Wohnungswirtschaft schlägt Alarm: Bauen bezahlbar machen!

Die Wohnungswirtschaft zieht eine ernüchternde Jahresbilanz: Das Geschäftsklima und die Neubauinvestitionen der GdW-Unternehmen sind abgestürzt. Ein Grund: Die hohen Preise. Und bei der Gesetzgebung zum Klimaschutz fühlen sich die sozial orientierten Vermieter benachteiligt.

400.000 neue Wohnungen braucht es pro Jahr aus Sicht der Bundesregierung zur Bekämpfung der Wohnungsnot. Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW hält inzwischen nur noch die Hälfte davon für umsetzbar. "Unter den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen können die sozial orientierten Wohnungsunternehmen nicht mehr in bezahlbaren Wohnungsbau investieren", sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko bei Vorstellung der Jahresbilanz am 3. Juli in Berlin.

Kostensteigerungen: Pro Wohnung 38 Prozent

Der Gedaschko rechnet mit Fertigstellungszahlen von nur noch 200.000 neuen Wohnungen jährlich. Ein Grund dafür sind aus Sicht des GdW die stark gestiegenen Baupreise. "Im ersten Quartal 2023 lag die Baupreissteigerung bei Wohngebäuden bei 15,3 Prozent im Vorjahresvergleich, während die allgemeine Preisentwicklung im selben Zeitraum nur bei 8,7 Prozent lag", teilte der Verband mit. Für angespannte Wohnungsmärkte prognostiziert der GdW auf Basis einer Modellrechnung mit Kostensteigerungen für eine Wohnung von 38 Prozent zwischen Mitte 2021 und Ende dieses Jahres.

Die Zahl der bundesweit fertig gestellten Wohnungen werde auch deshalb in diesem Jahr auf etwas mehr als 240.000 Einheiten sinken und im Jahr 2024 auf 214 000 Wohnungen. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit laut Statistischem Bundesamt in Deutschland noch 295.300 Wohnungen fertig gestellt. Das waren zwar 0,6 Prozent mehr als 2021. Das Ziel der Bundesregierung ist damit deutlich verfehlt worden.

Klimagesetzgebung: Politische Vorgaben und Förderchaos

"Die Politik muss ihre eigenen Ansprüche endlich mit den bestehenden Möglichkeiten in der Realität zusammenbringen und auf allen staatlichen Ebenen alle Register für bezahlbaren und klimaschonenden Wohnungsbau ziehen", sagte Gedaschko. In der aktuellen Krise bräuchten die sozial orientierten Wohnungsunternehmen Planungssicherheit, Vereinfachungen und Augenmaß.

Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) sollte eigentlich kurz vor der politischen Sommerpause nach dem 7. Juli ein wichtiges Gesetz für die Energiewende in eine extrem kurze finale Beschlussphase gehen. Auch im überarbeiteten Gesetzesentwurf sind noch viele Punkte unklar und strittig. Der GdW fordert den Gesetzgeber deshalb auf, das GEG für Vermieter und Mieter praktikabel, bezahlbar und sozial gerecht zu gestalten: "Das GEG funktioniert nur mit einer sozial gerechten Förderung."

Wenn die Zeit für eine intensive Beratung eines dermaßen entscheidenden Gesetzes fehle, dann schade das der gesamten Energiewende massiv. Nicht der Parteifriede sollte das zentrale Anliegen der Verantwortlichen sein, sondern gesellschaftlich funktionierender Klimaschutz. "Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum nicht die Sommerpause für ein geordnetes Verfahren genutzt wird“, sagte GdW-Präsident Gedaschko, der auch Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) ist.

BID-Stellungnahme zur Anhörung im Ausschuss für Klimaschutz und Energie am 3.7.2023 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und zur Änderung der Heizkostenverordnung sowie zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung (Stand 30.6.2023)

Durch die Erfahrungen mit der KfW-Förderung im Jahr 2022 besteht seitens der Wohnungswirtschaft massive Skepsis, dass die in Aussicht gestellten Förderinstrumente längerfristig zur Verfügung stehen werden. Der Gesetzgeber muss dem GdW-Chef zufolge für Planungssicherheit sorgen und einen gesetzlichen Förderanspruch für mindestens zehn Jahre verankern.

GdW-Lösungsstrategie für die Ampel

Vermieter mit bezahlbaren Mieten haben laut GdW nicht ausreichend Eigenkapital für die Finanzierung von aufwändigen Modernisierungsmaßnahmen. Die Kosten für den Einbau von Wärmepumpen und Zusatzmaßnahmen wie eine Dämmung beschränkten die Investitionsfähigkeit zusätzlich. "Die Förderquote muss mindestens 50 Prozent betragen, damit die Finanzierbarkeit des Heizungstauschs sichergestellt werden kann. Zudem muss sich die Förderung auf die Vollkosten der Investition beziehen. Dabei ist es unbedingt notwendig, dass der geplante Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent auch für Wohnungsunternehmen vorgesehen wird", teilt der GdW mit.

"Die Regierung darf nicht weiter nahezu tatenlos zusehen, wie bezahlbarer Wohnraum regel-recht verschwindet, und die massiven Probleme nicht weiter schönreden. Stattdessen müssen jetzt endlich alle staatlichen Ebenen gemeinsam und koordiniert agieren, um bezahlbares und klimaschonendes Wohnen für alle Menschen zu ermöglichen", forderte Gedaschko.

Dazu müssten schwerpunktmäßig die folgenden fünf Punkte umgesetzt werden:

  1. Förderung ist in der Krise das einzig wirksame Mittel für eine soziale Abfederung der massiven Herausforderungen – sie muss für den sozial sensiblen Bereich des Wohnens verlässlich und auskömmlich sein. Mieter und Vermieter müssen dringend den Eigentümern von privat genutztem Wohnraum gleichgestellt werden!
  2. Finanzierung muss durch verlässliche Rahmenbedingungen gesichert werden. Dazu sollte der Systemrisiko- und Kapitalpuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen ausgesetzt und angepasst werden. "Basel III" sollte auf europäischer Ebene mit großzügigen Übergangsregelungen umgesetzt werden.
  3. Steueranreize müssen geschaffen werden. Die Grunderwerbsteuer sollte auf 3,5 Prozent und der Mehrwertsteuersatz für preisgebundenen Wohnraum auf sieben Prozent abgesenkt werden. Eine degressive Gebäudeabschreibung unter Berücksichtigung von Anwendungsgebiet und Marktgegebenheiten sollte eingeführt werden.
  4. Deregulierung muss endlich Realität werden. Technische Regeln sollten lediglich ein nachhaltiges und wertiges Basisniveau statt ein Luxusniveau beschreiben. Eine Folgekostenabschätzung und Relevanzprüfung muss, wie von Bauministerin Geywitz gewollt, auch praktisch umgesetzt werden. Zudem sollte es Bauvertragsparteien freistehen, Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik zu vereinbaren.
  5. Keine Mietrechts-Verschärfungen! Je niedriger die Mieten eines Wohnungsunternehmens, desto geringer ist die Investitionsfähigkeit für den Klimaschutz. Werden Mietsteigerungen im Bestand und nach energetischer Sanierung weiterhin politisch so stark begrenzt, wie bereits in den vergangenen Jahren geschehen, dann stagnieren Sanierung und Neubau. Klimaschutzziele werden verfehlt, der steigende Wohnungsbedarf wird nicht gedeckt und der Instandhaltungsstau im Bestand steigt.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Wohnungswirtschaft, Neubau, Modernisierung, Sanierung