Berlin Hyp-Umfrage: Immobilienprofis warten auf Zinswende

Die Verunsicherung ist weiter spürbar, die Hoffnung liegt auf der Zinswende, der Fokus ist auf die politischen Rahmenbedingungen gerichtet – die Berlin Hyp hat das aktuelle Trendbarometer veröffentlicht.

Die Ergebnisse des neuesten Trendbarometers der Berlin Hyp, das am 8. Januar veröffentlicht wurde, zeigt verhaltene Erwartungen der Immobilienbranche für das neue Jahr. Bei der digitalen Umfrage wurden rund 250 Experten befragt. Die Bereitschaft zu finanzieren und zu investieren ist gering, auch ausländische Anleger meiden derzeit den deutschen Markt mehr als früher. Die Hoffnung ruht auf Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB).

"Man ist offenbar nach wie vor sehr vorsichtig und hofft auf Impulse von außen", kommentiert Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp AG, die Ergebnisse. "Damit der Markt wieder Fahrt aufnehmen kann, müssen sich bietende Chancen konsequent ergriffen werden. Für 2024 gilt es, vom Leerlauf zumindest wieder in den ersten Gang zu schalten." – Trendwende oder "Survive until 2025" ist die Frage.

Digitalisierung spielt für die Branche eine Mini-Rolle

Die Antworten auf die Trendbarometer-Frage "Was wird wichtig im Jahr 2024?" zeigen das Dilemma, in dem die Branche steckt: Einerseits setzt sie stark auf äußere Umstände, die sie nur bedingt beeinflussen kann; auf der anderen Seite werden eigene Handlungsmöglichkeiten kaum wahrgenommen, finden die Studienautoren.

So empfinden die befragten Immobilienprofis vor allem die fremdbestimmten Faktoren "Zinsniveau" (71 Prozent), "politische Rahmenbedingungen" (56 Prozent) sowie "Baukosten" (54 Prozent) als wichtig im neuen Jahr. Deutlich weniger Stimmen entfielen auf die Themen "Fachkräftemangel" (22 Prozent) und "Digitalisierung" (vier Prozent).

Immobilienexperten: Hoffnung auf Zinssenkung Mitte 2024

"Was stimmt positiv für das neue Jahr?", wollte die Berlin Hyp auch wissen. Die klare Antwort der Immobilienprofis: Die Zinsen. So hatte die EZB zuletzt auf weitere Erhöhungen des Leitzinses verzichtet und eine Zinspause eingelegt, was viele der befragten Experten als Signal für eine Trendwende Mitte 2024 betrachten.

Die Mehrheit (74 Prozent) der befragten Profis sieht mögliche Zinssenkungen als einen wichtigen Faktor, der für die Entwicklung des Immobiliensektors im Jahr 2024 zuversichtlich stimmt. Weitere mögliche Argumente für eine positive Entwicklung der Branche erhielten in der Umfrage deutlich weniger Stimmen: "Fachkompetenz der Mitwirkenden" (29 Prozent), "Kapitalstärke" (28 Prozent) und "Resilienz" (27 Prozent).

Finanzierung und Investitionen: Zurückhaltung bleibt

Seitens der Unternehmen und der Banken gehen die Befragten für die kommenden zwei Jahre von bleibender Zurückhaltung aus. Knapp die Hälfte (41 Prozent) nannten die Investitionsbereitschaft ihres Unternehmens als "ausgeglichen", mehr als jeder dritte (36 Prozent) Umfrageteilnehmer als "eingeschränkt" und vier Prozent als "sehr eingeschränkt". Immerhin etwa jeder Fünfte (19 Prozent) hält die Investitionsbereitschaft für "hoch" oder "sehr hoch".

Die Finanzierungsbereitschaft wird von 19 Prozent der gewerblichen Finanzierern als "gleichbleibend" eingeschätzt – doch mehr als die Hälfte (53 Prozent) spricht von "eingeschränkt" und vier Prozent von "sehr eingeschränkt". Zum Vergleich: Im Jahr 2022 sahen noch 36 Prozent der Befragten die Finanzierungsbereitschaft als "gleichbleibend" und 46 Prozent als "eingeschränkt" an. Die Banken sind derzeit zu einer restriktiveren Kreditvergabe gezwungen und müssen einen höheren Eigenkapitalanteil fordern.

