Scholz' Prestigeobjekt wird gestutzt

Elbtower: Hamburg prüft Teilkauf, will aber keine Wohnungen


Elbtower: Hamburg prüft Teilkauf, will aber keine Wohnungen

Die Stadt Hamburg will knapp die Hälfte des unfertigen Elbtowers zu einem Festpreis von 595 Millionen Euro kaufen. Für ein Museum. Die möglichen Investoren brauchen das Geld, die Opposition ist sauer. Wohnungen lehnte der Senat zuvor ab. So geht es weiter.

Ursprünglich war der Elbtower das Hamburger Prestigeobjekt des damaligen Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) und von Signa-Gründer René Benko. Weil Benkos kriselnde Signa-Gruppe jedoch Rechnungen nicht gezahlt hatte, wurden die Arbeiten an dem Turm in der Hafencity in rund 100 Metern Höhe im Oktober 2023 eingestellt. Benko sitzt seit Januar 2025 in Untersuchungshaft und steht derzeit in Österreich vor Gericht.

Der vorläufige Insolvenzverwalter der bisherigen Käufergesellschaft, Torsten Martini, hatte im Dezember 2024 eine Exklusivvereinbarung mit der Becken Development GmbH unterzeichnet, dass nur noch er über den Weiterbau des Prestigeobjekts verhandelt. Die Stadt Hamburg will nun dort das geplante Naturkundemuseum unterbringen und dafür knapp die Hälfte des Gebäudes zu einem Festpreis von 595 Millionen Euro übernehmen.

Dann könnte der vom Londoner Stararchitekten David Chipperfield geplante Elbtower weitergebaut werden, wobei er aber nicht mehr 245 Meter, sondern nur 199 Meter hoch werden soll. Beschlossen ist noch nichts. Was bisher geschah und wie es nun weitergehen soll.

Abgelehnt: Luxuswohnungen im Elbtower

Vor Dezember 2024 waren mehrere Bieter für den Elbtower gehandelt worden. Der Berliner Unternehmer Alexander Skora etwa wollte den Elbtower auf der jetzigen Höhe stehen lassen und mit Luxuswohnungen ausbauen. "Im aktuellen Umfeld finanziert niemand Büros oder Hotels, weil Büros auch nicht gebraucht werden", berichtete der NDR. Im Elbtower zu wohnen sei nicht möglich, meinte die Hamburger Stadtentwicklungsbehörde. Der Lärmpegel sei zu hoch.

Stararchitekt Chipperfield höchstpersönlich kritisierte im April 2025 den Hang zu Luxusbauten in der Architektur grundsätzlich. "Eigentlich müssten wir anhalten, tief durchatmen und fragen: Was macht eine gute Gesellschaft aus?", sagte der 71-Jährige in einem Interview mit dem "Zeitmagazin". Seine Antwort: "Bezahlbare Wohnungen, gute Schulen, öffentliche Plätze und eine soziale Infrastruktur."

Elbtower: Museumsidee stammt von Becken

Der Hamburger Bauunternehmer Dieter Becken sagte im Dezember 2024 dem "Handelsblatt", er wolle den Bau innerhalb von drei Jahren fertigstellen. Bis zum Einzug der letzten Mieter solle es höchstens vier Jahre dauern. Das wäre dann 2028. Der Senat signalisierte Zustimmung zu Beckens Vorschlag, ein Naturkundemuseum der Leibniz-Gemeinschaft in den unteren Geschossen des Hochhauses unterzubringen. Ferner lobte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), dass der Elbtower ausschließlich im Risiko privater Investoren fertiggestellt werden solle.

Die Stadt Hamburg hatte beim Insolvenzverwalter der Signa-Gruppe zum 1.5.2024 das Wiederkaufsrecht für das Elbtower-Grundstück in der Hafencity angemeldet, um sich alle Möglichkeiten offenzuhalten. Die bevorzugte Lösung der Stadt bliebe aber jederzeit, dass ein privater Investor den Rohbau übernehmen und fertigstellen soll, teilte die Senatsverwaltung gleichzeitig mit. CDU, AfD, Linke und der Bund der Steuerzahler werfen Tschentscher deshalb nun Wortbruch vor. Der wies das von sich: "Man hätte im Grunde auch von Anfang an drauf kommen können (auf den Elbtower als Naturkundemuseum), aber sind wir eben nicht." Das sei jetzt im Nachgang geprüft worden.

Signa-Pleite und Wiederkaufsrecht der Stadt Hamburg

Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden war, trat ein Fall der "Wirtschaftlichen Verschlechterung" nach § 10.7 des Grundstückskaufvertrags ein. Damit war für die Stadt der Weg zum Wiederkaufsrecht eröffnet.

Der Rückkauf des Grundstückes käme fann infrage, wenn der Insolvenzverwalter einen Investor bevorzugte, der von der Stadt nicht akzeptiert würde. Dann würde Hamburg faktisch Bauherr. "Bei einem Rückkauf würden wir den ursprünglichen Kaufpreis in Höhe von 122 Millionen Euro ohne Zinsen und abzüglich von fünf Millionen Euro erstatten und im Gegenzug das Grundstück zurückerhalten", rechnete Tschentscher vor.

