DIFI: Immobilienfinanzierer starten skeptisch ins neue Jahr

Die deutschen Immobilienfinanzierer sind mieser Stimmung: Der JLL-Index DIFI ist zum Jahresende 2023 wieder gesunken. Die Erwartungen für die kommenden Monate sind verhalten. Verhandlungen von Prolongationen dürften schwierig werden.

Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) bewegt sich nach wie vor im roten Bereich und ist nach einer leichten Erholung im ersten Halbjahr 2023 und einer relativ zuversichtlichen Stimmung im Herbst im vierten Quartal 2023 wieder gesunken: Um 4,8 Punkte gegenüber dem Vorquartal auf ein aktuelles Minus von 38,3 Punkten. Im Vergleich zum Rekordtief Ende 2022 notiert der Index allerdings um 31,4 Punkte höher.

Bis Ende 2022 hat JLL den DIFI in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhoben und quartalsweise veröffentlicht. Im ersten Quartal 2023 wurde der Index nicht erfasst und wird seit dem zweiten Quartal 2023 von JLL gemeinsam mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) verantwortet.

Finanzierer bewerten Ausblick pessimistisch

Sowohl die Einschätzungen der Experten zur Finanzierungssituation (vergangene sechs Monate) als auch die Erwartungen (kommende sechs Monate) haben sich verschlechtert.

Der Erwartungsindikator verliert in der aktuellen Umfrage im Vergleich zum Vorquartal 14,5 Punkte und notiert nun bei minus 29,6 Punkten – der Lageindikator liegt jetzt bei minus 47 Punkten, hat sich aber im Quartalsvergleich leicht um 4,8 Punkte verbessert. Der Abstand zwischen Situation und Erwartung reduziert sich von 36,7 Punkten in der vorigen Umfrage auf nur noch 17,4 Zähler.   

Die Halbierung der Punktedifferenz zwischen den beiden Teilindikatoren zeige, dass sich die Zukunftsaussichten der Experten merklich eingetrübt habe, erklärt Dr. Jan Wedemeier, Senior Researcher am HWWI: "Ursächlich dafür ist das anhaltend volatile geopolitische und konjunkturelle Umfeld." Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Befragung statt fand, als die Inflationssorgen überwogen haben und die Aussicht auf Zinssenkungen noch sehr vage waren. "Zum heutigen Stand dürfte der Ausblick besser ausfallen", so Wedemeier.

Assetklassen: Büroimmobilien sind Schlusslicht

Bei den einzelnen Nutzungsarten setzt sich im JLL-DIFI der Trend der Vorquartale fort: Alle Marktsegmente weisen im vierten Quartal 2023 negative Saldowerte aus , was die Einschätzung der Lage und der Erwartungen betrifft.

Logistikimmobilien schneiden hier noch am besten ab mit minus 23,9 Punkten. Dahinter folgen Wohnen (minus 28,3 Punkte), Hotel (minus 32,6 Punkte) und Einzelhandel (minus 45,7 Punkte). Büroimmobilien verlieren in der Expertengunst noch einmal 23 Punkte und sind mit minus 60,9 Punkten das Schlusslicht im aktuellen DIFI.

Büros müssen bei der aktuellen Bewertung der Finanzierungssituation im Vergleich zum dritten Quartal 2023 als einziges Segment Abstriche machen: Mit minus 73,9 Punkten fällt die Einschätzung am schwächsten aus. Vorn liegt auch hier die Logistik mit minus 30,4 Punkten, gefolgt von Hotel (minus 34,8 Punkte), Wohnen (minus 39,1 Punkte) und Einzelhandel (minus 56,5 Punkte).

"Büroimmobilien sind zurzeit das Sorgenkind", sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Das schwache konjunkturelle Umfeld und strukturelle Probleme des Marktes werden die Nutzungsart auch 2024 unter Druck setzen: Bei der Erwartung der kommenden sechs Monate mit einem Indikatorstand von minus 47,8 Punkten sind Büroimmobilien das Schlusslicht. Die besten Aussichten gibt es bei Wohnen und Logistik mit jeweils minus 17,4 Zählern, Hotel kommt auf minus 30,4 Punkte und Einzelhandel auf minus 34,8 Punkte.

