KfW-Förderstopp: Klage von Wohnungsunternehmen?

Der KfW-Förderstopp für effizientes Bauen schlägt hohe Wellen. Die Wohnungsunternehmen im Norden wollen Schadensersatz vom Bund. Was sich populistisch anhört, ist es womöglich gar nicht. Wir fragten nach bei Dr. Dieter Neumann, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig.

Jüngst hat Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), den Mitgliedern geraten, gegebenenfalls Forderungen auf Schadensersatz gegen die staatliche Förderbank KfW oder die Bundesregierung geltend zu machen. Durch den Stopp bei der "Bundesförderung für effiziente Gebäude" (BEG) seien den Unternehmen Millionenzuschüsse verloren gegangen, die für bereits laufende Projekte eingeplant waren. Zwar sollen Zuschüsse für Sanierungen nun doch wieder gestellt werden können, wie am 16. Februar aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bekannt wurde, aber das Dilemma beim Neubau bleibt.

Dieter Neumann, Greenberg Traurig Germany, LLP

Herr Dr. Neumann, im Moment unproblematisch scheinen die Fälle, in denen vollständige Anträge vor dem 24. Januar gestellt worden sind. Die werden nach den Förderrichtlinien der KfW nun doch weiterbehandelt. Gilt das für den Effizienz-55-Standard und den Effizienz-40-Standard?

Dr. Dieter Neumann: Ja, das gilt für beide KfW-Standards. Für den besseren Standard "KfW 40" ist im Augenblick sogar geplant, das Fördervolumen durch Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel zu erhöhen.

Was ist, wenn noch Unterlagen nachgereicht werden mussten? In diesen Fällen hat sich die KfW oft auf den Standpunkt gestellt, dass ein neuer Antrag gestellt werden muss. Das würde ja jetzt nicht mehr gehen …

Diese Auslegung der Förderrichtlinien ist unseres Erachtens nicht zwingend und würde wohl auch dem Förderzweck und dem Förderziel zuwiderlaufen. In diesen Fällen hat ja die KfW ohne Rücksicht auf die Bedeutung fehlender Unterlagen die Anträge abgelehnt, aber gleichzeitig für die neuen Anträge ausdrücklich auf die allgemeine Antragsfrist bis Ende Januar 2022 abgestellt. Durch die plötzliche Schließung des Antragsportals, über das allein die Anträge gestellt werden konnten, hat die KfW aber die eigenen Regeln verletzt.

Was wäre denn, wenn die KfW sich weiter auf den Standpunkt stellt, dass hier stets ein neuer Antrag erforderlich war, der aber wegen der Schließung des Portals formgerecht gar nicht mehr gestellt werden konnte?

In diesem Fall raten wir dazu, Rechtsmittel einzulegen. Ich habe Mandanten hier gleich nach dem 24.1.2022 zusätzlich geraten, die neuen Anträge vorsorglich per E-Mail und Einschreiben noch vor dem 31.1.2022 an die KfW zu übermitteln.

Und was ist mit den Unternehmen, die den Antrag bis zum 24. Januar noch nicht eingereicht hatten, die das aber bis zum 31. Januar (dem ursprünglich bestehenden Förderzeitraum) tun wollten? Immerhin argumentiert die KfW, dass keine Fördermittel mehr da waren. Ist nicht mit Erschöpfung der Haushaltsmittel der Anspruch erloschen, Förderung zu erhalten?

Das Besondere an diesem Fall ist, dass die Förderung plötzlich und unangekündigt am 24. Januar mit der Begründung eingestellt wurde, dass der Fördertopf erschöpft sei. Später wurden allerdings Haushaltsmittel nachgeschossen, sodass es damit eigentlich keinen Grund gab, den Stopp weiterhin am 24. Januar bestehen zu lassen. Wenn ein Programm, das ursprünglich bis zum 31. Januar offen war, bereits am 24. Januar dichtgemacht wird, obwohl Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, könnte es sich hier um eine willkürliche Entscheidung im Sinne des Fördermittelrechts handeln.

Und die Folge?

Das könnte ein schwerwiegender Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sein, wenn Unternehmen nachweisen können, dass sie auf die Frist bis zum 31. Januar gesetzt haben. Sollte die KfW die Überschreitung der an sich veranschlagten Haushaltsmittel nicht rechtzeitig erkannt haben und hätte sie Zusagen weiter erteilt, ist das ein Problem für die KfW.

Wo ist das Problem? Mit einer Zusage ist doch der Vertrag geschlossen worden.

Das sehen wir auch so. Die KfW sieht das jedoch wahrscheinlich anders. Für sie ist der Vertrag möglicherweise erst mit der sogenannten Auszahlungsbestätigung geschlossen. Und die kann bis zu vier Jahre nach der eigentlichen Zusage liegen. Das müsste rechtlich in jedem Fall geprüft werden.

Also könnte eine Klage durchaus Erfolg haben?

Es kommt natürlich auf den Einzelfall an. Wenn aber ein Fördermittelgeber mit der Begründung der Ausschöpfung des Fördermitteltopfs das Antragsportal am 24. Januar abschaltet, später aber wieder Mittel zur Verfügung gestellt werden und das Portal geschlossen bleibt, so könnte die Festlegung auf den 24. Januar schon willkürlich sein. Da die KfW nachträglich beschlossen hat, alle Anträge, die bis zum 23. Januar eingegangen sind, doch noch zu behandeln, wäre das ein Fall schwerwiegender Ungleichbehandlung aller Antragsteller, die darauf vertraut haben, ihre Anträge noch vor dem 31.1.2022 stellen zu können.


Das könnte Sie auch interessieren:

KfW-Förderstopp: Neues EH40-Programm in der Mache

Effizienzhaus 55: Ende für BEG-Neubauförderung

Kommentar zum KfW-Förderstopp – Die Nagelprobe kommt erst noch

L'Immo-Podcast zum KfW-Förderstopp: Die Folgen beim Gewerbeimmobilienbau

Schlagworte zum Thema:  KfW-Förderprogramm, KfW, Klage