
Die Werteperformance von Büroimmobilien im JLL-Index "Victor" für 2022 sinkt so stark wie noch nie seit Erhebung der Daten im Jahr 2004 – das betrifft alle analysierten Metropolen: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München. Immerhin: Die Spitzenmieten steigen.
Die Performance des JLL-Index "Victor Prime Office" ist im vergangenen Jahr mit einem Minus von 11,2 Prozent so stark gesunken wie noch nie seit der Premiere der Studie im ersten Quartal 2004. Dabei fielen die Rückgänge im zweiten Quartal 2022 (minus 2,2 Prozent) und dritten Quartal 2022 (minus 1,5 Prozent) noch moderat aus – deutlich abwärts ging es erst im vierten Quartal mit minus 8,2 Prozent.
Insgesamt notiert der Index für die beobachteten Toplagen der deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München zum Jahresende bei 207,1 Punkten. Das entspricht laut JLL dem Niveau der zweiten Jahreshälfte 2019.
Den höchsten Indikatorstand weist mit 226 Punkten die Hamburger City auf (minus 7,2 Prozent). Berlin liegt mit 225,4 Punkten knapp dahinter (minus 8,8 Prozent). Auf Rang drei folgt die Münchener Innenstadt (minus 8,6 Prozent auf 222,4 Punkte) und mit Abstand die Frankfurter Bankenlage (minus elf Prozent auf 188 Punkte) sowie die Düsseldorfer Bankenlage (minus drei Prozent auf 186,7 Punkte).
Top-Büromärkte: Spitzenrenditen steigen deutlich
Alle fünf Großstädte weisen laut JLL im vierten Quartal 2022 eine negative Performance im Vergleich zum Vorquartal auf. Dabei erstreckt sich die Spanne von minus drei Prozent in der Düsseldorfer Bankenlage bis minus elf Prozent in der Frankfurter Bankenlage.
"Der starke Rückgang des Victor-Performanceindex im vierten Quartal kommt nicht überraschend", meint Ralf Kemper, Head of Valuation & Transaction Advisory JLL Germany. Grund seien die deutlichen Anstiege der Spitzenrenditen an allen Top-Standorten. "Das Renditeniveau für Büroimmobilien ist Ende 2022 spürbar höher als im Jahr davor", erklärt Kemper. Transaktionen auf dem alten Preisniveau, wie sie in den ersten drei Quartalen des Jahres noch stattfanden, blieben JLL zufolge im vierten Quartal endgültig aus
Von einem historisch geringen Renditeniveau kommend, in dem sich Deals mit Büros vor allem wegen der Niedrigzinsen rechneten, schlugen Ende 2022 die Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Finanzierungskonditionen auf die Gebote durch. "Wir erwarten nicht, dass sich diese Rahmenbedingungen für Investoren kurzfristig ändern werden", so Kemper weiter.
Büro-Deals: Verkäufer sehen keinen Druck für Preisabschläge
Das Investitionsvolumen am Büroimmobilienmarkt lag nach Zahlen von JLL im vierten Quartal 2022 bei 1,9 Milliarden Euro – dies sei ein historisch niedriger Wert. Der Mittelwert der vergangenen 24 Quartale betrug satte 7,1 Milliarden Euro. Im Gegensatz zur Immobilienkrise in den Jahren 2008 und 2009, als sich die rückläufige Tendenz des Victor-Index eins zu eins an der Entwicklung von Verkaufspreisen ablesen ließ, sieht JLL aktuell vergleichsweise wenig Transaktionsgeschehen.
Der Druck auf Verkäuferseite, möglicherweise Preisabschläge akzeptieren zu müssen, scheint in dieser Marktphase weniger hoch zu sein. Gründe hierfür sind dem JLL-Experten zufolge die Existenz von mehr Kapital auf dem Markt sowie konservativere Finanzierungen im Vergleich zur vorigen Krise, als extrem hohe Beleihungsausläufe weniger die Ausnahme als die Regel waren.
Bürovermietung: Robuste Märkte federn Wertrückgänge ab
Die Vermietungsmärkte zeigten sich im Jahr 2022 stark, heißt es in dem Bericht. In den genannten fünf Immobilienhochburgen plus Köln und Stuttgart wurden insgesamt rund 3,5 Millionen Quadratmeter Bürofläche vermietet – ein Plus von knapp sieben Prozent im Vergleich zu 2021.
Gefragt waren besonders erstklassige: Die Spitzenmieten kletterten an allen betrachteten Standorten nach oben, teilweise kräftig, so JLL, und das trotz wachsender Leerstandsquoten. In Düsseldorf stieg die Spitzenmiete auf Basis großflächiger Abschlüsse zu Rekordmieten so stark wie noch nie. "Am Vermietungsmarkt zeichnet sich ein Trend zu 'kleiner, aber feiner' ab“, sagt Kemper. Unternehmen suchten häufig weniger Bürofläche, als sie aktuell nutzen. Das sei eine Folge des gestiegenen Homeoffice-Anteils. Gleichzeitig bevorzugten sie Topflächen und achteten auf ESG-Konformität.
Büroimmobilien: Kaum Projektentwicklungen in der Pipeline
Das Angebot an diesen Flächen ist begrenzt und neue Projektentwicklungen werden derzeit kaum angestoßen. "Wenngleich eine Pipeline mit laufenden Projekten noch vorhanden ist, sehen wir Verschiebungen oder Aufgabe von Projekten, die noch nicht begonnen wurden", erläutert Kemper. Das Angebot dürfte sich verknappen. JLL geht davon aus, dass in den kommenden Quartalen andere Städte dem Beispiel Düsseldorfs folgen werden und Vermietungen der besten Objekte in den Toplagen auf sehr hohen Preisniveaus zu weiteren kräftigen Sprüngen in der Spitzenmiete führen werden.
"Engpässe in den Toplagen kann andererseits aber auch bedeuten, dass Unternehmen auf erstklassig ausgestattete Büros in schwächeren Lagen ausweichen müssen, sofern diese dort vorhanden sind", so Kemper. Auch Mietsteigerungen in Büroportfolios durch Indexanpassungen im Zuge der hohen Inflation fangen laut JLL einen Teil der Wertrückgänge auf.
"Ob mit den Renditeanstiegen 2022 eine Bodenbildung erreicht ist oder weitere Anpassungen folgen, bleibt weiter abzuwarten und hängt in erheblichem Maße von der Entwicklung der Zinspolitik ab", bilanziert Kemper. Die Volatilität wichtiger Einflussfaktoren wie die Inflation auf die Transaktionsentscheidung führe dazu, dass Prozesse abgebrochen werden. Die Marktteilnehmer hoffen JLL zufolge auf Stabilität an den Finanzierungsmärkten, um Entscheidungen wieder auf einer verlässlichen Basis treffen zu können.
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