Gesetzestext

 

(1) 1Das Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 463 bis 473. 2Das Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Insolvenzverwalter aus freier Hand verkauft wird.

(2) Dritten gegenüber hat das Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechts entstehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums.

(3) Steht ein nach § 1094 Abs. 1 begründetes Vorkaufsrecht einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zu, so gelten, wenn seine Übertragbarkeit nicht vereinbart ist, für die Übertragung des Rechts die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d entsprechend.

A. Der Grundsatz.

 

Rn 1

Es gelten kraft der Verweisung in I 1 die §§ 463–473. Während diese jedoch bei unmittelbarer Anwendung kraft ihrer Natur als schuldrechtliche Normen dispositiv sind, gilt dies hier nicht: Durch ihre Transformation ins Sachenrecht unterliegen sie dem hier geltenden Änderungsverbot. Unzulässig ist also zB ein Vorkaufsrecht mit limitiertem Kaufpreis (BGHDB 66, 1351; NJW 01, 2883 [BGH 27.06.2001 - IV ZR 120/00]; München Rpfleger 08, 129 [OLG München 29.10.2007 - 34 Wx 105/07], die Unwirksamkeit der Limitierungsklausel ergreift nicht das gesamte Recht).

B. Die Ausübung.

I. Frist.

 

Rn 2

Gem § 469 II beträgt die Frist zwei Monate ab Empfang der Mitteilung, § 469 I, 1099. Diese setzt voraus, dass der Kaufvertrag voll wirksam, also behördlich genehmigt sein muss (BGHZ 67, 395). Zum Inhalt der Mitteilung BGH DB 66, 1351.

II. Ausübungserklärung.

 

Rn 3

Sie ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ggü dem Eigentümer. Ungeachtet der Fassung von § 311b I 1, der auch die Erklärung von Erwerbsinteressenten dem Formzwang unterwirft, ist die Ausübungserklärung gem § 464 I 2 formfrei (Frankf NJW-RR 99, 16 [OLG Frankfurt am Main 23.04.1998 - 15 U 165/97]; MüKo/H.P. Westermann § 1098 Rz 3; aA Staud/Schermaier § 1094 Rz 33; Wufka DNotZ 90, 339). Beim Verkauf mehrerer Grundstücke zu einem Gesamtpreis ist eine Beschränkung auf einzelne Objekte möglich (BGH Rpfleger 06, 598 [BGH 23.06.2006 - V ZR 17/06]).

III. Ausübungsfolgen.

 

Rn 4

Mit dem Zugang der Ausübungserklärung entsteht ein weiterer Kaufvertrag (sog Theorie von Doppelverkauf). Es bestehen also zwei Kaufverträge (Eigentümer/Dritter und Eigentümer/Berechtigter, BGH JR 77, 241). Sie sind inhaltsgleich, § 464 II. Nur in Bezug auf diese Inhaltsgleichheit kann von einem ›Eintritt‹ in den ersten Vertrag gesprochen werden. Konstruktiv handelt es sich um zwei selbständige Verträge.

C. Die Vertragserfüllung.

I. Verhältnis Eigentümer/Berechtigter.

 

Rn 5

Hat der Eigentümer noch nicht wirksam zugunsten des Dritten verfügt, so erfüllt er zweckmäßig sogleich an den Berechtigten. Wegen der Vormerkungswirkung, Abs 2, hat der Eigentümer im Ergebnis, anders als beim schuldrechtlichen Vorkaufsrecht, keine Wahl, an wen er erfüllen will. Es gelten die allg Regeln, §§ 873, 925 (zu Genehmigungen s.u. Rn 10).

 

Rn 6

Hat der Eigentümer bereits an den Dritten voll erfüllt, so ist er trotzdem aus dem Kaufvertrag mit dem Berechtigten diesem ggü zur Auflassung verpflichtet. Er verfügt dann zwar als Nichtberechtigter, die Genehmigung des Dritten heilt dies jedoch (s.u. Rn 8).

II. Verhältnis Berechtigter/Dritter.

 

Rn 7

Ist der Käufer im Besitz des Grundstücks, ohne das Eigentum erlangt zu haben, so hat der Berechtigte ab Ausübung den Herausgabeanspruch nach § 1100 (BGH NJW 92, 236). Die §§ 987 ff gelten entspr (BGHZ 87, 296; Lüke ZfJR 97, 245). Bösgläubig iSv § 990 ist der Käufer, wenn er das Vorkaufsrecht bei Besitzerlangung kennt. Eine Ausübung wird nicht vorausgesetzt (BGHZ 87, 296).

 

Rn 8

Ist an den Dritten aufgelassen worden, so hindert das Vorkaufsrecht die Eintragung nicht. Der Dritte wird Eigentümer. Er ist jedoch gem §§ 1098 II, 888 verpflichtet, der Eintragung des Berechtigten zuzustimmen. Diese Zustimmung führt zur Konvaleszenz, § 185, der vom Verkäufer erteilten Auflassung (s.o. Rn 6). Auch eine dem Dritten bewilligte Vormerkung ändert daran nichts, denn sie ist rangschlechter als das Vorkaufsrecht, dessen Inhalt gleichfalls eine Vormerkungswirkung ist. Diese Schutzwirkung setzt bei Übereignung bereits mit dem Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts ein (BGHZ 60, 275). Allerdings kann der Dritte auch unmittelbar an den Berechtigten auflassen.

III. Verhältnis Berechtigter/Inhaber von Belastungen.

 

Rn 9

Die Vormerkungswirkung nach Abs 2 gilt auch bei Belastungen des Grundstücks. Sie setzt jedoch (anders als oben Rn 8) erst mit Eintritt der Vorkaufslage ein. Erforderlich ist der Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags einschließlich der Genehmigungen (BGHZ 60, 275). Vor diesem Zeitpunkt entstandene Belastungen sind dem Vorkaufsberechtigten ggü wirksam.

IV. Öffentlich-rechtliche u privatrechtliche Genehmigungen.

 

Rn 10

Für den durch Ausübung entstandenen Vertrag (s.o. Rn 4) gelten grds die allg Regeln. Er ist, ungeachtet der Genehmigung des Erstvertrags, jedenfalls dann (erneut) genehmigungsbedürftig, wenn das Genehmigungserfordernis personenbezogen ist. Das ist der Fall bei § 12 WEG, § 5 I ErbbauRG, § 2 GrdstVG. Zweifelhaft ist es bei § 2 GVO, weil hier nur zu prüfen ist, ob ein anhängiges Restitutionsverfahren der Veräußerung entgegensteht. Ist dies bereits beim ersten Kaufvert...

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