Assekuranz setzt auf Cashflow und hält Immobilienquote stabil

Die deutschen Versicherer haben die Immobilienquote in den Portfolios im vergangenen Jahr weiter erhöht – Einnahmen aus Mieterträgen (Cashflow-Rendite) haben nach wie vor Priorität, wie eine Umfrage von EY Real Estate zeigt. Der Markt könnte aber vor einer Trendwende stehen.

Der Anteil von Immobilien in den Portfolios der deutschen Versicherungsunternehmen liegt aktuell mit 13 Prozent um 0,9 Prozent höher als im Jahr 2022. Der Anstieg der Immobilienquote hält damit seit bereits 14 Jahren an, allerdings könnte der Markt vor einer Trendwende stehen: Derzeit wollen nur noch 14 Prozent der Versicherer die Quote weiter erhöhen – im vergangenen Jahr hat das noch die Hälfte der geplant. Mehr als zwei DRittel (68 Prozent) der Versicherungen werden die Quote stabil halten, während knapp 26 Prozent die Immobilieninvestments reduzieren will.

Das sind Ergebnisse des "Trendbarometers Immobilienanlagen der Assekuranz 2023", für das EY Real Estate 32 Versicherungsunternehmen befragt hat.

Versicherer resilient gegen restriktive Kreditvergabe

"Versicherungen haben mit Blick auf Immobilien einen sehr langfristigen Anlagehorizont und stützen mit ihrer Eigenkapitalstärke den derzeit fragilen Markt", sagt Jan Ohligs, Partner bei EY Real Estate und Autor der Studie. "Obwohl sie sinkende Gesamtrenditen antizipieren, sehen sie nach wie vor von Desinvestitionen im großen Stil ab und kaufen teils selektiv zu."

Zwar spürt fast jeder dritte (65 Prozent) der befragten Versicherer eine restriktivere Kreditvergabepraxis – für die qua Geschäftsmodell eigenkapitalstarken Versicherungen stellt dies jedoch selten eine größere Herausforderung dar, wie 60 Prozent angaben.

Die Cashflow-Rendite, also laufende Einnahmen aus Mieterträgen, stehen laut EY Real Estate für die Versicherer auch weiterhin im Vordergrund. Problematisch dürfte die Lage werden, falls sich der Rendite-Spread zu risikolosen Anlagen auch langfristig nicht wieder erhöhen sollte.

Immobilien: Renditeerwartungen deutlich gesunken

Bei den direkten Anlagen sind die Renditeerwartungen der Versicherer von 4,5 Prozent im Vorjahr auf nun 3,8 Prozent und bei indirekten Anlagen von 5,5 auf 4,2 Prozent gefallen. Der Direktbestand bleibt dabei für 57 Prozent der Befragten die präferierte Anlageform.

Im indirekten Bereich überholen geschlossene Fonds in der aktuellen EY-Umfrage mit 72 Prozent (2022: 52 Prozent) die offenen Immobilienfonds mit 24 Prozent (2022: 53 Prozent). Beliebt bleiben auch alternative Immobilieninvestments wie Debt-Fonds (40 Prozent) oder Private-Equity-Gesellschaften (31 Prozent). Projektentwicklungen nehmen deutlich ab: Von 45 Prozent im Vorjahr auf nun nur noch 14 Prozent.

Wohnimmobilien büßen an Attraktivität ein

Nordamerika wird von den Versicherungen präferiert und liegt bei 59 Prozent der Befragten im Investmentfokus (2022: 55 Prozent). Europa büßt weiter an Attraktivität ein – und zwar spürbar: Wollte 2022 noch jede zweite Versicherung hier investieren, so sind es in diesem Jahr nur noch 39 Prozent. Sogar Asien und Ozeanien erfahren mit 41 Prozent derzeit mehr Zuspruch. Auch wenn Deutschland für hiesige Versicherungen der beliebteste Investitionsstandort innerhalb Europas bleibt, so nimmt auch hier die Attraktivität ab: 2022 hatten noch 90 Prozent der Versicherer den Fokus auf Deutschland – jetzt sind es laut EY Real Estate noch 77 Prozent.

Bei den Nutzungsarten büßen Wohnimmobilien stark an Attraktivität ein: Im Vorjahr hatten sie 95 Prozent der Befragten im Blick, in der aktuellen Umfrage sind es noch bi 68 Prozent der Versicher. Am beliebtesten sind Logistikimmobilien mit einem Zuspruch von 77 Prozent. Auch Investitionen in Infrastruktur (64 Prozent) und erneuerbare Energien (70 Prozent) sind im Kommen. Büros sind für mehr als die Hälfte der Versicherer attraktiv (52 Prozent). Einzelhandelsimmobilien gewinnen in der Gunst der Assekuranz, von denen sich nun mehr als jeder Dritte (34 Prozent) wieder Investitionen vornimmt (2022: 20 Prozent), während Hotels weiter eine untergeordnete Rolle (2023: 18 Prozent, 2022: 26 Prozent) spielen.

ESG: Nachhaltige Transformation geht vor Portfoliobereinigung

Bei der großen Mehrheit (95 Prozent) der Versicherer werden Klimarisiken und transitorische Risiken bereits in der Portfoliostrategie berücksichtigt. 90 Prozent sehen eine größere Notwendigkeit zur energetischen Ertüchtigung der Immobilienbestände. 89 Prozent der Versicherer sind sich bewusst, dass sich nachhaltige Investments nicht nur hinsichtlich der ökologischen Effekte auszahlen, sondern auch beim Wiederverkauf der Immobilien.

"Das Gros der Versicherer hat die Notwendigkeit der nachhaltigen Transformation erkannt. Dafür wollen viele selbst Hand anlegen und ihre Immobilien entsprechend sanieren. Nur rund jeder fünfte Befragte fasst Portfoliobereinigungen ins Auge", sagt EY-Experte Ohligs. Fehlende valide Daten stellen für die Umsetzung von ESG-Strategien nach wie vor eine Herausforderung dar.

Die Risikoneigung der Versicherungen hat im Vergleich zum Vorjahr abgenommen: "Core" steht nun bei 81 Prozent der Versicherungen besonders im Fokus – im Vorjahr war das nur bei 70 Prozent der Fall. Auch "Core plus"-Immobilien kommen für 77 Prozent der Umfrageteilnehmer infrage (2022: 85 Prozent). Während die "Value Add"-Kategorie einen starken Zuwachs in der Gunst der Versicherer erfährt (2023: 38 Prozent, 2022: 20 Prozent), verliert das "Opportunistic"-Segment deutlich (2023: zehn Prozent, 2022: 40 Prozent).

Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz 2023 (Download)


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