Büroinvestments: Sekundärlagen auf dem Vormarsch
Acht Städte und Regionen aus der zweiten Reihe haben die Colliers-Researcher unter die Lupe genommen. Denn bislang, so Michael R. Baumann, Head of Office Investment B&C Cities bei Colliers, sei die Datenlage zu B- und C-Städten eher gering. Zu Unrecht: Für Investoren könnten sich Städte jenseits der A-Standorte durchaus rentieren. "Wie in den Top 7 ist abseits der Top-Städte nicht mehr die Bereitschaft gegeben, die bisherigen Preise zu bezahlen", erklärt Baumann: "Allerdings sind diese Beeinträchtigungen bei weitem nicht so groß wie in den A-Städten und B- und C-Märkte zeigen sich gegenwärtig sehr resilient."
Vorpandemisches Niveau erreicht
An den Investmentmärkten für Büroimmobilien abseits der A-Städte wurden nach Angaben von Colliers im ersten Halbjahr 2022 rund 3,5 Milliarden Euro gehandelt – und damit erstmals wieder ähnlich viel wie vor Beginn der Corona-Pandemie (erstes Halbjahr 2019: 3,7 Milliarden Euro; erstes Halbjahr 2020: 3,5 Milliarden Euro). Damit lag das Transaktionsvolumen deutlich über dem Ergebnis von 2021 (2,2 Milliarden Euro), die Steigerung entspricht fast 60 Prozent. Profitiert hat der Investmentmarkt in diesem Jahr vor allem von einem starken ersten Quartal, dieses trug mit 2,1 Milliarden Euro maßgeblich zum guten Ergebnis bei. Aber auch für die zweite Jahreshälfte rechnet Colliers mit einem starken Transaktionsgeschehen. "Vor allem nach dem Sommer erwarten wir, dass weiter Bewegung in die Büroinvestmentmärkte außerhalb der A-Städte kommt", prognostiziert Baumann.
Duisburg wird oft übersehen
Näher untersucht hat die Studie die Städte Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Essen, Hannover und Leipzig sowie das Rhein-Main-Gebiet und das Dreieck Nürnberg-Fürth-Erlangen. Dabei haben die Researcher die Besonderheiten herausgearbeitet, aber kein Ranking erstellt. Beispiel Bonn: Die ehemalige Bundeshauptstadt ist laut Colliers die einzige B-Stadt, deren Spitzenmiete sich in den vergangenen Jahren auf einem Niveau von 20 Euro und mehr eingependelt hat, aktuell liegt sie bei 22,50 Euro. Der Markt werde sich immer mehr an die Top-7-Standorte angleichen, da es durch Ministerien und öffentliche Nutzer eine konstante Nachfrage gebe, heißt es in der Studie. Hannover ist laut der Untersuchung vor allem für Investoren interessant, die sich in einem Rahmen bis 50 Millionen Euro bewegen. Eine hohe Dynamik attestieren die Colliers-Researcher Leipzig. Hinter anderen B-Städten oft übersehen werde Duisburg – dabei seien auch hier "attraktive Büroinvestments möglich bei vergleichsweise hohen Renditen". Gute Noten gibt es auch für die beiden anderen untersuchten Ruhrgebietsstädte Dortmund und Essen.
NRW an Investment-Spitze
Auch insgesamt steht Nordrhein-Westfalen laut der Studie gut da: Im westlichen Bundesland haben sich die Investoren besonders kauffreudig gezeigt. Fast 1,2 Milliarden Euro wurden dort in Büroimmobilien investiert. Dahinter folgen mit Abstand die Regionen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland mit zusammen 741 Millionen Euro Transaktionsvolumen, Mitteldeutschland mit 454 Millionen Euro und Norddeutschland mit 400 Millionen Euro. In Baden-Württemberg wurden 343 Millionen Euro notiert, in Bayern 281 Millionen Euro. Das niedrigste Transaktionsvolumen wiesen die Regionen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit zusammen 84 Millionen Euro auf.
