Makler: Norderney schlägt Sylt – das kosten Ferienwohnungen
Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen, gestiegener Zinsen und Energiekosten: Der Markt für Zweitwohnsitze in den beliebtesten Ferienregionen Deutschlands bleibt resistent. Der Makler Engel & Völkers hat die Entwicklung der 42 wichtigsten deutschen Ferienorte analysiert – von den Küsten der Nord- und Ostsee über die Seen bis hin zu den Bergregionen der Alpen und des Schwarzwaldes.
Demnach ist auch im vergangenen Jahr die Euphorie für eine eigene Ferienimmobilie, die während der Corona-Pandemie entfacht wurde, nur wenig abgeflacht. "Wir registrieren ein ungebremstes Interesse", sagt Till-Fabian Zalewski, CEO von Engel & Völkers für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Er rechnet damit, dass nach einer erwarteten Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Sommer mit einer Aufholdynamik zurückgehaltener Kaufentscheidungen zu rechnen ist.
Ferienhäuser: Spitzenpreise am Starnberger See und auf Sylt
Anfang 2023 beobachtete Engel & Völkers wegen der Zinssituation Kaufzurückhaltung und moderate Preisrückgänge im mittleren und einfachen Segment. Ende des Jahres stabilisierten sich die Preise für Ferienimmobilien in fast allen der 42 analysierten Regionen: Der durchschnittliche Angebotspreis für online inserierte Ferienwohnungen sank zu Jahresbeginn bundesweit um rund vier Prozent und pendelte sich im zweiten Halbjahr 2023 auf 4.273 Euro pro Quadratmeter ein.
Die Kaufpreise für Premiumimmobilien blieben im Jahresvergleich stabil, da in diesem Segment mehr Eigenkapitalanteil zur Finanzierung vorhanden ist. Die Spitzenpreise werden derzeit für Ferienhäuser auf der nordfriesischen Insel Sylt (bis zu 29 Millionen Euro) und am Starnberger See (bis zu 30 Millionen Euro) in Bayern erzielt.
Mit Spitzenkaufpreisen von bis zu drei Millionen Euro gehört die Ostfriesische Insel Norderney ebenfalls zu den Top-Destinationen an der Nordsee. An der Ostsee zählen die Inseln Rügen (bis 3,8 Millionen Euro) und Usedom (bis drei Millionen Euro) sowie die Gemeinde Timmendorfer Strand (bis vier Millionen Euro) zu den beliebtesten und teuersten Regionen. In den Alpen werden die höchsten Preise in den bayerischen Skiorten Garmisch-Partenkirchen (bis fünf Millionen Euro) sowie Oberstdorf (bis 4,5 Millionen Euro) erreicht. Am deutschen Teil des Bodensees liegen die Kaufpreise für Objekte in Panoramalage bei bis zu sieben Millionen Euro, während die Spitzenpreise für Ferienhäuser im Südschwarzwald (Baden-Württemberg) in sehr guter Lage bis zu drei Millionen Euro erreichen.
Ferienwohnungen: Norderney führt Preisranking an
Im Segment Ferienwohnungen führt Norderney laut Engel & Völkers die Spitzengruppe an: Hier liegen die Quadratmeterpreise bei bis zu 25.000 Euro und übersteigen Sylter Spitzenwerte (bis zu 22.000 Euro pro Quadratmeter). Für besondere Liebhaberobjekte in erster Meereslinie können auf Norderney sogar Quadratmeterpreise von bis zu 29.500 Euro erzielt werden.
Günstigere Preise für Ferienwohnungen lassen sich noch in einfachen Lagen bekannter Ferienorte oder deren Umland, wie auf der Insel Poel an der mecklenburgischen Ostseeküste (ab 3.000 Euro pro Quadratmeter) oder bei Titisee-Neustadt im Schwarzwald (ab 1.600 Euro pro Quadratmeter), finden. "Aktuell bieten sich für Kaufinteressierte abseits der hochfrequentierten Ferienhotspots sehr gute Objektangebote", so Zalewski. Die Ausgangslage sinkender Zinsen sowie das moderate Preisniveau bildeten einen guten Einstiegszeitpunkt – ob zur Eigennutzung oder zur Ferienvermietung.
Steigendes Angebot: Private Vermietungen von Ferienimmobilien
Der Trend der erweiterten Nutzung von Ferienimmobilien hat sich den Maklern zufolge fortgesetzt. Demnach werden in vielen Regionen immer mehr private Ferienimmobilien zur temporären oder dauerhaften Vermietung angeboten. Als Grund wird in der Analyse die Möglichkeit zur Renditeerzielung unter freier Preis- und Verfügbarkeitsgestaltung genannt. Für 2024 rechnet Engel & Völkers mit einer Stabilisierung des Preisniveaus und einer Marktbelebung. In den beliebtesten Ferienorten könnte das knappe Angebot mittelfristig wieder zu steigenden Preisen führen.
Die meisten Objekte zur Ferienvermietung werden zurzeit in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bayern angeboten. Rund 78 Prozent der zur Vermietung angebotenen Objekte sind Ferienwohnungen, während Ferienhäuser eher selbst genutzt werden. "Wer dauerhaft eine Wohnung als Ferienwohnung vermieten will, sollte vorher unbedingt wichtige Aspekte klären, wie lokale gesetzliche Vorschriften, behördliche Genehmigungen oder organisatorische Aufgaben", rät Zalewski.
Zweitwohnung: Vielen Tourismusorten ein Dorn im Auge
Die Zweitwohnung in den Ferienregionen ist beliebt – mal eben 14 Tage pro Jahr zum Urlauben fahren, das ist in mancher Gemeinde aber nicht mehr ohne Weiteres möglich: Die oberbayerischen Gemeinden Schönau am Königssee, Berchtesgaden und Ruhpolding etwa haben schon vor Jahren Satzungen erlassen, die Zweitwohnungen verbieten. Der Wohnraum müsse Einheimischen zur Verfügung stehen. In Berchtesgaden und Schönau seien bereits Wohnungen nicht mehr als Zweitwohnungen verkauft worden, weil die Gemeinden die Genehmigung untersagt hätten, hieß es.
Auch die bayerische Stadt Füssen geht gegen Ferienwohnungen vor und verbietet Zweitwohnungen mittels eines Bebauungsplans (B-Plan) dauerhaft.
Auf Sylt mussten einige private Ferienunterkünfte schließen: 2017 legte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sie in reinen Wohngebieten nicht mehr zulässig sind. Zwar können Vermieter einen Antrag auf Nutzungsänderung beim Bauamt stellen – wird dieser jedoch verwehrt, müssen sie die Ferienwohnung stilllegen. Manchem Vermieter drohen ein Bußgeld und die Rückzahlung eines Teils des Gewinns der vergangenen Jahre. Darauf wies im April 2024 Hendrik Kuhlmann, Gründer und Geschäftsführer der Unternehmen Bright und BNB Pro Hosting, hin. Unterkünfte, die als Dauerwohnraum genehmigt sind, aber ausschließlich für Touristen zur Verfügung gestellt werden, fehlen letztlich den Einwohnern und Arbeitskräften.
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