Fristlose Kündigung der Wohnung durch Vermieter
Ein Vermieter kann ein Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Eine Abmahnung ist in der Regel dann erforderlich, wenn das beanstandete Verhalten grundsätzlich behebbar ist (§ 543 Abs. 3 BGB).
Gerichtsentscheidungen zur fristlosen Kündigung einer Wohnung betreffen häufig Fälle, in denen die Miete nicht pünktlich bezahlt oder der Hausfrieden nachhaltig gestört wird. Eine Auswahl solcher und anderer Fälle.
Nachhaltige Störung des Hausfriedens
Rassistische Beleidigung durch einen Mieter
Wenn ein Mieter den Vermieter rassistisch oder menschenverachtend beleidigt, kann das zu einer fristlosen Kündigung der Wohnung führen. Das Amtsgericht Hannover gab der Räumungsklage des Vermieters statt. Ein Kündigungsgrund lag vor, weil dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden konnte. Eine Abmahnung ist in der Regel nicht nötig, wenn schwere Pflichtverletzungen das Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter sofort und irreparabel zerstören.
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.
(AG Hannover, Urteil v. 10.9.2025, 465 C 781/25)
Einmaliger Vorfall kann für fristlose Kündigung reichen
Ein Mieter eines Mehrparteienhauses, der dem polizeilichen Notruf wissentlich erfundene Tatsachen über einen anderen Mieter mitgeteilt und einen größeren Polizeieinsatz bei einem anderen Mieter ausgelöst hat, kann den Hausfrieden so schwerwiegend stören, dass eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB), hat das Landgericht München I entschieden.
Nach umfassender Beweiserhebung und Beweiswürdigung durch die Erstinstanz, dem das Gericht folgte, kam die Zweitinstanz zu der Überzeugung, dass der Notruf wegen einer Ruhestörung erfolgte. Die behaupteten Gründe, es würden in der Nachbarwohnung regelmäßig Naziparolen gegrölt, waren verleumderischen Inhalts.
Zwar reichen kurze oder einmalige Störungen des Hausfriedens regelmäßig nicht für eine fristlose Kündigung. Allerdings kann nach Auffassung des Gerichts auch ein einmaliger Vorfall den Hausfrieden so schwer stören, dass unter Abwägung aller Interessen eine Fortsetzung für den Vermieter nicht zumutbar ist. Eine Abmahnung war ausnahmsweise entbehrlich, da sie die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien nicht wiederhergestellt hätte.
(LG München I, Hinweisbeschluss v. 13.7.2023, 14 S 6310/23)
Ehrverletzende Aussagen gegenüber Dritten
Behauptet eine Mieterin gegenüber anderen Mietern wahrheitswidrig, der Vermieter habe sie sexuell belästigt und sei geldgierig, kann das eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Anschuldigungen sind derart massiv, dass dem Vermieter nicht zugemutet werden konnte, das Mietverhältnis fortzusetzen, urteilte das Amtsgericht München in einem Fall.
(AG München, Urteil v. 19.3.2015, 412 C 29251/14)
Cannabis-Konsum und andere Störungen
Ein Mieter tyrannisierte seine Nachbarn und konsumierte Cannabis in seiner Wohnung. Der Vermieter kündigte den Vertrag fristlos und verklagte ihn auf Räumung. Das Amtsgericht Brandenburg (Havel) entschied, dass die Kündigung wirksam war. Der Mieter habe seine vertraglichen Pflichten erheblich verletzt.
(AG Brandenburg, Urteil v. 30.4.2024, 30 C 196/23)
Vertragsverletzung: Abmahnung und Frist
Mietsache unbefugt Dritten überlassen
Liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor, weil der Mieter die Mietsache unbefugt Dritten überlassen hat, ist die fristlose Kündigung erst nach Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig, entschied das Landgericht Amberg. Die Abmahnung war hier auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
Das ist nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB der Fall, wenn eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist.
(LG Amberg, Urteil v. 9.8.2017, 24 S 299/17)
Das Landgericht Berlin hielt eine fristlose Kündigung der Überlassung einer gemieteten Wohnung an Touristen für unwirksam. Der Vertragspflichtverletzung komme erst nach einer erfolglosen Abmahnung das für eine Kündigung erforderliche Gewicht zu.
(LG Berlin, Beschluss v. 27.7.2016, 67 S 154/16)
Gerichtlich titulierte Verpflichtung nicht beachtet
Eine gerichtlich titulierte Duldungspflicht darf nicht durch den Mieter willkürlich weiter eingeschränkt werden, so das Amtsgericht Hamburg. Die Nichtbefolgung ist eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung und rechtfertig grundsätzlich eine fristlose Kündigung. Das Setzen einer Abhilfefrist nach § 543 Abs. 3 BGB war überflüssig, da die vertragliche Pflicht aus dem Mietverhältnis und das Verlangen des Vermieters bereits im Klageverfahren deutlich wurden. Eine nochmalige Fristsetzung wäre eine sinnlose Förmlichkeit, so das Gericht.