Der Elbtower war ursprünglich ein Vorhaben der Signa Prime Selection AG des österreichischen Immobilienmoguls Benko. 2025 sollte das Hochhaus ursprünglich fertiggestellt werden. Die Kosten waren auf rund 950 Millionen Euro veranschlagt.

Ende Oktober 2023 stellte das beauftragte Bauunternehmen Adolf Lupp aus Hessen bei 100 Metern Höhe die Arbeit ein, weil Rechnungen nicht gezahlt wurden. Im Januar 2024 beantragte schließlich die Elbtower Immobilien GmbH & Co. KG, Eigentümerin des Grundstücks, Insolvenz. Bei der Projektgesellschaft handelte es sich um eine mittelbare Tochter von Signa Prime Selection.

Signa Real Estate hatte sich 2018 im Bieterverfahren gegen die Konkurrenten Gerchgroup – mittlerweile ebenfalls insolvent – und Tishman Speyer durchgesetzt und die Hafencity Hamburg GmbH letztlich mit der Belastbarkeit der Finanzierung und einer hohen Eigenkapitalabdeckung überzeugt. Der Immobilienfonds "Hausinvest" von Commerz Real beteiligte sich im August 2022 mit 25 Prozent an dem Wolkenkratzer.

Mit dem Bau werde "das Kunstwerk Hamburg direkt bis an die Elbbrücken fortgesetzt", hatte der damalige Bürgermeister und spätere Bundeskanzler Scholz bei der ersten Pressekonferenz im Februar 2018 das Projekt gelobt.

Elbtower: Nicht ganz so krönend wie geplant

Der Elbtower sollte mit 150.000 Quadratmetern der krönende Abschluss der Hafencity im Osten werden, als Gegenstück zur Elbphilharmonie im Westen: "64 Stockwerke, 245 Meter über dem Meer. Ein neuer Blick auf die Stadt", heißt es auf der Homepage. Büros, Geschäfte, Galerien, Cafés, Restaurants, ein Fitnessstudio und eine öffentlich zugängliche Aussichtsplattform in der 55. Etage waren geplant. Daraus wird nun wohl nichts.

Stattdessen soll das Gebäude um zwölf Büroetagen oder 46 Meter auf 199 Meter gekürzt werden, wie Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) mitteilte. Am Nutzungskonzept ändere sich jedoch nichts. Es bleibe bei dem Hotel, den Büroetagen und der Aussichtsplattform. Das Naturkundemuseum soll etwa 46.000 Quadratmeter in den unteren zwölf Etagen sowie in dem großen Publikumsbereich nutzen. Das wären etwa 48 Prozent der Gesamtfläche des Elbtowers.

Die möglichen Investoren, denen auch der Milliardär Klaus-Michael Kühne angehört, brauchen jedoch dringend weiteres Geld, um den Elbtower zu vollenden. Entsprechend erfreut zeigt sich Becken auch von den Plänen der Stadt. "Wir werten das offizielle Statement der Stadt als sehr positives Signal."

Neue Elbtower-Pläne: Was soll das Hamburg kosten?

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sprach von einem Global-Pauschal-Festpreis in Höhe von 595 Millionen Euro, der über Darlehen und aus dem Sondervermögen für Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden soll.

"Das heißt, das ist – und so haben wir es auch bestellt – das All-inclusive-Paket für das Naturkundemuseum." Gleichzeitig verweist er auf eine Kosten-Nutzen-Analyse, nach der ein Neubau eines städtischen Museumsgebäudes in der Hafencity 824 Millionen Euro kosten würde,  rund 230 Millionen Euro mehr als die Elbtowervariante.

Neben dem nun favorisierten Teilerwerb habe Hamburg auch einen Share Deal, also einen Einstieg in die Projektgesellschaft geprüft, aber verworfen, weil die Stadt dann Verantwortung für das Gesamtgebäude übernehmen müsste. Auch ein Mietvertrag komme nicht infrage. Dressel betonet, dass die erste Rate der Stadt bei einem Teilerwerb erst fließe, wenn der Elbtower außen komplett fertig und innen weit fortgeschritten sei.

Elbtower-Bau: Wie geht es jetzt weiter?

Derzeit laufen die Gespräche mit Becken und dem Konsortium noch. In einem nächsten Schritt will der Senat auf Basis der Zwischenergebnisse einen Beschluss zur Fortführung der Verhandlungen mit dem Konsortium treffen.

Ziel sei eine möglichst rasche Befassung der Hamburgischen Bürgerschaft unter Vorlage einer vollständigen Kosten-Nutzen-Analyse. Das letzte Wort über die Standortwahl für ein Naturkundemuseum habe dann das Parlament.


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Schlagworte zum Thema:  Stadtentwicklung
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