Blackprint-Report: Deutlich weniger PropTech-Neugründungen

PropTechs bekommen die aktuellen Krisen deutlich zu spüren – zwar ist die Zahl der Startups laut Blackprint so hoch wie nie, gleichzeitig gab es im vergangenen Jahr einen massiven Einbruch bei den Neugründungen. Auch sind einige Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage geraten.

Zum Stichtag 31.12.2022 waren 784 (2021: 654) wirtschaftsaktive PropTechs in Deutschland bekannt. Das sind mehr als je zuvor, heißt es im aktuellen Blackprint-Report, der einmal jährlich die Entwicklungen des Sektors als Treiber und Indikator für den Innovationsreifegrad der Baubranche und der Immobilienwelt dokumentiert.

Gleichzeitig weist die Quote der Neugründungen einen Einbruch um 43,4 Prozent im Verhältnis zu 2021 auf, schreiben die Experten. Dazu kommt: Insgesamt 41 PropTechs sind im Jahr 2022 wirtschaftlich in Schieflage geraten – das heißt, in Liquidation, im Insolvenzverfahren oder bereits liquidiert worden. Das wiederum entspricht einer Verdoppelung der Zahl aus dem Vorjahr.

Metropolen: "Entwicklungsmotor" für PropTechs

Knapp drei Viertel (73 Prozent) aller PropTech-Startups kommen dem Report 2022 zufolge aus den Bundesländern Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. 82,4 Prozent der Startups haben den Sitz in einer der deutschen Metropolregionen, die offensichtlich als Entwicklungsmotor für PropTechs fungieren. Die "Top 7" Immobilienstandorte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart sind laut Blackprint auch die "Top 7"-PropTech-Städte.

Hotspot ist wie im vergangenen Jahr Berlin mit 204 Startups 2021: 196), gefolgt von München mit 92 und Hamburg mit 62 der insgesamt 784 PropTechs. Unter dem Strich sitzen demnach deutlich mehr als die Hälfte (58 Prozent) aller deutschen PropTech-Startups in den "Top 7".

PropTech-Führungskräfte: Frauenquote fatal niedrig

Nicht einmal jede zehnte (9,1 Prozent) der Geschäftsführungspositionen in der Szene sind mit Frauen besetzt. "Die einzig erfreuliche Tendenz ist die marginal höhere Quote von Geschäftsführerinnen bei Neugründungen im Jahr 2022, die bei 10,5 Prozent liegt", erklärt Sarah Schlesinger, Managing Partner bei Blackprint. Erstmals wurde für den Report der Anteil von Gründerinnen der im Jahr 2022 neu gegründeten PropTechs untersucht.

"Die männliche Dominanz unter PropTech-Gründern wird angesichts von nur 17,8 Prozent Frauenanteil deutlich und ist nochmals schlechter als die gesamte Startup-Gründerinnenquote in Deutschland, die gemäß aktuellem KfW- Gründungsmonitor 2022 bei 20,3 Prozent liegt", so Schlesinger weiter. Das sei fatal für die Innovationskraft der Bau- und Immobilienwirtschaft. Viele Gründungswillige berichteten von ihrer Suche nach weiblichen Co-Gründerinnen, eine Verbesserung scheine aber nicht in Sicht.

Wagniskapitalgeber in der Krisen-Schockstarre

2022 war laut Blackprint für den deutschen PropTech-Markt ein Rekordjahr: Mehr als 767 Millionen Euro wurden insgesamt investiert. Da Wagniskapital (Venture Capital) als wichtiger Wachstumstreiber für den Tech-Sektor gilt, sind die Betrachtungen der geflossenen Volumina, der Investments sowie der aktiven Investoren relevante Betrachtungsindikatoren. Die Krisenstarre von Wagniskapitalgebern zeigt sich deutlich anhand des im Jahresverlauf stark gesunkenen Finanzierungsvolumens, dem Rückgang der Finanzierungsrunden oder den 30 Prozent weniger aktiven Investoren als im Jahr 2021.

Lukas Linn, Autor des Reports und Experte für den Bereich Venture Capital, sagt: "2022 lässt sich für deutsche PropTechs symbolisch in zwei Extreme teilen: Rekorde und Euphorie vor Ausbruch der Krisen, Starre und Ungewissheit danach." Einerseits sei noch nie so viel Venture Capital in PropTechs investiert worden – allein fünf deutsche Immobilien-Startups haben mehr Geld eingesammelt als alle PropTechs 2021 zusammen –, andererseits zeige sich eine starke Unsicherheit der Investoren: Weniger als ein Fünftel (20 Prozent) des gesamten Finanzierungsvolumens wurde nach Angaben von Linn in der zweiten Jahreshälfte 2022 investiert.

Auch der deutliche Rückgang der Zahl an Finanzierungsrunden zeigt Blackprint zufolge die Spuren, die der russische Krieg gegen die Ukraine, die Inflation und die steigenden Zinsen, Lieferengpässe sowie hohe Gas- und Energiepreise in der Immobilienbranche beziehungswiese der Investmentwelt hinterlassen.

Ausblick für PropTechs vorsichtig optimistisch

Trotz einer neuen Rekordzahl von PropTech-Startups und einem hohen Finanzierungsvolumen hat die schwierige Gesamtmarktlage laut aktuellem Blackprint-Report den Aufwärtstrend des Sektors ab dem zweiten Quartal 2022 vorerst zum Stoppen gebracht.

"Anhand anderer Tech-Sektoren ließen sich früher PropTech-Entwicklungen prognostizieren. Dies ist in aktueller multipler Krisenlage schwieriger als zuvor", sagt Schlesinger. Absehbar sei, dass sich die Konsolidierung im PropTech-Sektor fortsetzen wird, vorerst verstärkt durch die Schockstarre bei den Auftraggebern und Investoren. Allerdings seien Wagniskapitaltöpfe noch voll, andere würden gerade über großzügiges Fundraising neu befüllt. Die Krise werde zeigen, wo besondere Potenziale liegen.

Da weder die Wohnungsbau-Frage noch die Frage nach energetischer Sanierung, mehr Energieeffizienz oder Klima-Resilienz im Gebäudesektor ohne Innovationen gelöst werden könnten, dürften PropTechs auch künftig ein großer Teil der Lösung sein, meint Schlesinger abschließend.

Blackprint: "PropTech-Report 2022"


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