Schlüssel für Schließanlage verloren: Wer muss zahlen?

Verliert ein Mieter einen oder gleich mehrere Wohnungsschlüssel, kann das sehr teuer werden. Etwa dann, wenn die Schließanlage eines Mehrfamilienhauses ausgetauscht werden muss. Wer zahlt das? Was Vermieter beachten müssen und wo sie eine Mitschuld trifft, sagen die Gerichte.

Der Schlüssel ist weg – und nun? Grundsätzlich gilt: Ein Mieter muss auf die vom Vermieter ausgehändigten Schlüssel aufpassen und mögliche Schäden vermeiden. Das ist seine sogenannte Obhutspflicht für die vom Vermieter bereitgestellten Schlüssel. Sind ein oder mehrere Schlüssel abhanden gekommen, muss der Mieter das dem Vermieter oder der Hausverwaltung melden.

Der Mieter darf nicht eigenmächtig einen Schlüssel nachmachen lassen. Ob ein Schlüssel nachgemacht wird oder ob aus Sicherheits- oder Haftungsgründen in einem Mehrfamilienhaus die komplette Schließanlage ausgetauscht werden muss – das entscheidet der Vermieter. Die Frage ist: Wer zahlt das dann? Kann der Vermieter die gesamten Kosten vom Mieter verlangen? Das ist abhängig vom Verschulden am Schlüsselverlust und ob tatsächlich eine Missbrauchsgefahr besteht. So haben die Gerichte entschieden.

Schlüsselverlust: Aufklärungspflichten des Vermieters

In einem jüngsten Urteil zum Thema Schlüsselverlust, kam das Landgericht (LG) München (Urteil v. 18.6.2020; Az. 31 S 12365/19) zu dem Schluss, dass ein Mieter nicht zwangsläufig die vollen Kosten zu tragen hat, wenn die Schließanlage des Mehrfamilienhauses komplett ausgetauscht werden muss. Im verhandelten Fall hatte ein Mieter alle vier Wohnungsschlüssel verloren.

Knapp drei Jahre zuvor war eine neue Schließanlage eingebaut worden. Der Vermieter tauschte diese nach dem Verlust der Schlüssel erneut aus und forderte die Kosten von fast 2.000 Euro komplett vom Mieter zurück. Das Gericht entschied, dass der Mieter die Kosten nur anteilig zahlen muss: Für die Hauseingangstür und die eigene Wohnungstür.

Auf Schlüsselversicherung hingewiesen?

Begründung: Den Vermieter treffe eine erhebliche Mitschuld. Dieser hätte dem Mieter beim Einbau der Zentralschlossanlage vor drei Jahren über den ungewöhnlich hohen Schaden im Fall eines Schlüsselverlusts aufklären müssen. Der Mieter hätte sich dann mit einer verhältnismäßig günstigen Schlüsselversicherung absichern können.

Schließanlage erweiterbar?

Der Vermieter ist außerdem verpflichtet, den Mieter darauf hinzuweisen, dass eine Schließanlage nicht erweiterbar ist, sonst trägt er im Schadensfall die Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass er keine erweiterbare Schließanlage gewählt hat, selbst. Bei nicht erweiterbaren Anlagen könne alternativ zum Austausch der Schließanlage auch ein separates Wohnungstürschloss eingebaut werden, so die Richter, der Mieter habe dann zwei verschiedene Schlüssel.

Schlüsseldienst: Die Schuld kann auch den Vermieter treffen

Kommt dann ein Schlüsseldienst, muss in der Regel der Mieter für die Kosten aufkommen, wenn er den Schlüsseldienst-Einsatz selbst verursacht hat. Das ist der Fall, wenn er den Schlüssel verliert oder der Schlüssel gestohlen wurde. Auch wenn der Schlüssel im Schloss abbricht, zahlt der Mieter. Muss der Schlüsseldienst gerufen werden muss, weil der Vermieter zuvor ein kaputtes Schloss nicht repariert hat, dann steht der Vermieter in der Schuld. Denn er muss die Mietsache in einem bewohnbaren Zustand halten. Darauf weist der Eigentümerverband Haus und Grund hin.

