Gesetzestext

 

Eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 abgegebene Erklärung wird nicht dadurch unwirksam, dass der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die dingliche Einigung muss zum rechtsgeschäftlichen Erwerb im Zeitpunkt der Eintragung noch vorliegen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Berechtigte nach Einigung aber vor Eintragung in der Verfügungsbefugnis beschränkt wird und der Verfügungsbefugte der Verfügung nicht zustimmt (Ddorf DNotZ 81, 132). Für den Begünstigten ist dies eine nicht zu beeinflussende Unsicherheit, die umso größer ist, je länger das Eintragungsverfahren dauert. Da die Dauer des Eintragungsverfahrens nicht zu Lasten des Begünstigten gehen darf, ist dieser unter den Voraussetzungen des § 878 geschützt und die Eintragung wie beantragt zu vollziehen.

B. Erklärung gem §§ 873, 875, 877.

 

Rn 2

Von § 878 sind rechtsgeschäftliche und diesen – aufgrund des Normzwecks – gleichgestellte Erklärungen erfasst.

I. Rechtsgeschäftliche Erklärung.

1. Direkte Anwendung.

 

Rn 3

findet § 878 auf jede Willenserklärung, die auf die dingliche Einigung zur Übertragung und Belastung (§ 873), Inhaltsänderung (§ 877) oder Aufhebung (§ 875) eines Grundstücksrechts (vgl § 873 Rn 3) gerichtet ist.

2. Entsprechende Anwendung.

 

Rn 4

findet § 878 kraft Verweisung in §§ 880, 1109, 1116, 1132, 1154, 1168, 1180, 1188, 1196; §§ 3, 8, 9 SchiffsRG. § 878 gilt aufgrund des Normzwecks entspr bei anderen freiwilligen Erklärungen des Berechtigten im rechtsgeschäftlichen Verkehr, insb bei Bewilligungen zur Eintragung von Widerspruch und Vormerkung (BGHZ 138, 186; ZIP 05, 627) und Grundbuchberichtigung (Soergel/Stürner Rz 2, str), nicht dagegen, wenn diese aufgrund einstweiliger Verfügung eingetragen werden sollen (KG HRR 34 Nr 167). Auf einseitige rechtsgeschäftliche Erklärungen zur Belastung, Aufhebung und Inhaltsänderung von Rechten am eigenen Grundstück sowie auf die Teilungserklärungen nach § 8 WEG ist § 878 entspr anwendbar, auch wenn kein an der Erklärung beteiligter Dritter direkt zu schützen ist (BGH DNotZ 17, 121 [BGH 12.10.2016 - V ZB 198/15]; LG Leipzig MittBayNot 00, 324; Soergel/Stürner Rz 2; Grüneberg/Herrler Rz 4; aA LG Köln MittRhNotK 84, 16; Schöner/Stöber Rz 113). Das gilt für Antrag vor Inkrafttreten von § 250 BauGB und einer RV gem § 250 Abs 1 S 3 BauGB (KG DNotZ 22, 120 [KG Berlin 16.11.2021 - 1 W 347/21]). § 878 ist nicht entspr anwendbar auf gerichtlich erzwungene Erklärungen des Berechtigten (vgl §§ 885, 899) und Verfügungen in der Zwangsvollstreckung (BGHZ 9, 252; aA MüKo/Lettmaier Rz 27 mit Streitstand). Etwas anderes gilt für fingierte Erklärungen nach §§ 894, 895 ZPO, weil diese eine Willenserklärung oder Bewilligung ersetzen und diesen damit gleichstehen (BGHZ 9, 252; Staud/Gursky Rz 15).

II. Wirksamkeit.

 

Rn 5

Es müssen grds alle Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt sein, so dass alleine der Wegfall der Verfügungsmacht die Eintragung hindert. Es müssen etwa erforderliche privatrechtliche Genehmigungen (§§ 177, 182 ff, § 12 WEG, Frankf ZInsO 06, 271 f) oder Zustimmungen Dritter (§§ 876, 880, 1071, 1178) vorliegen (MüKo/Lettmaier Rz 21). Ferner muss bei einem Briefrecht zumindest eine Vereinbarung nach § 1117 II getroffen sein (KG NJW 75, 878 [KG Berlin 19.02.1974 - 1 W 54/74]) und zum Erwerb einer Hypothek das Darlehen ausgezahlt sein (vgl MüKo/Lettmaier Rz 19). Nach zutreffender Ansicht (Hamm JMBl NRW 51, 93; JMBl 48, 244; Rostock EWiR 96, 839 (Johlke); Staud/Gursky Rz 38; Schöner/Stöber Rz 122; Grüneberg/Herrler Rz 15; aA MüKo/Lettmaier Rz 20) muss auch eine behördliche Genehmigung vor Eintritt der Verfügungsbeschränkung erteilt sein, weil der Begünstigte durch § 878 allein vor der Dauer des Eintragungsverfahrens geschützt werden soll. Ohne behördliche Genehmigung würde eine Eintragung auch dann nicht erfolgen, wenn die Eintragung zeitlich unmittelbar nach Beantragung erfolgen könnte. Es genügt daher insb nicht, dass die behördliche Genehmigung beantragt ist und später erteilt wird (Köln NJW 55, 80; Soergel/Stürner Rz 5; Erman/Lorenz Rz 15) oder ohne beantragt zu sein, später erteilt wird (so wohl aber MüKo/Lettmaier Rz 20).

III. Berechtigter.

 

Rn 6

Die Erklärung muss von allen Berechtigten abgegeben sein. Dies sind die materiellen Rechtsinhaber (BGHZ 49, 207) zum Zeitpunkt der Eintragung (BGH NJW 63, 36; Frankf OLGZ 80, 103). Verfügt der materielle Rechtsinhaber und verliert dieser die Rechtsinhaberschaft vor Eintragung, schützt § 878 nicht (BayObLG MittBayNot 75, 228), sondern allenfalls § 892, falls das Grundbuchamt die Eintragung dennoch vollzieht (BRHP/Kössinger Rz 10).

1. Verfügungsbefugter.

 

Rn 7

Berechtigter iSd § 878 ist auch ein kraft Gesetzes Verfügungsbefugter (zB Insolvenzverwalter; Soergel/Stürner Rz 7; MüKo/Lettmaier Rz 11).

2. Buchberechtigter.

 

Rn 8

Ist der Erklärende nur Buchberechtigter – im Grundbuch eingetragener Nichtberechtigter – und wird er in der Verfügungsbefugnis beschränkt, gilt § 878 für dessen Erklärung aufgrund des Rechtsgedankens des § 892 entspr (Soergel/Stürner Rz 7a; Grüneberg/Herrler Rz 5; aA RGRK/Augustin Rz 2).

3. Ermächtigter (§ 185 I).

 

Rn 9

Verfügt ein nicht i...

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