Deutscher Markt verliert im europäischen Vergleich

Befragt nach dem erwarteten Transaktionsvolumen am deutschen Immobilienmarkt ergibt sich in der aktuellen Trendbarometer-Umfrage ein einhelliges Meinungsbild: Die Mehrheit (56 Prozent) der Teilnehmer rechnet mit 30 bis 40 Milliarden Euro, was etwa dem Niveau von 2023 entspräche. Die Stagnation ist auch Preisanpassungen geschuldet.

Beim Blick über den Tellerrand zeigt sich im aktuellen Trendbarometer: Der deutsche Markt für Gewerbeimmobilien wird im Ausland als "gleichbleibend“ (36 Prozent) bis "weniger attraktiv“ (38 Prozent) oder "gar nicht attraktiv" (drei Prozent) bewertet. "Offenbar wird die Situation in Deutschland – womöglich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung – als negativer wahrgenommen als die der Nachbarländer", so die Autoren der Umfrage. Im Dezember 2022 beurteilten noch 47 Prozent der Befragten den deutschen Markt als "gleichbleibend attraktiv", insgesamt 35 Prozent als "etwas attraktiver" oder "viel attraktiver" und nur 18 Prozent als "weniger attraktiv". Keiner der Immobilienexperten nannte die Kategorie "gar nicht attraktiv".

Klimaziele in Gebäuden: ESG weiterhin von großer Bedeutung

Das Thema ESG halten die Immobilienprofis zu 51 Prozent auch im Jahr 2024 für wichtig, um die Klimaziele noch erreichen – trotz der zuletzt häufig kritisierten Regulatorik und umfangreichen Reportingpflichten.

Hohe Zustimmungswerte auf die Frage "Wie kann Deutschland seine Klimaziele noch erreichen?", erhielten die Optionen "Kapazitäten von Wind- und Solarenergie ausbauen" (62 Prozent), "schnellere Transformation des Gebäudebestands" (35 Prozent) und "höhere Investitionen in den Schienenverkehr" (34 Prozent). Ebenfalls beliebt waren die Antworten "wieder mehr auf Atomstrom setzen" (47 Prozent) und "höhere CO2-Preise" (30 Prozent).

Den einzelnen Assetklassen attestieren die Immobilienprofis zurückhaltende Perspektiven. Chancen werden beim (Studentischen) Wohnen und Logistik gesehen: Jeweils etwa 30 Prozent der Befragten erwarten hier eine positive Entwicklung. Sorgenkinder bleiben der Einzelhandel – 54 Prozent gehen von einer negativen Entwicklung aus – und Büros, für die 47 Prozent eine Verschlechterung voraussagen.

Risiko: Das Warten auf die bahnbrechende Förderpolitik

Die großen Hoffnungen auf bessere politische Rahmenbedingungen halten die Immobilienexperten der Berlin Hyp für riskant, wie zuletzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimatransformationsfonds gezeigt habe, durch das die Finanzierung von Maßnahmen zur Stabilisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft ins Wanken geraten ist. Zwar habe sich die Ampel auf den Bundeshaushalt für 2024 geeinigt, aber in der Vergangenheit habe sich immer wieder gezeigt, dass sicher geglaubte Zusagen nicht belastbar waren.

Außerdem befindet sich das Wachstumschancengesetz, das die degressive AfA für Wohngebäude vorsieht, im Vermittlungsausschuss des Bundesrats. Eine Einigung steht noch aus. Auch hier muss die Immobilienbranche weiter auf das entscheidende Aufbruchssignal aus der Politik warten.

Berlin Hyp Trendbarometer

Seit neun Jahren veröffentlicht die Berlin Hyp die Expertenumfrage "Trendbarometer". 250 Immobilienexperten aus dem In- und Ausland nahmen in der aktuellen Ausgabe Stellung zu den Erwartungen für 2024. Die Umfrage gibt eine Einschätzung des deutschen Immobilienmarkts im laufenden Jahr und eine Perspektive für die weitere Entwicklung. Die Befragung fand Mitte Dezember 2023 statt.


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