Investmentmarkt: Renditespread bei Pflegeimmobilien

Betreiber sind im Krisenmodus – insbesondere bei Pflegeheimen ist die Verunsicherung der Investoren derzeit groß. Der Markt kommt nicht in Schwung. Die Renditespanne wird größer. Studien zeigen, wo Anleger noch fündig werden und welche Alternativen es gibt.

Mit einem Transaktionsvolumen von 823 Millionen Euro am Investmentmarkt für Gesundheitsimmobilien wird in den ersten neun Monaten 2023 der Vorjahreswert von 2,26 Milliarden Euro um 62 Prozent unterboten, wie eine Analyse von JLL zeigt - auch das dritte Quartal hat mit einem Umsatz von rund 220 Millionen Euro keine spürbaren Impulse im Vergleich zu den beiden Vorquartalen setzen können.

"Die Marktlage ist nach wie vor schwierig. Insbesondere bei Pflegeheimen ist die Verunsicherung unter den Investoren infolge diverser Betreiberinsolvenzen groß“, sagt Peter Tölzel, Team Leader Healthcare Investment JLL Germany.

Gesundheitsimmobilien: Renditen zwischen 4,5 und 5,5 Prozent

Das macht sich bei der Anzahl der Transaktionen und bei der durchschnittlichen Dealgröße bemerkbar. Zwischen Anfang Januar und Ende September hat JLL nur 36 Abschlüsse mit im Schnitt 23 Millionen Euro registriert. Im Vergleich zu den Vorjahren fehlen laut Tölzel vor allem große Portfoliodeals, die das Transaktionsvolumen puschen.

Die Spitzenrenditen haben sich kaum verändert: Für Pflegeheime liegt sie aktuell bei 4,9 Prozent, für Rehakliniken bei 5,5 Prozent und für Servicewohnen bei 4,5 Prozent. "Objekte mit betreutem Wohnen bieten in der Regel eine bessere Drittverwendungsfähigkeit und ein höheres Mietsteigerungspotenzial, daher sind die Nettoanfangsrenditen hier niedriger als bei anderen Gebäudetypen", erklärt Tölzel.

Im weiteren Jahresverlauf dürften die Spitzenrenditen demnach stabil bleiben. Allerdings werden sich die Renditeunterschiede zwischen den besten und den schlechteren Objekten weiter vergrößern.

Preisunterschiede bei Pflegeheimen: Bis zu sieben Jahresmieten

Alles, was Schwächen habe, etwa in Sachen ESG-Konformität, Brandschutz oder Renovierungsbedarf, werde zunehmend abgestraft, prognostiziert Tölzel. "Vor allem dort, wo der Betreiber schwächelt, kommen die Preise unter die Räder." Aktuell liegen die Kaufpreisfaktoren laut JLL für Topprodukte beim 19- bis 20fachen, für Objekte mit durchschnittlicher Qualität etwa beim 15fachen und für ein schwaches Produkt beim 13fachen. "Die Spanne beträgt also bis zu sieben Jahresmieten. Das ist deutlich mehr als noch vor zwei bis drei Jahren. Und der Spread dürfte in den kommenden Monaten noch größer werden."

Tölzel stellt generell eine Verschiebung des Interesses zu Objekten aus dem medizinischen Sektor fest. "Ärztehäuser sind für viele zurzeit die besseren Büros", sagt Tölzel, "das merken wir in Gesprächen mit Investoren, die anfangen, sich mit dieser für sie häufig neuen Assetklasse zu beschäftigen. Bis sich das allerdings in konkreten Transaktionen widerspiegelt, wird es noch einige Zeit dauern." Ärztehäuser weisen ein geringeres Betreiberrisiko auf, bieten eine Risikodiversifizierung über verschiedene Mieter und die Mieterträge sind über Wertsicherungsklauseln zu 100 Prozent indexiert.

