Rn 1

Im Grundsatz sind anwendbar die allgemeinen Vorschriften der §§ 355–370. Ergibt sich im selbstständigen Beweisverfahren ein Hindernis der Beweisaufnahme, greift betreffend das Hauptsacheverfahren indes nicht § 356, insoweit kann nämlich keine Verzögerung der Hauptsacheentscheidung eintreten; vielmehr kann das Beweismittel in der Hauptverhandlung erneut gebracht werden. Für den richterlichen Augenschein sind zusätzlich anwendbar §§ 371–372a, für die Zeugenvernehmung §§ 373–401 und für die Einholung eines Gutachtens §§ 402–414.

 

Rn 2

§ 17a GVG – Rechtswegbindung – ist im selbstständigen Beweisverfahren anwendbar (ArbG Limburg NZA-RR 06, 732; Musielak/Voit/Huber § 486 Rz 3). § 15a EGZPO – obligatorisches Güteverfahren vor einer von der Landesjustizverwaltung eingerichteten und anerkannten Gütestelle – gilt nicht im selbstständigen Beweisverfahren. §§ 36, 281 sind anwendbar (Brandbg MDR 06, 1184 [OLG Brandenburg 06.04.2006 - 1 AR 12/06]). Prorogation gem § 39 ist ausgeschlossen (dazu § 486 Rn 4). Die §§ 42–48 betreffend eine Befangenheit des Richters sind anwendbar; nach Befangenheitsablehnung ist im selbstständigen Beweisverfahren grds jede richterliche Maßnahme unaufschiebbar iSd § 47 I; auf eine fristsetzende richterliche Verfügung hat sogleich das Ablehnungsverfahren zu folgen. Es wird nun vertreten, dass eine Partei, welche die Ablehnung des Richters im selbstständigen Beweisverfahren unterlässt, dieses Recht im nachfolgenden Hauptsacheverfahren wahrnehmen kann (Zweibr IBR 13, 447 [KG Berlin 10.04.2013 - 9 W 94/12]; BGH 29.11.16 – VI ZB 23/16). §§ 67, 74 gelten für das selbstständige Beweisverfahren, sodass der Streithelfer Prozesshandlungen in einem selbstständigen Beweisverfahren nur dann wirksam vornehmen kann, wenn seine Erklärungen und Handlungen nicht im Widerspruch zu denen der Hauptpartei stehen; der entgegenstehende Wille kann sich konkludent aus Handlungen der Partei ergeben (Dresd IBR 04, 468; Brandbg 8.4.08 – 12 W 9/08); anwendbar sind ferner die Regelungen über das Zwischenstreitverfahren iSd § 71 (LG Darmstadt IBR 13, 1040). § 139 ist gilt nicht nur bzgl Hinweise zur Unzulässigkeit des Antrags und bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sondern umfassend (Stuttg NJW 01, 1145 [OLG Stuttgart 06.12.2000 - 19 W 69/00]; Saarbr OLGR 08, 26). Zur Anwendung der §§ 142, 144 vgl § 491 Rn 2.

Anwendbar ist die Regelung des § 225 III (Nürnb IBR 12, 1163). § 239 ist nicht anwendbar (Ulrich sBV Teil 5 Rz 208. AA München BauR 04, 533; Werner/Pastor Rz 6); stirbt der Antragsgegner vor Beendigung des Verfahrens, kommt in analoger Anwendung des § 494 II die Bestellung eines Vertreters (dazu § 494 Rn 1) in Betracht (FA-BauR/Keldungs 13. Kap B Rz 23). § 240 ist nicht anwendbar (BGH IBR 04, 111 [BGH 11.12.2003 - VII ZB 14/03]) mit Ausnahme des Verfahrens nach § 494a (BGH IBR 11, 383 [BGH 23.03.2011 - VII ZB 128/09]); ein Beschluss, mit dem wegen Insolvenz einer Partei die Unterbrechung des selbstständigen Beweisverfahrens festgestellt worden ist, kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (Karlsr IBR 15, 231). ›Ruhen‹ gem § 251 kann angeordnet werden, wenn die Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens dies übereinstimmend damit begründen, dass Einigungsgespräche geführt werden (KG NJW-RR 96, 1086; Ddorf BauR 08, 2088. AA MüKoZPO/Gehrlein § 251 Rz 4). Ein Parteiwechsel auf Antragstellerseite im selbstständigen Beweisverfahren ist generell sachdienlich, wenn die streitige Forderung, zu deren Voraussetzungen Beweis erhoben werden soll, an den neuen ASt abgetreten wurde; § 265 II 2 (= kein Eintritt es Rechtsnachfolgers in den Prozess ohne Zustimmung des Gegners) findet im selbstständigen Beweisverfahren keine Anwendung, wenn kein schutzwürdiges Interesse des Gegners ersichtlich ist, das dem Parteiwechsel entgegensteht (Karlsr IBR 15, 231 [OLG Karlsruhe 29.10.2014 - 9 W 19/14]). § 282 ist im selbstständigen Beweisverfahren nicht zu Lasten des Antragsgegners, dem die Beteiligung am selbstständigen Beweisverfahren freisteht, anzuwenden. § 285 II passt nicht für das selbstständige Beweisverfahren; die Parteien können sich, auch wenn das selbstständige Beweisverfahren vor einem anderen Gericht lief, auf das Ergebnis des selbstständigen Beweisverfahrens beziehen (dazu § 493 Rn 3). Zur Anwendung des § 296 vgl § 493 Rn 5. § 348 I 2 (Zuständigkeit der Kammer) gilt auch für selbstständige Beweisverfahren (Saarbr IBR 13, 1057). Anwendbar ist § 355 II, wonach Entscheidungen über die Art der Durchführung der Beweisaufnahme grds nicht anfechtbar sind (BGH IBR 10, 729 [BGH 09.02.2010 - VI ZB 59/09]; BGH IBR 443; BGH WuM 12, 47 [BGH 17.08.2011 - VIII ZB 57/10]); weil in der Zurückweisung des Antrags auf persönliche Anhörung des Sachverständigen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt, besteht insoweit indes die ausnahmsweise Anfechtungsmöglichkeit (BGH IBR 05, 718 [BGH 13.09.2005 - VI ZB 84/04]; Köln IBR 13, 1303).

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