Experten: Nur ESG-konforme Büroimmobilien sind wertstabil

Modernisierungen und Finanzierungen sind teuer, gleichzeitig sinkt die Nachfrage nach Büroimmobilien zur Miete oder zum Kauf – trotzdem führt an der Dekarbonisierung des Bestands kein Weg vorbei, so das Ergebnis einer Expertenrunde. Davon hängt der Wert der Objekte ab.

Die Rahmenbedingungen für Investitionen in die Dekarbonisierung des Büroimmobilienbestand haben sich deutlich verschlechtert: Modernisierungsmaßnahmen sind wesentlich teurer geworden, die Zinsen für Finanzierungen sind gestiegen, gleichzeitig ist die Flächennachfrage nach Büros rückläufig, ebenso wie das Kaufinteresse von Investoren.

Was ist trotzdem möglich, welche Handlungsoptionen gibt es? Darüber hat ein von Rueckerconsult organisiertes Online-Panel diskutiert. Teilgenommen haben Andreas Brockhaus, geschäftsführender Gesellschafter der List Bau Holding, Christopher Jäger, Abteilungsleiter Asset Management Services bei der HIH Real Estate, Thomas Junkersfeld, Geschäftsführer von B&L Property Management, Manuel Köppel, Geschäftsführer bei BF.Capital, und Hanna Ritter, Senior Director ESG bei Reicon Consulting.

Büroimmobilien: Mehr Miete mit ESG

Die Teilnehmer waren sich einig, dass es eine starke Korrelation zwischen Wertentwicklung einer Büroimmobilie und  der ESG-Konformität gibt – insbesondere energieeffiziente Objekte halten unter sonst gleichen Umständen den Wert bei, während "braune" Immobilien an Wert verlieren.

"Am deutlichsten zeigt sich der Effekt in der Höhe der erzielbaren Miete", sagte Jäger von HIH Real Estate. Nutzer hätten ein großes Interesse an ESG-konformen Flächen und seien bereit, dafür mehr zu zahlen. Aus der Sicht des Finanzierers ergänzte BF.Capital-Experte Köppel: "Der Wertverfall nicht energieeffizienter Immobilien ist eine Seite. Die andere ist, dass sie kaum noch finanzierungsfähig sind." Kredite werden demnach bevorzugt für grüne Immobilien gewährt oder solche mit klarem Fahrplan dorthin.

CO2-Einsparung durch Gebäudetechnik

Ob es sich rechnet, eine Büroimmobilie umfassend energetisch zu sanieren, hängt dem Panel zufolge von mehreren Faktoren ab, vor allem dem Zustand des Gebäudes, der Architektur und dem Alter. Brockhaus von List Bau wies auf Kipppunkte hin: "Anfang der 2000er Jahre griff die erste Energieeinsparverordnung. Ein Bestand ab dieser Zeit ist leichter auf ein gutes Niveau zu bekommen als ein Gebäude aus den Sechzigerjahren."

Jäger ergänzte, dass sich die Wirtschaftlichkeit einer Revitalisierung für Immobilieninvestoren aus zwei Komponenten speise: Cashflow in Form von Mieten und Exit-Preis. "Änderungen an der Gebäudehülle sind oft komplex und teuer. Aber es gibt auch Maßnahmen, die CO2-Bilanz eines Bürogebäudes zu verbessern, die wesentlich kostengünstiger zu erreichen sind, etwa der Umstieg auf LED-Beleuchtung", so Jäger weiter.

B&L-Geschäftsführer Junkersfeld nannte das hohe Potenzial der Haustechnik: Inbesondere der Gebäudeleit-, der Mess-, der Steuerungs- und der Regelungstechnik. Diese müsste dringend an das Nutzerverhalten gekoppelt werden. Um die Wirtschaftlichkeit einer Revitalisierung adäquat abzubilden, empfahl Brockhaus, ein Gebäude über die gesamte Nutzungsdauer nicht nur über den CRREM-Pfad zu analysieren, sondern auch die sogenannte graue Energie einzubeziehen.

Bei Neuvermietung zahlen sich Klimamaßnahmen aus

Skeptisch war die Diskussionsrunde, was die Aufteilung der Kosten der Klimaschutzmaßnahmen zwischen Büromietern und Immobilieneigentümern anbelangt. "Unserer Erfahrung nach ist der Mieter normalerweise nicht bereit, eine höhere Grundmiete zu entrichten", sagte Junkersfeld: "Aber er partizipiert an den Einsparungen bei den Betriebskosten, die wir erzielen können.

Ritter von Reicon Consulting betonte: "Wir müssen unterscheiden zwischen E, S und G. Die Maßnahmen aus dem sozialen Bereich erhöhen die Nutzungsqualität des Gebäudes, was sich gegebenenfalls auf die Mieter besser umlegen lässt." Ziel einer größeren Investition sei es dann, die Flächen zu einer höheren Miete neu an den Markt zu bringen, so Köppel.

Verbrauchsdaten sind der Schlüssel

Ausführlich ging das Panel auf die zentrale Rolle von Verbrauchsdaten ein, die unerlässlich seien, um den Ist-Zustand zu analysieren, Investitionen zu planen und deren Erfolg zu messen. Mit Verweis auf den Datenschutz sind aber längst nicht alle Mieter bereit, die Daten offenzulegen.

ESG-Expertein Ritter brachte ein: "Diese Daten können aber auch simuliert werden, was zum Beispiel bei der Erstellung des Energiebedarfsausweises vorgenommen wird. Für viele Maßnahmen gibt es in dieser Hinsicht keine Ausreden mehr." Das schränkte Jäger jedoch ein: "Durch Benchmarking-Methoden wird aber die Wirksamkeit von Maßnahmen nicht adäquat abgebildet, die wenig Investitionen erfordern, wie das Einregeln der Gebäudeleittechnik einer Immobilie." Daher brauche man die konkreten Verbräuche, auch um Maßnahmen skalierbar zu machen. Junkersfeld zeigte sich optimistisch zum Abschluss: "Das Messen wird in nächster Zeit sukzessive durch Künstliche Intelligenz ergänzt."


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