"Fast Lane" und EU-Notverordung für den Wohnungsbau
Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW rechnet mit erheblich weniger neuen Mietwohnungen im laufenden Jahr. Die Zahl der fertiggestellten Einheiten bei den Mitgliedsunternehmen könnte um rund 40 Prozent auf knapp 17.700 einbrechen und die Investitionen für den Neubau um rund ein Fünftel auf 6,4 Milliarden Euro zurückgehen, hieß es bei der Jahrespressekonferenz am 23. Juni.
Das betreffe auch geförderte Wohnungen, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Bundesweit rechnet er damit, dass 2025 und 2026 etwa 130.000 Wohnungen weniger gebaut werden als in den Jahren 2023 und 2024. "Bezahlbarer Wohnraum muss endlich denselben Stellenwert wie die Energiewende erhalten – wir brauchen eine Fast Lane für den Wohnungsbau", erklärte Gedaschko.
Kosten und Bürokratie bremsen Neubau
Grund für den weiteren Rückgang bei den Neubauinvestionen bleiben laut GdW die hohen Kosten im Geschosswohnungsbau. Bauleistungen im Neubaubereich hätten sich seit 2019 um nahezu die Hälfte verteuert. Die Preise verharrten auf hohem Niveau und stiegen weiter, betonte Gedaschko. Eine wirkliche Entspannung sei nicht in Sicht.
In der Folge werde der bezahlbare Wohnraum immer knapper. Die bundesweite Zahl an Sozialwohnungen stagniere seit Jahren bei zirka einer Million. Ein Großteil davon gehöre den GdW-Mitgliedsunternehmen, bei denen es sich um kommunale, bundes- oder landeseigene, kirchliche, genossenschaftliche und privatwirtschaftliche Akteure handelt.
Die Zahl neu gebauter Sozialwohnungen in Deutschland ist aufgrund der aufgestockten öffentlichen Förderung in den vergangenen Jahren wieder gestiegen und lag 2024 bei rund 27.000 Einheiten in Deutschland – so hoch wie seit sechs Jahren nicht mehr. Gemessen an den Fördersummen sei dieser Anstieg aber viel zu niedrig, betonte Gedaschko.
Auch bürokratische Hürden bremsen den Neubau. Umwelt- und Denkmalschutzauflagen verzögern Projekte und verteuern die Planung. Auch das Finanzierungsumfeld sorge für Druck. "Selbst bei genehmigten Projekten haben viele Unternehmen den Rückzug angetreten – weil die Kosten nicht mehr darstellbar sind", so der Verbandspräsident.
Wohnungsbau: "Fast Lane" statt Förderwirrwarr
Der Verband fordert deshalb unter anderem eine spezielle EU-Notverordung, wie sie etwa für den Ausbau erneuerbarer Energien erlassen wurde. Damit erhielte der Neubau bezahlbaren Wohnraums eine höhere Priorisierung gegenüber anderen Rechtsgütern. "Das wäre ein extrem scharfes Instrument", meinte Gedaschko. "Was bei Windrädern möglich ist, muss auch beim Menschenrecht auf Wohnen gelten. Wir brauchen jetzt eine rechtliche Grundlage, um Bauverfahren für bezahlbaren Wohnraum drastisch zu beschleunigen – durch ein überragendes öffentliches Interesse."
Konkret bedeutet das beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, eingeschränkte Einwendungsmöglichkeiten und eine befristete Sonderregelung zur Priorisierung von Wohnraum in angespannten Märkten. Damit könnten Zielkonflikte etwa mit dem Natur- oder Denkmalschutz pragmatisch gelöst werden – ohne ökologische Mindeststandards aufzugeben, glaubt der Verband.
Reaktivierung des Neubaus durch EH-55-Förderung
Ein zentrales Instrument zur Reaktivierung des Neubaus sieht der GdW in der Wiederauflage der Förderung für Effizienzhäuser 55 (EH55). Nach einer Verbandsumfrage könnten allein durch eine solche Förderung bei den GdW-Mitgliedern kurzfristig 17.000 Wohnungen realisiert werden, die in der Schublade gelandet sind. Die Neubauförderung für das Effizienzhaus/-gebäude 55 in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wurde zum 1.2.2022 eingestellt.
Hochgerechnet auf den gesamten Wohnungsbau wären es sogar bis zu 51.000 Wohneinheiten. Der erforderliche Förderaufwand: rund 1,5 Milliarden Euro – für Zuschüsse und Zinsverbilligungen über zehn Jahre. Gedaschko: "Ein überschaubarer Betrag für eine enorme Wirkung. Statt mit immer neuen Auflagen den Neubau zu strangulieren, sollte die Politik bestehende Standards fördern – verlässlich, planbar und unbürokratisch."
Mit Sorge sieht der GdW-Präsident die politische Debatte um eine Ausweitung der Mietpreisbremse auf Neubauten bis Baujahr 2019. "Das wäre ein Neubaukiller." Wer jetzt zusätzlich Regulierungen für Wohnungen plane, die gerade noch wirtschaftlich darstellbar seien, treibe die Branche vollends in die Knie.
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