Wohnungsbau: Ifo-Geschäftsklima auf Allzeittief seit 1991

Die Stornierungen nehmen zu, die Auftragsbücher leeren sich – das Geschäftsklima des Ifo-Instituts für den deutschen Wohnungsbau fällt auf ein Allzeittief seit 1991. Die Unternehmen sind auch für das Jahr 2024 sehr pessimistisch.

Das vom Ifo-Institut erhobene Geschäftsklima in der Wohnungsbaubranche ist nach den jüngsten Zahlen von Dezember 2023 mit minus 56,8 Punkten gefallen. Nach minus 54,4 Punkten im Vormonat ist das der schlechteste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991, wie die Münchner Wirtschaftsforscher am 10.1.2024 mitteilten.

Die Auftragslage im deutschen Wohnungsbau verschlechtert sich seit Monaten. Bereits im Oktober berichteten die Unternehmen von einem Rekord bei den Stornierungen, wie das Ifo-Institut im November mitteilte. Zuletzt Anfang 2022 lag der Stimmungsindex noch im positiven Bereich.

Immer mehr Stornierungen beim Wohnungsbau

Die vom Ifo-Institut befragten Unternehmen erwarten für das erste Halbjahr 2024 weitere Geschäftseinbußen. "Obwohl die Zinsen für Baufinanzierungen zuletzt wieder gesunken sind, ist noch keine Entspannung in Sicht", sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Umfragen. Die Firmen hätten aktuell keine Hoffnung, die Perspektiven seien düster.

Im Dezember 2023 klagten mehr Firmen als in den Vormonaten über Auftragsstornierungen: Knapp jeder Vierte (22,1 Prozent) meldete jetzt gestrichene Projekte, im November 2023 waren es noch 21,5 Prozent. Mit niedrigen Beständen in den Auftragsbüchern hat mehr als die Hälfte (56,9 Prozent) der Wohnungsbauunternehmen zu kämpfen.  

"2023 war ein ausgesprochen schwieriges Jahr für den Wohnungsbau, das Neugeschäft blieb weit unter dem Niveau der Vorjahre zurück. Dies war eine Folge der drastisch gestiegenen Bau- und Zinskosten sowie der schwächeren Fördermöglichkeiten", erklärt Wohlrabe. Nur der hohe Auftragsbestand, mit dem die Betriebe in die Krise gestartet waren, sowie die langen Projektlaufzeiten hätten einen noch stärkeren Einbruch der Bautätigkeit verhindert.

Ifo-Institut: Konjunkturperspektiven Dezember 2023 (Download)

DIW: 400.000-Wohnungen-Ziel rückt in weite Ferne

Dass sich beim Wohnungsbau die Lage in diesem Jahr noch verschlechtern wird, davon geht auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) aus: Insgesamt werden nach diesen Zahlen 2024 die nominalen Ausgaben für Bauleistungen gegenüber dem Vorjahr um 3,5 Prozent sinken, im Wohnungsbau sogar um 5,4 Prozent. Erst im Jahr 2025 dürfte sich die Lage stabilisieren, im Wohnungsbau wird ein leichtes Plus von 0,4 Prozent erwartet. "Das Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, rückt damit noch weiter in die Ferne", schreiben die Forscher.

Grund für die miserable Lage sind laut Studienautor Martin Gornig neben dem enormen Anstieg der Baupreise auch die zehnmaligen Leitzinserhöhungen der EZB, die innerhalb kürzester Zeit auf die Zinsen für Wohnbaukredite durchschlugen: "Die Finanzierungsbedingungen sind insbesondere für private Haushalte aktuell kaum zu stemmen, sodass vor allem Neubauprojekte eingeschränkt, storniert oder gar nicht in Angriff genommen werden."

Leicht besser als der Neubau werden sich dem DIW zufolge die Bestandsmaßnahmen im Wohnungsbau entwickeln. "Um die Bauwirtschaft wieder in Schwung zu bringen, muss die Politik die Verunsicherung über die Förderprogramme schnellstmöglich beseitigen", empfiehlt Co-Autorin Laura Pagenhardt.

Statistisches Bundesamt: Preise für Neubau steigen langsamer

Die Bauleistungen in Deutschland sind zuletzt zwar teurer geworden, aber die Dynamik verlangsamt sich. Im November 2023 lagen die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude insgesamt um 4,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am am 10. Januar mitteilte. Im vorherigen Berichtsmonat August 2023 hatte der Anstieg noch 6,4 Prozent betragen, im Mai waren es 8,8 Prozent. Im Vergleich zum August 2023 erhöhten sich die Baupreise im November 2023 um 0,4 Prozent.

Einzelne Handwerkerleistungen im Rohbau wurden nach Angaben der Wiesbadener Behörde sogar günstiger: So lagen Betonarbeiten im November um 1,3 Prozent und Zimmer- und Holzbauarbeiten um 1,9 Prozent unter den Preisen im Jahr zuvor. Teurer wurden binnen Jahresfrist Mauerarbeiten (plus 3,3 Prozent), Arbeiten am Dach (plus 4,6 Prozent) und Erdarbeiten (plus 6,2 Prozent). Bei den Ausbauarbeiten waren wie im vorherigen Berichtsmonat vor allem Heizungen mit einem Plus von neun Prozent erheblich teurer als im November 2022.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Baugewerbe, Wohnungsbau, Krieg in der Ukraine