Kreditmargen legen wieder zu

Die schlechtere Stimmung unter den Immobilienfinanzierern kommt auch in angepassten Kreditkonditionen zum Ausdruck. Nach dem kräftigen Rückgang zur Jahresmitte bewegen sich die Kreditmargen zum Jahresende 2023 wieder nach oben. Die Durchschnittsmargen steigen sowohl im Core- als auch im Value-add-Segment.

Am deutlichsten verteuern sich im DIFI für das vierte Quartal 2023 die Konditionen für Core-Immobilien für die Nutzungsarten Einzelhandel und Logistik mit einem Plus von jeweils 28 Basispunkten. Für Hotels beträgt der Aufschlag im Mittel nur elf Basispunkte, dafür bietet die Nutzungsart mit 151,2 Basispunkten derzeit die höchsten Durchschnittsmargen, gefolgt vom Einzelhandel mit 147,8 Basispunkten. Wohnen rangiert mit einem Abstand von knapp 40 Basispunkten zur Nutzungsart Hotel am unteren Ende.

Im Value-add-Segment verzeichnen Wohnimmobilien mit 50 Basispunkten die höchsten Zuwächse und damit die höchsten Durchschnittsmargen mit 158 Basispunkten. Dahinter folgen Büro (156,8 Basispunkte), Hotel (155,7 Basispunkte) und Logistik (153,4 Basispunkte). Das Schlusslicht bildet der Einzelhandel mit 136,4 Basispunkten.

Banken: Mehr Spielraum bei Wohnimmobilien

Im Gegensatz zu den Margen haben sich die Beleihungsausläufe (Loan-To-Value, LTV) laut Umfrage von JLL und HWWI positiv für Kreditnehmer entwickelt: Die markttypischen LTVs sind in beiden Risikoklassen Core und Value-add segmentübergreifend moderat gestiegen, nachdem sie im ersten Halbjahr 2023 auf Tiefststände abgerutscht waren.

Nur bei Büroimmobilien beobachten die befragten Experten in der Kategorie Value-add stabile die LTVs (39,4 Prozent). Im Core-Segment liegen die LTVs im vierten Quartal 2023 zwischen 1,3 und 6,7 Prozentpunkte über denen des zweiten Quartals 2023. Die höchsten LTVs erreichen Wohnimmobilien mit 55,9 Prozent, am wenigsten Kreditspielraum sehen Finanzierer bei Hotels mit durchschnittlich 45,2 Prozent. Auch im Value-add-Segment sind Wohnimmobilien mit 51 Prozent Spitzenreiter, gefolgt von Logistik (43,9 Prozent), Hotels (41 Prozent), Büro (39,4 Prozent) und Einzelhandel (39,2 Prozent).

"Die Kreditgeber zeigen sich bei der Beleihung zwar etwas konzilianter als vor einem halben Jahr. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich insbesondere die Banken nach wie vor im Neugeschäft zurückhalten und den Fokus auf die Betreuung ihrer Bestandskunden legen", bewertet Timo Wagner, Team Leader Debt Advisory JLL Germany, die Erebnisse. Insbesondere Immobilien mit schwacher Drittverwendungsfähigkeit würden mit erschwerten Finanzierungsbedingungen konfrontiert, ebenso wie Projektentwicklungen. Gute Möglichkeiten bieten laut Wagner derzeit alternative Darlehensgeber: "Die Umsetzungschance ist gefühlt doppelt groß wie vor einem Jahr."

DIFI: Methodik

An der Umfrage des Deutschen Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) vom 28.11.2023 bis 4.12.2023 beteiligten sich 32 Experten. Abgefragt wurden die Einschätzungen zu Marktsituation (vergangene sechs Monate) und Markterwartung (kommende sechs Monate). Dargestellt sind die prozentualen Anteile der Antwortkategorien und die Veränderungen in Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal. Die Salden ergeben sich aus der Differenz der positiven und negativen Antwortkategorien.


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