Gesetzestext

 

(1) Gegenstand des Nießbrauchs kann auch ein Recht sein.

(2) Auf den Nießbrauch an Rechten finden die Vorschriften über den Nießbrauch an Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1069 bis 1084 ein anderes ergibt.

A. Der Rechtsnießbrauch.

I. Grundsätze.

 

Rn 1

Auch Rechte können mit einem Nießbrauch belastet werden, sofern sie übertragbar (§ 1069 Rn 2) und nutzbar (s.u. Rn 5) sind. Diesen Rechtsnießbrauch regeln die §§ 10681084, freilich unter weitgehendem Rekurs auf die §§ 1030–1067 (s.u. Rn 8).

 

Rn 2

Praktisch bedeutsam ist insb der Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen und an Immaterialgüterrechten. In Betracht kommt auch der Nießbrauch an einem Erbanteil (Hambg FamRZ 16, 1881).

 

Rn 3

Nach hM ist der Rechtsnießbrauch ein dingliches Recht (Westermann/Gursky/Eickmann § 139, 3 mwN), also ein Recht am Recht.

II. Belastbare Rechte.

 

Rn 4

Das zu belastende Recht muss fungibel sein, § 1069 II (s § 1069 Rn 3).

 

Rn 5

Das Recht muss begriffsnotwendig nutzbar sein. Hierher gehören Aktien, Gesellschaftsanteile (Werner ZErb 15, 38) einschließlich eines Kommanditanteils (Oldbg NJW-RR 15, 814; München ZIP 16, 1675, nicht im Handelsregister eintragungsfähig), seit 18.8.09 nicht GbR-Anteile (BGH NZG 11, 228; davor: BGH NZG 15, 200), Patentrechte, Geschmacksmusterrechte, Gebrauchsmusterrechte, Markenrechte, Grundpfandrechte, Reallasten, aber nicht als Inhalt eines Altenteils (s.u. Rn 6), Dauernutzungsrechte (BGH NZM 19, 438 [BGH 06.12.2018 - V ZB 94/16] Tz 8), Forderungen, auch unverzinsliche (vgl §§ 1074, 1076) und der Anspruch auf Verschaffung einer Sache, wenn diese ihrer Natur nach nutzbar ist.

 

Rn 6

Auch das Altenteil ist nutzbar. Es ist jedoch nicht übertragbar (vgl § 1069 Rn 5).

 

Rn 7

Nicht nutzbar sind Verkaufs-und Wiederkaufsrechte.

III. Anwendbare Vorschriften.

 

Rn 8

Durch die Verweisung in Abs 2 sind die §§ 1030, 1035, 1036, 1039, 1045–1047, 1049–1055, 1057–1059c, 1059e–1061, 1063– 1067 grds anwendbar. Freilich ist, je nach dem Gegenstand des Rechtsnießbrauchs, im Einzelfall zu prüfen, ob die Anwendung einer Norm zu sinnvollen Ergebnissen führt. Typisch ist insoweit die Nichtanwendung von § 1066 beim Nießbrauchan einem Gesellschaftsanteil (s.u. Rn 10). Gehört zu einem Erbanteil, an dem ein Nießbrauch begründet ist, ein Grundstück, soll ein Nießbrauchvermerk in das Grundstück eingetragen werden können (Hambg FamRZ 16.1881).

 

Rn 9

Nicht anwendbar sind die §§ 1031–1034, 1037, 1038, 1040–1044, 1048, 1056, 1062.

B. Praktisch bedeutsame Fälle.

I. Aktien, GmbH-Anteile.

 

Rn 10

Der Gewinnanteil steht dem Nießbraucher zu (MüKo/Pohlmann § 1068 Rz 51). Keine Früchte des Nießbrauchs sind jedoch Bezugsrechte, § 186 AktG, § 55 GmbHG. Sie stehen dem Aktionär bzw Gesellschafter zu (BGHZ 58, 316). Verliert der belastete Anteil durch die Kapitalerhöhung an Wert, so besteht ein Anspruch auf Bestellung des Nießbrauchs auch am neuen Anteil. Bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erfasst der Nießbrauch unmittelbar die neuen Aktien resp Gesellschaftsanteile im Wege dinglicher Surrogation. Der Liquidationserlös, § 271 AktG, § 72 GmbHG, steht zwar dem Aktionär bzw Gesellschafter zu, ist aber mit dem Nießbrauch belastet (MüKo/Pohlmann § 1068 Rz 49).

II. Personengesellschaften.

1. Nießbrauch am Anspruch auf Gewinnanteil und Auseinandersetzungsguthaben.

 

Rn 11

Er ist rechtlich möglich, wirtschaftlich aber wenig sinnvoll, denn er gewährt nur die Nutzungen der Ansprüche, nicht aber diese selbst. Es gelten die §§ 1074, 1075, 1067. Dem Nießbraucher verbleibt nur der Zinsvorteil.

2. Nießbrauch am Gewinnstammrecht.

 

Rn 12

Er soll die (in Rn 11) aufgezeigte Problematik durch entspr Anwendung von § 1073 überwinden, doch ist er unzulässig (vgl Kruse RNotZ 02, 69 mwN), weil eine Spaltung von Verwaltungsrechten und vermögensrechtlicher Beteiligung gesellschaftsrechtlich nicht möglich ist.

3. Nießbrauch an der Mitgliedschaft (Gesellschaftsanteil).

 

Rn 13

Er setzt voraus, dass die Mitgliedschaft übertragbar ist, § 1069 II. Sie ist das wegen § 719 I aF bzw §§ 105 III, 161 II HGB nur bei entspr Vereinbarung. Es kann aber auch der Belastung mit einem Nießbrauch im Gesellschaftsvertrag oder durch einstimmigen Beschl zugestimmt werden.

 

Rn 14

Der Nießbraucher hat Anspruch auf den entnahmefähigen Gewinn (BGHZ 58, 316; DNotZ 75, 735). Dazu gehören idR auch die Zinsen (BGH WM 85, 1343).

 

Rn 15

Außerordentliche Erträge aus der Auflösung stiller Reserven durch Veräußerung von Anlagevermögen sind keine Früchte, denn sie sind keine bestimmungsgemäßen Erträge iSv § 99 II. Sie stehen dem Gesellschafter unmittelbar zu (BFH NJW 95, 1918 [BFH 01.03.1994 - VIII R 35/92]). Anders ist dies bei der Auflösung und Ausschüttung von Rücklagen; sie sind Früchte.

 

Rn 16

Das Entnahmerecht aus § 122 I HGB steht dem Nießbraucher dann zu, wenn die zu entnehmenden Beträge vom Gewinn gedeckt sind (MüKo/Pohlmann § 1068 Rz 63).

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