Für das Schlussquartal rechnet Tölzel daher nicht mit einer spürbaren Belebung des Investmentmarkts. "Die Milliardenmarke sollte geknackt werden, viel mehr dürfte es jedoch im Gesamtjahr 2023 nicht werden – auch wenn sich aktuell noch einige Portfolios in der Vermarktungsphase befinden."

Pflegeimmobilien: Perspektiven für Investments

Der demografische Wandel führt laut einer Studie von Wüest Partner zu einem deutlichen Anstieg der Pflegebedürftigen in Deutschland: Im Jahr 2021 lag die Zahl bei 4,96 Millionen – das ist ein Plus von 20,2 Prozent gegenüber 2019. Die Daten widmen sich den gegenwärtigen Herausforderungen unter anderem aus der Perspektive von Investoren. Eine Angebots- und Bedarfsanalyse zum Betreuten Wohnen in deutschen Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern rundet den Bericht ab.

Die Pflegequote lag 2021 im bundesweiten Schnitt bei sechs Prozent: Im Landkreis Prignitz (Brandenburg) war sie mit 11,1 Prozent am höchsten, in der kreisfreien Stadt München mit drei Prozent am niedrigsten. Die meisten Pflegeheime befinden sich der Studie zufolge in Nordrhein-Westfalen (3.149), Bayern (2.089), Niedersachsen (2.034) und Baden-Württemberg (2.013). Auffällig war der starke Rückgang um 35,3 Prozent im Landkreis Garmisch-Partenkirchen (Bayern).

Hier steigt der Bedarf an Heimplätzen bis 2040

Für das Jahr 2040 prognostizieren die Experten bis zu 5,8 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland und einen erhöhten Bedarf an Pflegeheimplätzen. Bis zu 144.390 zusätzliche Plätze in 1.444 Heimen mit durchschnittlich 100 Plätzen werden den Berechnungen nach benötigt.

Die Bedarfsprognose zeigt, dass es dabei deutliche regionale Unterschiede gibt. Der durchschnittliche Zusatzbedarf über alle 400 deutshcen kreisfreien Städte und Landkreise liegt bei 358 Pflegeplätzen. Neben Berlin (4.369 fehlende Plätze) haben der Ortenaukreis in Baden-Württemberg (1.444 Plätze), Hamburg (1.443), die Region Hannover in Niedersachsen (1.313) und der Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen (1.295) den höchsten rechnerischen zusätzlichen Bedarf an Pflegeplätzen.

In Städten wie Chemnitz, Dresden (beide Sachsen), Magdeburg (sachsen-Anhalt) und München (Bayern) könnte es künftig zu einem Überangebot an Pflegeplätzen kommen. Wüest Partner erklärt die Entwicklung damit, dass in diesen Kommunen bereits eine ausreichende Zahl von Pflegeheimplätzen vorhanden ist und die Zahl der Pflegebedürftigen gemäß der Prognose zurückgehen wird.

Baukosten und Exit Value: Missverhältnis für Investoren

Darüber hinaus wurde in der Studie der zusätzlichen Bedarf an Pflegeplätzen bis 2040 mit dem aktuellen Bestand verglichen. Das Ergebnis: Der Nachholbedarf ist in Bayern (19,3 Prozent) am höchsten, gefolgt von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg (jeweils 18,8 Prozent). Relativ niedrige Quoten haben die Studienautoren für die Bundesländer Sachsen (4,8 Prozent) und Sachsen-Anhalt (4,0 Prozent) ermittelt.

"Die aktuellen Herausforderungen für Betreiber und Investoren werden die Wartelisten der Bedürftigen in den Einrichtungen weiter füllen. Der zusätzliche Bedarf an Pflegeimmobilien ist daher enorm", sagt Thomas Lehmann, Director bei Wüest Partner: "Im aktuellen Marktumfeld sind Neubauten jedoch aufgrund des Missverhältnisses zwischen Erstellungskosten und Exit Value nur schwer realisierbar."

Pflegeheim-Atlas Deutschland 2023


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