Gesetzestext

 

1Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Minderjährige ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. 2Nimmt der Minderjährige mit dieser Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Minderjährige die Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. 3Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vertreter den anderen von der Einwilligung in Kenntnis gesetzt hatte.

A. Normzweck und Bedeutung.

 

Rn 1

Anders als bei Verträgen soll bei einseitigen Rechtsgeschäften ein Schwebezustand und die damit verbundene Rechtsunsicherheit vermieden werden. § 111 findet sowohl Anwendung auf alle einseitigen Rechtsgeschäfte, auf geschäftsähnliche Handlungen (BRHP/Wendtland Rz 3) als auf die Bevollmächtigung (BGH NJW 90, 1721 [BGH 09.03.1990 - V ZR 244/88]; MüKo/Spickhoff Rz 4, 10). Nicht vom Anwendungsbereich erfasst ist die Sonderregelung des § 1596 für das Vaterschaftsanerkenntnis (Grüneberg/Ellenberger Rz 1) sowie die Begründung von Wertpapierangelegenheiten (MüKo/Spickhoff Rz 11).

B. Regelungsgehalt.

I. Unwirksamkeit bei fehlender Einwilligung (S 1).

 

Rn 2

Einseitige Rechtsgeschäfte, die ein Minderjähriger ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, sind unwirksam (1). Die Regelung gilt sowohl für empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte (zB Kündigung, Rücktritt, Anfechtung, Aufrechnung) als auch für nicht empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte (zB Auslobung, Eigentumsaufgabe). Die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften, die rechtlich neutral oder lediglich vorteilhaft sind, wird nicht berührt (BRHP/Wendtland Rz 8). Das wegen der fehlenden Einwilligung unwirksame Rechtsgeschäft kann nicht mehr durch den gesetzlichen Vertreter genehmigt werden, da es von Anfang an nichtig ist. Bei nicht empfangsbedürftigen Erklärungen des Minderjährigen ist generell keine Heilung, sondern nur eine Neuvornahme möglich. Bei empfangsbedürftigen Erklärungen sind ausnahmsweise die für den Vertrag geltenden §§ 108, 109 mit der Folge schwebender Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts anzuwenden, wenn der Erklärungsempfänger mit der Vornahme des Geschäfts ohne Einwilligung einverstanden ist (RGZ 76, 89, 91; Staud/Klumpp Rz 7). Ist die von dem Minderjährigen erteilte Vollmacht Bestandteil eines einheitlichen Rechtsgeschäfts, so nimmt dieses einseitige Rechtsgeschäft an der Genehmigungsfähigkeit des schwebend unwirksamen Vertrages teil, auch dann, wenn der Erklärungsempfänger die Minderjährigkeit nicht kannte (BGHZ 110, 363, 369; Grüneberg/Ellenberger Rz 1; MüKo/Spickhoff Rz 10; für eine gegenständlich beschränkte Vorratsvollmacht hingegen Daragan ZErb 15, 168, der hierbei aber verkennt, dass die Vollmachtserteilung selbst stets einen rechtlichen Nachteil bedeutet, unabhängig davon, auf welches Geschäft sie sich bezieht).

II. Unwirksamkeit infolge Zurückweisung (S 2, 3).

 

Rn 3

Auch einseitige empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte bei denen eine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorliegt, können aufgrund der Zurückweisung durch den Erklärungsempfänger (2, 3) unwirksam werden. Dies setzt voraus, dass der Minderjährige die Einwilligung dem Erklärungsempfänger nicht in schriftlicher Form vorgelegt hat und dieser in Unkenntnis der Einwilligung das Rechtsgeschäft unverzüglich (§ 121) zurückweist. Die Zurückweisung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die sowohl ggü dem gesetzlichen Vertreter (analog § 109) als auch ggü dem Minderjährigem erklärt werden kann (Soergel/Hefermehl Rz 4). Die Zurückweisung führt zur anfänglichen Unwirksamkeit der Willenserklärung des Minderjährigen. Erfolgt keine unverzügliche Zurückweisung durch den Erklärungsempfänger, so ist das Rechtsgeschäft auch dann wirksam, wenn der Minderjährige nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit Einwilligung handelte (RGZ 50, 212).

C. Beweislast.

 

Rn 4

Derjenige, der sich auf die Wirksamkeit des einseitigen Rechtsgeschäftes beruft, hat die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zu beweisen. Der Erklärungsempfänger, der sich trotz Vorliegen einer Einwilligung auf die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäftes beruft, muss die rechtzeitige Zurückweisung beweisen. Zur Entkräftung hat derjenige, der sich auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes beruft zu beweisen, dass die Einwilligung in schriftlicher Form vor Zurückweisung vorgelegen hat oder der Erklärungsempfänger vor Zurückweisung Kenntnis von der Einwilligung hatte (Grüneberg/Ellenberger Rz 6; Soergel/Hefermehl Rz 6).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge