Schließanlage: Wer muss bei Schlüsselverlust zahlen?

Verliert ein Mieter einen Wohnungsschlüssel, kann das teuer werden. Besonders dann, wenn die Schließanlage eines Mehrfamilienhauses ausgetauscht werden muss. Wer zahlt bei Schlüsselverlust? Das sagen die Gerichte.

Grundsätzlich gilt: Ein Mieter muss auf die vom Vermieter ausgehändigten Schlüssel aufpassen und mögliche Schäden vermeiden. Das ist seine Obhutspflicht für die bereitgestellten Schlüssel. Sind ein oder sogar gleich mehrere Schlüssel abhanden gekommen, muss der Mieter das dem Vermieter oder der Hausverwaltung melden.

Mieter dürfen nicht eigenmächtig handeln. Ob ein Schlüssel nachgemacht wird oder ob aus Sicherheits- oder Haftungsgründen in einem Mehrfamilienhaus die komplette Schließanlage ausgetauscht werden muss, das entscheidet der Vermieter. Die Frage ist dann: Wer zahlt das?

Ob der Vermieter die gesamten Kosten vom Mieter verlangen kann, ist zum Beispiel abhängig vom Verschulden am Schlüsselverlust und ob tatsächlich eine Missbrauchsgefahr besteht. Ein Überblick zur Rechtsprechung.

Schlüsselverlust: Aufklärungspflichten des Vermieters

Das Landgericht München kam zu dem Schluss, dass ein Mieter nicht zwangsläufig die vollen Kosten zu tragen hat, wenn die Schließanlage des Mehrfamilienhauses komplett ausgetauscht werden muss. Im verhandelten Fall hatte ein Mieter alle vier Wohnungsschlüssel verloren.

Drei Jahre zuvor war eine neue Schließanlage eingebaut worden. Der Vermieter tauschte diese nach dem Verlust der Schlüssel erneut aus und forderte die Kosten von knapp 2.000 Euro komplett vom Mieter zurück. Das Gericht entschied, dass der Mieter die Kosten nur anteilig zahlen muss: Für die Hauseingangstür und die eigene Wohnungstür.

Vermieter muss auf Schlüsselversicherung hinwiesen

Die Begründung des Gerichts: Den Vermieter treffe eine erhebliche Mitschuld. Dieser hätte den Mieter beim Einbau der Zentralschlossanlage über den ungewöhnlich hohen Schaden im Fall eines Schlüsselverlusts aufklären müssen. Der Mieter hätte sich dann mit einer verhältnismäßig günstigen Schlüsselversicherung absichern können.

Erweiterbare Schließanlage oder separates Wohnungstürschloss

Der Vermieter ist außerdem verpflichtet, den Mieter darauf hinzuweisen, dass eine Schließanlage nicht erweiterbar ist, sonst trägt er im Schadensfall die Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass er keine erweiterbare Schließanlage gewählt hat. Bei nicht erweiterbaren Anlagen könne alternativ zum Austausch der Schließanlage auch ein separates Wohnungstürschloss eingebaut werden, so die Richter, der Mieter habe dann zwei verschiedene Schlüssel.

(LG München, Urteil v. 18.6.2020, 31 S 12365/19)

Schließanlagen-Austausch: Abstraktes Gefährdungspotenzial

Außerdem stellte das LG München klar, dass im Einzelfall entschieden werden muss, wie erheblich die Missbrauchsgefahr durch den Verlust der Schlüssel ist oder ob die ganze Anlage ausgetauscht werden muss.

Das abstrakte Gefährdungspotenzial durch den Schlüsselverlust alleine stellt noch keinen erstattungsfähigen Vermögensschaden dar. Es muss aus objektiver Sicht unter den gegebenen Einzelfallumständen eine konkrete Missbrauchsgefahr bestehen.

Sieht sich der Vermieter "unter nüchterner Betrachtung der Einzelfallumstände zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr" veranlasst und tauscht die gesamte Schließanlage aus, muss er das mit dem konkreten Gefährdungspotenzial begründen.