Portfolio-Deals nehmen ab
Für die Sicherheit nehmen Investoren inzwischen eine niedrigere Rendite in Kauf: Die Anzahl der Portfolio Deals am Investmentgeschehen hat laut der Untersuchung mit 22 Prozent weiter abgenommen. Bei den Risikoklassen verteilte sich über die Hälfte aller getätigten Transaktionen auf das Core-Plus-Segment, 24 Prozent entfielen auf das Core-Segment, 16 Prozent auf die Bereiche Value-Add & Opportunistic.
Robustheits-Scoring: B- und C-Lagen auf Spitzenplätzen
Dass Sekundärmärkte mit Robustheit punkten, hat die im Mai erschienene Studie "Fragile Zeiten, robuste Lagen" von BNP Paribas Real Estate Investment Management (BNP Paribas REIM) Germany und dem Analysehaus Bulwiengesan bereits gezeigt. Dafür hat das Research-Team die Entwicklung der Mieten von Büromärkten in 66 deutschen Städten mit 198 Stadt-Teillage-Kombinationen hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen in den vergangenen 30 Jahren untersucht. Die ersten 36 Plätze im Robustheits-Scoring gehen ausschließlich an Sekundärstädte. Besonders gut schneiden die B- und C-Lagen in Heidelberg, Ingolstadt, Heilbronn, Ludwigshafen und Bochum ab. Mit dem Stuttgarter Teilmarkt "City" erreicht die beste Lage einer A-Stadt nur Platz 37 von 198. Auch hinsichtlich der Mietentwicklung liegt eine kleinere Stadt an der Spitze: Die Peripherie von Fürth weist ein durchschnittliches Mietwachstum von 3,3 Prozent pro Jahr auf.
"Die deutschen Top-7-Büromärkte sind von Investoren hart umkämpft. Dass die Sekundärmärkte hinsichtlich der Robustheit so gut abschneiden, zeigt Investoren einen Ausweg auf", sagt Thomas Kotyrba, Head of Research bei BNP Paribas REIM. Sie punkten mit einer hohen Krisenresistenz und einer spürbaren Outperformance beim langfristigen Mietwachstum. In den A-Städten werde häufig auf künftige Nachfrage spekuliert, Krisen sorgten dann für Turbulenzen, ergänzt Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter der Bulwiengesa AG: "An den Sekundärmärkten findet das in dieser Form nicht statt." Das reduziere das Risiko eines Flächenüberhangs.
Portfolio-Optimierung: Vom höheren Mietwachstum profitieren
Für Portfoliostrategien soll die Studie Einblicke in den Total Return (Gesamtertrag oder Gesamtrendite) von Immobilienpakten liefern. Im Ergebnis führen Portfolios mit beigemischten Objekten in robusten C- und D-Märkten mit Sekundärteillagen nicht zu einer Verwässerung der Performance einer Asset-Allokation (Vermögensaufteilung), vielmehr wird die Robustheit des Portfolios erhöht. Durch ein selektives Exposure in deutschen Sekundärmärkten mit ihren Lagen der zweiten Reihe können Investoren laut der Studie von einem höheren Markt-Mietwachstum profitieren. Die nachhaltige Performance wird gesteigert, ohne dass Kompromisse hinsichtlich des Risk-Return-Profils gemacht werden müssen.
"Die Ergebnisse unserer Studie dürften viele Investoren überraschen. Sie widersprechen den typischen Erwartungen vieler Immobilieninvestoren am deutschen Markt", kommentiert Isabella Chacón Troidl, Chief Investment Officer (CIO) von BNP Paribas REIM. Bislang hätten die Profianleger abseits der Metropolstädte eher zur Diversifikation investiert. In Zeiten von Lieferengpässen, politischen Unsicherheiten und steigendem Druck auf die Wirtschaft könnten Sekundärlagen Immobilienportfolios krisenfest machen.
Büromarkt-Studie: "Fragile Zeiten, robuste Lagen"
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