Value-Add-Immobilien gesucht: Wohnen hat Wachstumspotenzial

Investoren haben lange nur zögerlich nach Value-Add-Immobilien gegriffen. Mit der Zinswende ändert sich die Nachfrage: Büros sind die beliebteste Assetklasse, Wohnen hat das größte Wachstumspotenzial. Was jetzt gesucht wird.

Anleger, die bereit sind, antizyklisch zu investieren, können Experten zufolge derzeit interessante Opportunitäten im Value-Add-Segment – hier liegt der Fokus auf Immobilien, deren Wert nach dem Ankauf durch aktive Maßnahmen zum Teil enorm gesteigert werden kann – finden. Welche Chancen und Risiken gibt es? Eine Einordnung.

Zinswende begünstigt Value-Add-Investments

"Seit der Zinswende 2023 beobachten wir einen relativen Bedeutungsgewinn von Value-Add-Investments im Vergleich zu Core- und Core-Plus-Investments", sagt Michael R. Baumann, Head of Capital Markets Germany bei Colliers. So lag beispielsweise das anteilige Transaktionsvolumenlag 2022 noch bei 24 Prozent und im ersten Quartal 2025 bei 32 Prozent – die reine Anzahl der Deals stieg von 46 Prozent 2022 auf mittlerweile 58 Prozent. Vor allem Projektentwickler und Vermögensverwalter waren aktiv, aber auch Corporates und Eigennutzer sowie private Investoren und Family Offices sowie die Öffentliche Hand gehören zu den Top-Investorengruppen mit Interesse an dieser Risikoklasse.

Der regionale Fokus von Value-Add-Anlegern hat sich seit 2023 von den A-Städten in Kleinstädte und zum Teil auch B-, C- und D-Städte verlagert. Büros erleben laut Baumann seit 2024 ein Comeback mit einem aktuellen Anteil von mehr als 30 Prozent am Transaktionsvolumen. Logistikimmobilien belegen mit 18 Prozent den zweiten und Einzelhandelsimmobilien mit acht Prozent den dritten Platz. Wohnimmobilien klammert der Colliers-Experte aus: Die Datenbasis sei zu gering. Trotzdem sieht er in diesem Segment das größte Wachstumspotenzial.

Potenzial für Wohnen mit aktivem Asset Management

"Die Wohnraumnachfrage ist deutschlandweit enorm hoch und bleibt aufgrund von fehlendem Angebot häufig unbedient. Demnach sehen wir ebenfalls großes Potenzial für diese Nutzungsart und kaufen als Investment- und Asset-Manager Wohnbestand in ganz Deutschland – überwiegend in prosperierenden B- und C-Städten mit guter infrastruktureller Anbindung", erklärt Dominik Barton, CEO der Barton Group. Die Objekte werden entlang der gesamten Immobilienwertschöpfungskette entwickelt.

Die Hebung von Upside-Potenzialen von Wohnimmobilien kostet im ersten Schritt entsprechende Investitionen und stellt damit ein erhöhtes Anlagerisiko dar. Auf lange Sicht lohne es sich aber, so Barton weiter: Mit den aktiven Wertsteigerungen könnten letztlich attraktive Renditen erzielt werden.

Barton beobachtet zwar noch eher zurückhaltende Investoren, insbesondere auf der institutionellen Seite, erwartet aber für die kommenden Monate eine Stabilisierung und eine bessere Planbarkeit: "Gerade im Bereich Wohnen sehen wir in Deutschland einen gewissen konstanten Nachfrageaufschwung, sowohl auf der Vermietungsebene als auch auf der Transaktionsseite." Die Zeiten, in denen Immobilien angekauft und gehalten wurden, bis sie zu einem Vielfachen des Kaufpreises wieder veräußert werden konnten, seien vorbei und dürften nicht so bald wiederkehren. Immobilienwerte könnten nur gehoben werden, wenn "handwerklich" saubere Arbeit geleistet werde.

Value-Add-Ansatz als antizyklisches Investment

Die HIH Invest hatte im Sommer 2024 nach vielen Jahren als fokussierter Core- und Core-Plus-Asset-Manager einen eigenen Geschäftsbereich für Value-Add-Investments gegründet, um aktiver auf veränderte Marktbedingungen reagieren zu können. "Der Markt verlangt heute mehr als reines Bestandsmanagement – es geht um aktives Asset Management, kreative Nutzungskonzepte, ESG-konforme Revitalisierung und das Heben von verborgenen Potenzialen", so Lars Bothe, Head of Value Add Investments. 

Im Fokus stehen aktuell Logistik- und Wohnimmobilien. Die HIH Invest positioniert sich dabei als operativer Partner in Joint-Venture-Strukturen. Im Segment Wohnen verfolgt das Unternehmen zweigleisige Strategien: "Einerseits ermöglichen wir mit unserem frühzeitigen Einstieg und der dahinterstehenden Kapitalstruktur die Realisierung von ins Stocken geratenen Projektentwicklungen, andererseits investieren wir in ältere Bestände mit energetischem Sanierungsbedarf", so Bothe.

In Summe versteht Bothe den Value-Add-Ansatz als antizyklische Positionierung mit mittel- bis langfristigem Horizont.

Risiko-Rendite-Mix mit Value-Add-Komponenten 

Den Ansatz der Hauck Aufhäuser Lampe Real Estate Investment Management (HAL REIM) ist ein anderer. "Wir sind keine klassische Investmentboutique, sondern eine Privatbank mit einem stark regulierten Umfeld – und genau deshalb sehen wir im Value-Add-Bereich gezielt Chancen", sagt Patrick Brinker, Head of HAL REIM. Die Managed-to-Core-Strategie im Bereich Lebensmitteleinzelhandel verfolgt das Ziel, risikoadjustierte Renditen zu erwirtschaften.

So wurden gezielt ehemalige großflächige SB-Warenhäuser und Real-Märkte gekauft, deren ursprüngliches Konzept nicht mehr zeitgemäß war. Durch baurechtliche Optimierung, Neuvermietung und gezielte Umstrukturierung wurden die Flächen zu modernen Nahversorgungszentren mit Vollsortimentern, Discountern und Drogerien entwickelt. Der Repositionierungsprozess beinhaltet alle Schritte – von der Baurechtsschaffung über die Projektentwicklung bis hin zur Finanzierung und ESG-Integration – und wird komplett intern gemanagt. Investoren sollen so von einem stabilen Cashflow bei gleichzeitigem Wertzuwachs profitieren.

Eine Kombination aus Core-Assets mit planbaren Cashflows und gezielten Value-Add-Komponenten schafft laut Brinker einen ausgewogenen Risiko-Rendite-Mix. Dabei gehe es nicht nur um Performance, sondern auch um Widerstandsfähigkeit – und um Investitionen mit gesellschaftlichem Mehrwert.


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