Destatis: Preise für Wohnimmobilien fallen erstmals stark

Die Kaufpreise für Wohnimmobilien sind Ende 2022 so stark gesunken wie seit Anfang 2007 nicht mehr, teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Ein- und Zweifamilienhäuser haben sich noch mehr verbilligt als Eigentumswohnungen. Das IW Köln spricht von einem Wendepunkt.

Die tatsächlich gezahlten Kaufpreise für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser sind laut dem Häuserpreisindex des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im vierten Quartal 2022 gegenüber dem vierten Quartal 2021 durchschnittlich um 3,6 Prozent gesunken. Gegenüber dem dritten Quartal 2022 war der Rückgang mit knapp minus fünf Prozent im Schnitt noch deutlicher.

Mit dem schnellen Anstieg der Zinsen ist damit der jahrelange Boom am deutschen Immobilienmarkt erst einmal zum Erliegen gekommen. Hier spielen auch die teuren Kredite eine Rolle.

Vorerst Schluss mit (Wohn-)Immobilienboom

Stärker als zum Ende des vergangenen Jahres haben sich die Wohnimmobilienpreise dem Bundesamt zufolge zuletzt im ersten Quartal 2007 verringert – minus 3,8 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2006 waren es damals. "Ausschlaggebend für den Rückgang der Kaufpreise dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation sein", schreiben die Wiesbadener Statistiker.

Im Gesamtjahr 2022 sind die Preise für Wohnimmobilien laut Destatis gegenüber 2021 noch um 5,3 Prozent gestiegen – das liege aber an den Zuwächsen in den ersten drei Quartalen. Dazu kommt nach Berechnungen der Bundesbehörde, dass die Preise im Jahr 2021 mit einem Plus von 11,5 Prozent im Vergleich zu 2020 einen so starken Anstieg verzeichneten wie noch nie gegenüber einem Vorjahr seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000.

Kaufpreise fallen auch in den Metropolen

Sowohl in den Städten als auch in ländlichen Regionen waren im Schlussquartal 2022 laut Statistik größtenteils Preisrückgänge zu verzeichnen. Dabei sanken die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als die für Eigentumswohnungen. In den kreisfreien Großstädten gingen die Häuserpreise um 5,9 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2021 zurück, während die Preise für Wohnungen nur um ein Prozent abnahmen. In den ländlichen Kreisen waren Häuser 5,5 Prozent günstiger, während die Preise für Eigentumswohnungen mit plus 0,1 Prozent stabil blieben.

In den sieben Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf gingen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 2,9 Prozent zurück, für Wohnungen musste 1,6 Prozent weniger gezahlt werden.

Das Ergebnis des dritten Quartals 2022 wurde für den Häuserpreisindex (2015 = 100) um 0,6 Prozentpunkte nach unten revidiert, um nachträgliche Meldungen zu berücksichtigen (vorläufiger Wert: plus 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, revidierter Wert: plus 4,3 Prozent).

IW-Forscher: Wendepunkt am Wohnimmobilienmarkt

Seit 2015 seien die Preise für bestehende Wohnimmobilien um mehr als 65 Prozent gestiegen, kommentierte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln die Zahlen von Destatis. 2021 hätten sich die Vorzeichen gedreht – die Nachfrage von Käufern sei deutlich zurückgegangen.

Der Rückgang der Kaufpreise markiert den Forschern zufolge zwar einen Wendepunkt in der Wohnungsmarktentwicklung, ein plötzlicher und starker Preiseinbruch sei aber nicht zu erwarten. Dafür sprechen dem IW zufolge drei Gründe:

  1. Mit der hohen Inflation stiegen 2022 auch die Zinsen. Sinken die Teuerungsraten wieder, sollten auch die Zinsen langfristig wieder zurückgehen. Wann, sei schwer zu prognostizieren. Die meisten Investoren erwarten in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts fallende Zinsen.
  2. Mit dem Zinsanstieg lässt die Bautätigkeit deutlich nach, da Entwickler keine Käufer finden und Projekte verschieben. Noch 2023 drohe ein deutlicher Rückgang der Fertigstellungen, womit sich die Knappheit im Markt erhöhe. Dann steigende Neuvertragsmieten stabilisieren wiederum die Preise.
  3. Gleichzeitig steigt laut IW die Nachfrage nach Wohnimmobilien. Das Statistische Bundesamt berichtete von einer Rekordzuwanderung nach Deutschland im Jahr 2022. Insgesamt ist die Bevölkerung um 1,2 Millionen Menschen gewachsen, was einem zusätzlichen Wohnungsbedarf von rund 600.000 Wohnungen entspricht – der Bedarf dürfte eher noch zunehmen.


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