auch die restlichen Anteile erwerben.
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