(AG Hamburg, Urteil v. 4.7.2025, 49 C 237/24)
Mieter lassen Hunde trotz Abmahnung frei laufen
Lässt ein Mieter trotz wiederholter Abmahnungen seine Hunde frei auf den Gemeinschaftsflächen eines Mehrfamilienhauses herumlaufen, kann die fristlose Kündigung des Mietvertrages gerechtfertigt sein. Das freie Laufenlassen der Hunde entgegen der Hausordnung und ungeachtet mehrerer Abmahnungen ist laut Bundesgerichtshof eine erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten.
(BGH, Beschluss v. 2.1.2020, VIII ZR 328/19)
Verstoß gegen eine Abmahnung
Hat der Vermieter den Mieter abgemahnt, ist eine fristlose Kündigung, die mehr als drei Monate nach einem erneuten Verstoß ausgesprochen wird, laut einem Urteil des Amtsgerichtshofs Tempelhof-Kreuzberg verspätet.
(AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil v. 14.2.2013, 8 C 192/12)
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Mietrückstand: Unpünktliche Mietzahlung
Jobcenter zahlt Mieten unregelmäßig
Die mehrfach unpünktliche Mietzahlung durch das Jobcenter kann für Vermieter einen Grund darstellen, den Mietvertrag fristlos zu kündigen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Ob eine darauf gestützte Kündigung wirksam ist, ist eine Frage des Einzelfalls.
(BGH, Urteil v. 29.6.2016, VIII ZR 173/15)
Sozialhilfeberechtigter Mieter zahlt unpünktlich
Der Vermieter einer Wohnung darf laut Bundesgerichtshof auch dann fristlos kündigen, wenn der sozialhilfeberechtigte Mieter die Miete nicht pünktlich zahlen kann, nachdem er zwar rechtzeitig Sozialhilfe beantragt hat, diese aber nicht rechtzeitig bewilligt worden ist.
(BGH, Urteil v. 4.2.2015, VIII ZR 175/14)
Gesamtrückstand für Kündigung maßgeblich
Ob ein Mietrückstand für zwei aufeinanderfolgende Termine so erheblich ist, dass er eine fristlose Kündigung rechtfertigt, richtet sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur nach der Höhe des Gesamtrückstandes.
(BGH, Urteil v. 8.12.2021, VIII ZR 32/20)
Keine zeitliche Schranke für Ausspruch der Kündigung
Der Vermieter einer Wohnung kann eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs auch auf ältere Mietrückstände stützen, lautet die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs.
(BGH, Urteil v. 13.7.2016, VIII ZR 296/15)
Nichtzahlung von erhöhter Miete
Die fristlose Kündigung durch den Vermieter wegen eines Zahlungsrückstands mit Beträgen, um die er die Betriebskostenvorauszahlungen einseitig erhöht hat, ist wirksam. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
(BGH, Urteil v. 18.7.2012, VIII ZR 1/11)
Lesen Sie zum Thema unpünktliche Mietzahlung auch diese Urteilssammlung:
Unpünktliche Mietzahlung: Liegt ein Kündigungsgrund vor?
Straftaten und fristlose Kündigung
Stromdiebstahl rechtfertigt fristlose Kündigung
Wenn Mieter einer Wohnung die Baustromversorgung im Haus des Vermieters anzapfen, handelt es sich um Stromdiebstahl. Der rechtfertigt die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter, wie das Amtsgericht Wedding entschieden hat. Selbst wenn nicht der Mieter selbst, sondern sein Besucher den Strom entnommen haben sollte, ist die Kündigung berechtigt.
(AG Wedding, Urteil v. 10.2.2015, 11 C 103/14)
Falsche Selbstauskunft vor Vertragsschluss
In einem Fall vor dem Amtsgericht München hatte eine Räumungsklage Erfolg. Die Vermieter konnten den Mietvertrag wegen der falschen Selbstauskunft und den wiederholten Zahlungsrückständen fristlos kündigen. Daran ändert auch die Nachzahlung der Miete durch die Mieter nichts.
(AG München, Urteil v. 30.6.2015, 411 C 26176/14)
Illegaler Waffenbesitz in der Mietwohnung
Durch die rechtswidrige Aufbewahrung einer Waffe und Munition in der Wohnung hat die Mieterin besonders schwerwiegend gegen ihre vertraglichen Obhutspflichten verstoßen und damit zugleich den Hausfrieden nachhaltig gestört. Es war der Vermieterin nicht zuzumuten, das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Die fristlose Kündigung des Mietvertrages war laut Landgericht Berlin wirksam.
(LG Berlin, Beschluss v. 25.6.2018, 65 S 54/18)
Schutzpflicht bei Drohungen gegen Mieter
Droht ein Mieter einem anderen Hausbewohner mit Körperverletzung, kann das Mietverhältnis fristlos gekündigt werden. Das entschied das Amtsgericht in Frankfurt am Main: Der Vermieterin ist es nicht zuzumuten, das Mietverhältnis fortzusetzen. Sie hat gegenüber den anderen Mietern eine Schutzpflicht.
(AG Frankfurt am Main, Urteil v. 26.3.2015, 33 C 3506/14)
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