Schlüssel weg – Austausch der Schließanlage

Das LG München bezog sich in seiner Urteilsfindung auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat entschied damals auch, dass ein Mieter zahlen muss, sofern eine konkrete Missbrauchsgefährdung vorliegt.

Der Vermieter kann vom Mieter, der den Schlüssel verloren hat, aber nur dann Schadensersatz für den Austausch der kompletten Schließanlage verlangen, wenn er die Schließanlage tatsächlich ausgetauscht hat. Erst dann kann von einem Vermögensschaden gesprochen werden.

(BGH, Urteil v. 5.3.2014, VIII ZR 205/13)

Vermieter kann nicht ohne Grund die Mietkaution einbehalten

Im BGH-Fall hatte der Vermieter einer Eigentumswohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses zwei Wohnungsschlüssel übergeben. Nachdem das Mietverhältnis geendet hat, gab der Mieter dem Vermieter nur einen Schlüssel zurück. Hierüber informierte der Vermieter die Hausverwaltung. Diese verlangte vom Vermieter die Zahlung eines Kostenvorschusses von 1.468 Euro – aus Sicherheitsgründen müsse die Schließanlage ausgetauscht werden. Die Verwaltung kündigte an, den Austausch der Schließanlage zu beauftragen, sobald der Vorschuss eingegangen sei.

Der Vermieter zahlte den Vorschuss nicht, behielt aber die Mietkaution in Höhe von 500 Euro ein und verlangte vom Mieter die Zahlung von 968 Euro an die Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Schließanlage wurde nicht ausgetauscht. Der BGH gibt dem Mieter Recht. Ein Vermögensschaden entsteht erst, wenn die Schließanlage tatsächlich ausgetauscht worden ist. Dies war hier nicht der Fall, sodass die Klage keinen Erfolg hatte. Der Vermieter kann keinen Schadensersatz für den Austausch der Schließanlage verlangen.

Schließanlage: Fiktive Schadensberechnung ausgeschlossen

Vor dem Landgericht Freiburg begehrte die Vermieterin eines Gewerbeobjekts die Feststellung der Ersatzpflicht einer Mieterin für den Austausch der Sicherheitsschließanlage in Höhe eines Kostenvoranschlags, sobald ihr die Kosten entstanden sind.

Grundsätzliche Ersatzpflicht auch bei Drittverschulden

Hat ein Mieter den Verlust des Schlüssels zu verantworten, wird er schadensersatzpflichtig, auch dann, wenn einen Dritten die Schuld trifft. Im vorliegenden Fall hat ein von der Mieterin beauftragter Reinigungsdienst den Schlüssel verloren. Die Schließanlage wurde allerdings nicht ausgetauscht. Die Klage der Vermieterin hatte auch hier keinen Erfolg. Hat der Mieter einen zu einer Schließanlage gehörenden Schlüssel verloren, kann der Vermieter nur den Schaden ersetzt verlangen, der ihm konkret durch den Austausch der Schlösser entstanden ist.

Eine fiktive Schadensberechnung aufgrund eines Kostenvoranschlags für den Austausch der Schließanlage ist ausgeschlossen, so das Gericht, denn das mit dem Verlust eines Schlüssels einhergehende Hinnehmen einer gesteigerten Einbruchsgefahr führt nicht zu einem kommerzialisierbaren Schaden hinsichtlich der Schließanlage.

(LG Freiburg, Urteil v. 23.4.2013, 9 S 154/12)

Schlüsseldienst: Schuld kann auch den Vermieter treffen

Kommt ein Schlüsseldienst, muss in der Regel der Mieter für die Kosten aufkommen, wenn er den Einsatz selbst verursacht hat. Das ist der Fall, wenn er den Schlüssel verliert oder der Schlüssel gestohlen wurde. Auch wenn der Schlüssel im Schloss abbricht, zahlt in der Regel der Mieter. Darauf weist der Eigentümerverband Haus & Grund hin.

Muss jedoch der Schlüsseldienst gerufen werden, weil der Vermieter zuvor ein kaputtes Schloss nicht repariert hat, dann steht er selbst in der Schuld. Denn er muss die Mietsache in einem bewohnbaren Zustand halten.


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dpa