Schließanlagen-Austausch: Abstraktes Gefährdungspotenzial reicht nicht

Außerdem stellte das LG München klar, dass im Einzelfall entschieden werden muss, wie erheblich die Missbrauchsgefahr durch den Verlust der Schlüssel ist oder ob die ganze Anlage ausgetauscht werden muss. Das abstrakte Gefährdungspotenzial durch den Schlüsselverlust alleine stellt demnach noch keinen erstattungsfähigen Vermögensschaden dar. Es muss aus objektiver Sicht unter den gegebenen Einzelfallumständen eine konkrete Missbrauchsgefahr bestehen.

Wenn sich der Vermieter "unter nüchterner Betrachtung der Einzelfallumstände zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr" veranlasst sieht und die gesamte Schließanlage austauscht, muss er das mit dem konkreten Gefährdungspotenzial begründen.

Schlüssel weg – Mieter muss für Schließanlage nur bei erfolgtem Austausch aufkommen

Das LG München bezog in seiner Urteilsfindung auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil v. 5.3.2014, Az. VIII ZR 205/13). Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat entschied damals auch, dass der Mieter zahlen muss, sofern eine konkrete Missbrauchsgefährdung vorliegt.

Der Vermieter kann vom Mieter, der den Schlüssel verloren hat, aber nur dann Schadensersatz für den Austausch der kompletten Schließanlage verlangen, wenn er die Schließanlage tatsächlich ausgetauscht hat. Erst dann kann von einem Vermögensschaden gesprochen werden.

Vermieter kann nicht ohne Grund die Mietkaution einbehalten

Im BGH-Fall hat der Vermieter einer Eigentumswohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses zwei Wohnungsschlüssel übergeben. Nachdem das Mietverhältnis geendet hatte, gab der Mieter dem Vermieter nur einen Schlüssel zurück. Hierüber informierte der Vermieter die Hausverwaltung. Diese verlangte vom Vermieter die Zahlung eines Kostenvorschusses von 1.468 Euro – aus Sicherheitsgründen müsse die Schließanlage ausgetauscht werden. Die Hausverwaltung kündigte an, den Austausch der Schließanlage zu beauftragen, sobald der Vorschuss eingegangen sei.

Der Vermieter zahlte den Vorschuss nicht, behielt aber die Kaution des Mieters von 500 Euro ein und verlangte vom Mieter die Zahlung von 968 Euro an die Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Schließanlage wurde nicht ausgetauscht. Der BGH gibt dem Mieter Recht. Ein Vermögensschaden entsteht erst, wenn die Schließanlage tatsächlich ausgetauscht worden ist. Dies war hier nicht der Fall, sodass die Klage keinen Erfolg hatte. Der Vermieter kann keinen Schadensersatz für den Austausch der Schließanlage verlangen.

Schließanlage: Fiktive Schadensberechnung ausgeschlossen

Vor dem Landgericht Freiburg (LG Freiburg, Urteil v. 23.4.2013, Az. 9 S 154/12) begehrte die Vermieterin eines Gewerbeobjekts die Feststellung der Ersatzpflicht einer Mieterin für den Austausch der Sicherheitsschließanlage in Höhe eines Kostenvoranschlags, sobald ihr die Kosten entstanden sind.

Grundsätzliche Ersatzpflicht auch bei Drittverschulden

Hat ein Mieter den Verlust des Schlüssels zu verantworten, wird er schadensersatzpflichtig, auch dann, wenn einen Dritten die Schuld trifft. Im vorliegenden Fall hat ein von der Mieterin beauftragter Reinigungsdienst den Schlüssel verloren. Die Schließanlage wurde allerdings nicht ausgetauscht. Die Klage der Vermieterin hatte auch hier keinen Erfolg. Hat der Mieter einen zu einer Schließanlage gehörenden Schlüssel verloren, kann der Vermieter nur den Schaden ersetzt verlangen, der ihm konkret durch den Austausch der Schlösser entstanden ist.

Eine fiktive Schadensberechnung aufgrund eines Kostenvoranschlags für den Austausch der Schließanlage ist ausgeschlossen, so das Gericht, denn das mit dem Verlust eines Schlüssels einhergehende Hinnehmen einer gesteigerten Einbruchsgefahr führt nicht zu einem kommerzialisierbaren Schaden hinsichtlich der Schließanlage.


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