Investment: Werden Value-Add-Immobilien zu Gewinnern der Krise?

Value-Add-Immobilien galten lange Zeit als Nischenprodukt. Investoren greifen bislang nur zögerlich auf diese risikoreichere Assetklasse zu. Mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie gibt es offenbar eine Trendwende, wie eine Umfrage von Wealthcap zeigt.

Value-Add-Strategien – hier liegt der Fokus der Anleger auf Immobilien, deren Wert nach dem Ankauf durch aktive Maßnahmen zum Teil enorm gesteigert werden kann – gewinnen laut einer Umfrage von Wealthcap in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey durch die Auswirkungen der Corona-Krise an Bedeutung.

Für den "Wealthcap Marktcheck" stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit sich die eher risikoreichen Investments bereits von einer Nische zum Mainstream entwickelt haben. Von den rund 1.500 Teilnehmern mit einem freien Anlagevolumen von mehr als 100.000 Euro wurden die Angaben von 500 Anlegern ausgewertet, die sich bereits näher mit Value-Add-Strategien befasst haben, davon investierten zwei Drittel (66 Prozent) schon in solche Produkte. Die Hälfte (50 Prozent) gab an, dass die Krise den Trend befeuern dürfte.

"So kann ein Einstieg in Objekte mit günstigerem Preis möglich sein, wenn es einen Entwicklungsbedarf zum Beispiel im Bereich der Nachhaltigkeit gibt oder Anpassungen infolge der Pandemie erforderlich sind. Nach der Optimierung ist eine sehr hohe Nachfrage zu erwarten, da das Investoreninteresse an Core-Immobilien mit hoher Qualität ungebrochen hoch ist", erklärt Julian Schnurrer, Leiter Produktmanagement, Strukturierung und Strategie bei Wealthcap.

Value-Add: Investoren schätzen die Planbarkeit

Von den Investoren, die sich mit Value-Add-Strategien inhaltlich befasst haben, planen laut Wealthcap mehr als ein Drittel (38 Prozent) in den kommenden drei Jahren mindestens so viel Kapital wie bisher oder mehr Kapital in die Assetklasse investieren zu wollen. Weitere zwei Prozent werden in diesem Zeitraum erstmals in Value-Add investieren – nur 14 Prozent der Anleger wollen hier weniger allokieren als bisher.

Auf die Frage nach Vorbehalten gegenüber Value-Add-Strategien zeigt sich ein differenziertes Bild: Die meisten Anleger haben Zweifel hinsichtlich der Rendite (39 Prozent) oder sehen in der Anlageklasse ein zu hohes Risiko (25 Prozent).

Als größten Vorteil von Value-Add-Immobilien sehen die meisten Investoren (51 Prozent) die langfristige Planbarkeit. 37 Prozent legen besonderen Wert auf die Risikostreuung, und 26 Prozent sehen hohe erzielbare Renditen.

So geht Wertsteigerung bei Value-Add-Immobilien

Wie Objekte aufgewertet werden können, hat Wealthcap vor einiger Zeit in dem Themenpapier "Wertsteigerungsstrategien bei Immobilien – eine Investition mit Zukunft" ausführlich erklärt. Wertsteigerungsmaßnahmen sind demnach beispielsweise:

  • Neuverhandlungen oder die Verlängerung bestehender Mietverträge,
  • die Schaffung neuer Flächen etwa durch Aufstockung,
  • eine verbesserte Ausstattung (technische Infrastruktur, Kantine, Fitnessstudio, etc.),
  • ein Wechsel von einer Einmieter- zu einer Vielmieterstruktur,
  • neue Zuschnitte und effizientere Flächennutzung (etwa durch neue Arbeitsplatzkonzepte),
  • energetische Sanierung, klassische Renovierungsarbeiten und Betriebskostenmanagement,
  • der Abbau von Leerstand,
  • der Umbau etwa von Büro- zu Wohnflächen.

Risikoklassen und Renditepotenziale im Überblick

Core, Core plus, Value-Add und Opportunistic – entlang dieser Reihenfolge erhöhen sich laut Wealthcap die Risiken, aber auch die Renditepotenziale.

  • Klassische Core-Immobilien sind neue oder frisch renovierte, hochwertige Objekte in guter oder sehr guter Lage. Sie weisen geringen Leerstand auf und verfügen über einen oder mehrere bonitätsstarke Mieter. Der Mietvertrag läuft über viele Jahre und liefert regelmäßige und kalkulierbare Erträge. Die zu erwartende Rendite ist hier nur moderat, aber verlässlich.
  • Ähnlich verhält es sich bei Core-Plus-Immobilien, hier sind allerdings höhere Leerstände und kürzere Mietverträge möglich. Wertsteigerungen werden in dieser Risikoklasse vor allem durch Auf- und Nachvermietung erzielt.
  • Bei Value-Add-Immobilien sind den Experten zufolge signifikante Wertsteigerungen realisierbar. Die Lage der Objekte ist nur angemessen, die Leerstände und der Renovierungsbedarf sind relativ hoch. Das wiederum bietet großes Optimierungspotenzial durch eine bautechnische Aufwertung und eine Optimierung der Mietverträge sowie infrastrukturelle Verbesserungen.
  • Deutliche Wertsteigerungen bieten Immobilien aus dem Segment "Opportunistic" mit Leerständen von bis zu 100 Prozent und einem hohen Entwicklungspotenzial. Diese Immobilien sind risikoreicher, dafür aber auch sehr renditeträchtig.

"Rechenbeispiel": Value-Add-Büroimmobilie wird gewinnbringend

In einem hypothetischen Fall, den Wealthcap in dem Themenpapier beschreibt, wird eine Value-Add-­Büroimmobilie in guter Lage mit guter Verkehrsanbindung in einer der größten deutschen Städte erworben. Das Gebäude selbst weist eine hochwertige Substanz auf, es besteht allerdings Renovierungsbedarf. Etwa ein Drittel der Fläche steht leer. Hauptmieter ist ein mittelständisches Unternehmen. In den folgenden Jahren trifft der Investor diese Wertsteigerungsmaßnahmen:

  • Renovierung der leerstehenden Flächen – Modernisierung der IT-Infrastruktur und des Mobiliars, Neuaufteilung der Flächen, Brandschutzmaßnahmen,
  • Wechsel des Kantinenbetreibers,
  • Vermietung der leerstehenden Flächen – langfristige Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern auf Marktzinsniveau, Streuung der Mieteinnahmen,
  • Neuverhandlung und Verlängerung der bestehenden Mietverträge,
  • Änderung des Flächenplans und Erschließung bisher nicht vermieteter Flächen – Vermietung der Konferenzräume, Ausbau von Dachflächen zu Terrassen,
  • Senkung der Betriebskosten durch Steigerung der Energieeffizienz und optimiertes Betriebskostenmanagement

Im Ergebnis wird das modernisierte und zu höheren Mieten vollvermietete Objekt gewinnbringend als Core-­Objekt an einen Cashflow-­orientierten Investor veräußert. Ein solcher Prozess wird laut Wealthcap mit etwa fünf Jahren veranschlagt. "Welche Maßnahmen erfolgversprechend sind, hängt von der Nutzungsart und der konkreten Situation des Objektes ab, heißt es in dem Wealthcap-Papier.


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