Baubranche: Konjunkturdelle am Bau für 2023 erwartet

Sanktionen gegen Russland, steigende Energiepreise, Lieferengpässe – die Baubranche erwartet ein schwieriges Jahr 2023: Der Umsatz wird laut Prognosen deutlich sinken. Im Wohnungsbau sieht es besonders düster aus. Das wird sich auch auf die Immobilienpreise niederschlagen.

Der Krieg in der Ukraine verschärft die Probleme beim Wohnungsbau weiter: vor allem mit Blick auf die Baupreisentwicklung und die Verfügbarkeit von Baustoffen und Fachkräften. Ausbleibende Aufträge und Stornierungen machen der Branche zunehmend zu schaffen. Für Januar sind weitere Kostenanstiege angekündigt.

"Wir erwarten für dieses und das kommende Jahr eine Delle in der Baukonjunktur", kommentierte Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), die Erwartungen der Branche. Der Umsatz dürfte in diesem Jahr real um 5,5 Prozent und im kommenden Jahr noch einmal um sieben Prozent zurückgehen. "Sorgenkind dabei ist vor allem der Wohnungsbau", so Quast.

Wohnungsbau: Positive Geschäftserwartung

In einer Umfrage im November 2022 gaben mehr als 60 Prozent der im Verband organisierten Unternehmen an, dass sie für die kommenden sechs Monate von einer Verschlechterung der Geschäftsentwicklung ausgehen – quasi keines der Unternehmen zeigte sich optimistisch für das erste Halbjahr 2023. Im Segment Wohnungsbau, "dem Stützpfeiler" der Baukonjunktur der vergangenen Jahre, gehen 74 Prozent der Unternehmen von einer Eintrübung der Konjunktur aus.

Aufgrund voller Auftragsbücher zu Jahresbeginn 2022 dürften laut ZDB zum Jahresende 280.000 Wohnungen fertiggestellt werden. Die Entwicklungen dürften auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben: Derzeit rechnet der ZDB für 2023 mit zirka 910.000 Beschäftigten nach 917.000 im Jahr 2022.

Das Ziel der Bundesregierung, jährlich mindestens 400.000 neue Wohnungen zu bauen, um den Notstand zu beheben, rückt aus Sicht des ZDB in immer weitere Ferne. "Wir hatten vor anderthalb Jahren mal vermutet, es gibt noch 320.000", sagte Quast.

ZDB plädiert für mehr und zeitnahe Förderung

Für das Jahr 2023 rechnet der ZDB mit der Fertigstellung von zirka 245.000 Wohnungen, während sich 2024 die derzeitige Zurückhaltung bei den Investitionsentscheidungen deutlich bei den Fertigstellungen bemerkbar machen dürfte, wie Präsident Quast sagt. Er geht von einem Rückgang des Umsatzes im Wohnungsbau von 4,5 Prozent in diesem Jahr und von zehn Prozent kommendes Jahr aus.

Die Förderbedingungen sollten zeitnah kommen und konkret ausgestaltet werden, das Fördervolumen der Vorjahre beim Neubau zumindest gehalten werden – "die geplante Bindung der Förderung an das EH40-Niveau halten wir für zu ambitioniert", so Quast.

Die Bundesregierung will Fördermittel stärker auf die Sanierung und die Energieeffizienz von Gebäuden ausrichten. Gleichzeitig würden die Mittel für den Neubau aber stark zusammengestrichen, kritisierten die ZDB-Fachleute. Die Vorgaben, insbesondere beim sozialen Wohnungsbau, seien zu hoch.

Wohnimmobilien: "Robuste" Preise oder Einbruch 2023?

Im Wohnungsbau springen laut ZDB Investoren ab, weil sich die Projekte angesichts der hohen Baukosten und steigender Zinsen nicht mehr rechneten. Das gelte auch für private Bauherren. "Wir sehen eben auch besonders viele Stornierungen", sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Aktuell liege die Quote im zweistelligen Prozentbereich. Viele könnten bereits vertraglich vereinbarte Projekte auch aufgrund der steigenden Kreditzinsen nicht mehr finanzieren und kündigten.

Hohe Zinsen sollten eigentlich zu sinkenden Immobilienpreisen führen – doch dieser Effekt werde durch die steigenden Baupreise weitgehend kompensiert, betonte Quast. Zwischen Januar und August 2022 hätten sich die Preise für Wohnungsbauleistungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 16 Prozent erhöht.

Auch der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) dämpfte mit Blick auf die Wohnimmobilienpreise die Stimmung. Diese dürften zwar absehbar weiter sinken, teilte vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt mit. Ein Einbruch der Preise sei aber nicht zu erwarten, denn der Bedarf an Wohnraum bleibe hoch, und der deutsche Immobilienmarkt sei auch in früheren Wirtschaftskrisen robust geblieben.

Tolckmitt verwies auf die hohen Bewertungen nach einem mehr als zwölfjährigen Immobilienboom in Deutschland. Selbst ein kräftiger Rückgang der Preise um rund 20 Prozent, den einige in der Branche für möglich hielten, würde nur das Niveau von 2020 bedeuten.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  Krieg in der Ukraine, Immobilienmarkt, Investment