DIHK-Umfrage: Grundsteuer-Hebesätze über dem Niveau von 2022

Insgesamt 103 Kommunen haben in diesem Jahr den Hebesatz für die Grundsteuer B angehoben, wie eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeigt – teils um mehr als 100 Prozentpunkte. Ein Grund dürfte die neue Grundsteuer sein, die ihren Schatten vorauswirft.

Immobilieneigentümer in vielen deutschen Städten müssen sich bei der nächsten Steuererklärung auf eine höhere Grundsteuer B – die wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und von den Immobilieneigentümern bezahlt oder auf die Mieter umgelegt – einstellen. In diesem Jahr hat laut einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) bereits jede siebte Gemeinde mit mehr als 20.000 Einwohnern den Hebesatz erhöht.

Hebesätze steigen im Schnitt um fünf Prozentpunkte

Die Hebesätze – neben dem Grundstückswert einer der Hauptfaktoren für die Berechnung der Grundsteuer – liegen 2023 nach Berechnungen der Kammer insgesamt mit 554 Prozent um fünf Prozentpunkte über dem Vorjahresniveau. Demnach haben 103 Kommunen den Hebesatz angehoben – mit einer großen Spannbreite: In 26 Gemeinden kletterte der Satz um 20 bis 49 Prozentpunkte, in 38 Gemeinden um 50 bis 100 Prozentpunkte und in 17 Gemeinden um mehr als 100 Prozentpunkte. Nur in acht der 701 Orte wurde der Hebesatz gesenkt.

Besonders betroffen sind laut Auswertung der Kammer Eigentümer in Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Hessen, wo die Gemeinden besonders stark drauflegten. Im Durchschnitt am höchsten seien die Hebesätze unter den Flächenländern aber nach wie vor in Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Absolute Spitzenreiter sind Gladbeck in Nordrhein-Westfalen mit einem Hebesatz von 950 Prozent und Oberursel (Hessen) mit 947 Prozent. Den niedrigsten Hebesatz weist in der Studie Ingelheim (Rheinland-Pfalz) mit 80 Prozent aus.

DIHK-Überblick "Hebesätze deutscher Städte und Gemeinden 2023" (PDF)

EY-Studie zu den Grundsteuer-Erhöhungen 2022

Die angespannte Finanzsituation in vielen Kommunen in Deutschland hat auch im vergangenen Jahr zu mehr Anhebungen bei der Grundsteuer B geführt als noch 2021: Bundesweit erhöhten 12,5 Prozent der Städte und Gemeinden den Hebesatz, wie aus einer Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervorgeht. Der durchschnittliche Hebesatz sei 2022 um 13 Prozent gestiegen, Senkungen gab es nur in einem Prozent der Kommunen.

Der Anteil der Kommunen, die im Jahr 2022 den Hebesatz erhöht haben, war laut Studie mit 26 Prozent in Nordrhein-Westfalen (NRW) am höchsten. Es folgten das Saarland (19 Prozent) und Rheinland-Pfalz (17 Prozent), noch vor Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils 16 Prozent. Deutlich geringer war den Analysten zufolge der Anteil der Städte und Gemeinden mit Erhöhungen in Thüringen (vier Prozent), Sachsen (fünf Prozent) und Sachsen-Anhalt (sechs Prozent). In dieser Studie wurden ausschließlich die Flächenländer betrachtet.

Hebesätze von 350 und mehr dominierten im Vorjahr

Im bundesweiten Schnitt lag der Grundsteuer-Hebesatz im vergangenen Jahr bei 391 Prozent, heißt es in der Analyse – fünf Prozentpunkte mehr als 2021. So stark war der Wert zuletzt 2016. Im Jahr 2005 lag der Durchschnitt noch bei einem Wert von 317. Das Bundesland mit den höchsten Durchschnittssätzen ist ebenfalls Nordrhein-Westfalen (565).

Laut EY hatten 79 Prozent aller Kommunen im vergangenen Jahr einen Hebesatz von 350 und mehr, knapp vier von zehn Gemeinden (39 Prozent) sogar Sätze von 400 oder höher. 2005 waren das fünf Prozent – 22 Prozent der Kommunen hatten damals noch einen Hebesatz von unter 300. 2022 waren es nur noch drei Prozent in diesem Bereich.

Klamme Kassen: Grundsteuer als Einnahmequelle

"Wir sehen einen bundesweiten Trend zu immer höheren Grundsteuer-Hebesätzen", sagte EY-Branchenexperte Heinrich Fleischer im August 2023, als die Studie veröffentlicht wurde. Die Entwicklung sei eine Hiobsbotschaft und berge ein hohes Maß an Ungewissheit angesichts der Grundsteuerreform: Im Zuge der Neubewertung ab Januar 2025 drohten Immobilieneigentümern und Mietern höhere Kosten – sollten nicht gleichzeitig die Hebesätze sinken.

Für die Berechnung der Grundsteuer wurde der Wert der Häuser und Wohnungen Stand 2022 festgesetzt. Haus- und Wohnungseigentümer hatten – je nach Bundesland – bis Anfang Mai 2023 Zeit, Angaben zu ihren Immobilien an das Finanzamt zu übermitteln.

EY hat für die Studie Daten des Statistischen Bundesamtes ("Hebesätze der Realsteuern") zur Entwicklung der Grundsteuer-B-Hebesätze in allen deutschen Kommunen zwischen 2005 und 2022 ausgewertet. Es handelt sich in dieser Analyse um den Durchschnittswert aller Gemeinden unabhängig von der Einwohnerzahl. Ausgenommen waren die Stadtstaaten. Stichtag war jeweils der 31. Dezember.

EY-Studie "Grundsteuer-Analyse 2023" (PDF)

Die Städte und Gemeinden setzen den Satz selbstständig fest. Von 2025 an soll im Zuge der Grundsteuerreform eine neue Berechnungsmethode gelten – es bleibt aber dabei, dass die Kommunen das letzte Wort haben. Sie nutzen die Steuer teils auch zur Sanierung des Haushalts. Laut DIHK drängt in vielen Bundesländern die kommunale Finanzaufsicht die Gemeinden, Deckungslücken durch Mehreinnahmen zu schließen, was ein Grund für die steigenden Hebesätze sei. Zum anderen werfe auch die neue Grundsteuer bereits ihre Schatten voraus.


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