
Die Preiskorrektur auf dem deutschen Immobilienmarkt setzt sich fort. Die Abwärtsdynamik hat sich im zweiten Quartal 2023 aber spürbar verlangsamt, wie der Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) zeigt – vor allem bei Wohnungen und Häusern.
Der Preisverfall am deutschen Immobilienmarkt verliert an Dynamik, wie der Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) für das zweite Quartal 2023 zeigt. Der Index sank gegenüber dem Vorquartal nur noch um 1,1 Prozent (nach minus 2,3 Prozent im ersten Quartal 2023 gegenüber dem vierten Quartal 2022) auf nun 182,4 Punkte (Basisjahr 2010 = 100 Punkte). Es sind die stärksten Rückgänge seit Beginn der Indexaufzeichnungen, auch auf Jahressicht. Gegenüber dem zweiten Quartal 2022 fiel der vdp-Index allerdings um 6,4 Prozent.
Der vdp-Index erscheint seit dem Jahr 2010 quartalsweise und basiert auf der Auswertung echter Immobilientransaktionsdaten von mehr als 700 Kreditinstituten.
Wohnimmobilien: Bei den Preisen deutet sich eine Seitwärtsbewegung an
Die Wohnimmobilienpreise fielen beim Quartalsvergleich – zweites Quartal 2023 zum ersten Quartal 2023 – um 0,9 Prozent. Gegenüber dem zweiten Quartal 2022, als laut vdp das bisherige Preishöchstniveau erreicht worden ist, gaben die Wohnimmobilienpreise um 5,4 Prozent nach.
Die Preise für Gewerbeimmobilien fielen vom ersten auf das zweite Quartal 2023 um zwei Prozent, wobei das Minus bei den Einzelhandelsimmobilienpreisen mit 2,5 Prozent höher ausfiel als das der Büroimmobilienpreise mit minus 1,9 Prozent. Im Jahresvergleich belief sich die Abnahme der Preise für Gewerbeimmobilien insgesamt auf 10,3 Prozent: Dabei war auch hier die negative Entwicklung bei den Einzelhandelsimmobilien (minus 11,7 Prozent) ausgeprägter als bei den Büroimmobilien mit minus 9,8 Prozent.
Die nachlassende Abwärtsdynamik der Immobilienpreise lasse eine Bodenbildung in den nächsten Quartalen möglich erscheinen, erklärte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des vdp: "Zumindest für Wohnimmobilienpreise zeichnet sich bereits eine Seitwärtsbewegung ab."
Mehrfamilienhäuser: Rendite- und Mietanstieg beschleunigt sich
Zur leicht negativen Entwicklung der Wohnimmobilienpreise im zweiten Quartal 2022 trugen laut vdp sowohl die Preise für selbst genutztes Wohneigentum als auch die für Mehrfamilienhäuser bei – im Vergleich zum ersten Quartal 2023 lag das Minus bei 0,4 Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent. Im Jahresvergleich ging der Wert bei selbst genutzten Immobilien um 3,8 zurück und bei den Mehrfamilienhäusern um 6,9 Prozent. "Der Mietanstieg unterstreicht den weiter steigenden Druck auf dem Wohnungsmarkt", kommentierte Tolckmitt die Ergebnisse.
Der Renditeanstieg für Mehrfamilienhäuser hat sich gemessen am Liegenschaftszinssatzindex auf Jahressicht (plus 14,2 Prozent) gegenüber plus 10,9 Prozent (erstes Quartal 2023 gegenüber erstes Quartal 2022) und plus sechs Prozent (viertes Quartal 2022 gegenüber viertes Quartal 2021) deutlich beschleunigt. Die Steigerungsrate der Neuvertragsmieten betrug gegenüber dem Vorjahreszeitraum plus 6,2 Prozent. "Die Nachfrage nach Wohnraum ist ungebrochen hoch", so Tolckmitt an. "Der Mietanstieg unterstreicht den weiter steigenden Druck auf dem Wohnungsmarkt."
"Top 7"-Städte: Die Düsseldorfer Preise steigen leicht
Die Entwicklung der Wohnimmobilienpreise in den "Top 7"-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart bewegte sich zuletzt im Durchschnitt ungefähr auf dem gesamtdeutschen Niveau: So fielen die Preise im vdp-Index in den Metropolen im zweiten Quartal 2023 um fünf Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal und um 1,1 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2023. Die Veränderungsraten weisen je nach Stadt Unterschiede aus.
Berlin etwa wies im Jahresvergleich mit minus 3,6 Prozent den geringsten, im Quartalsvergleich mit minus 1,5 Prozent jedoch den höchsten Preisrückgang auf – so auch in Hamburg. Auf Jahressicht entfielen die höchsten Abschläge auf Frankfurt am Main (minus 9,1 Prozent), München (minus 6,7 Prozent) und Hamburg (minus 6,4 Prozent). Im Quartalsvergleich sticht Düsseldorf positiv heraus: als einzige "Top 7"-Stadt mit einer – wenn auch nur leichten – Preissteigerung (plus 0,1 Prozent).
Preisentwicklung im Jahresvergleich (Q2 2023 / Q2 2022):
Wohn-/Gewerbeimmobilien gesamt: minus 6,4 Prozent
- Wohnimmobilien bundesweit: minus 5,4 Prozent
- Wohnimmobilien "Top 7": minus 5,0 Prozent
Gewerbeimmobilien: minus 10,3 Prozent
- Büroimmobilien: minus 9,8 Prozent
- Einzelhandelsimmobilien: minus 11,7 Prozent
Preisentwicklung im Quartalsvergleich (Q2 2023 / Q1 2023):
Wohn-/Gewerbeimmobilien gesamt: minus 1,1 Prozent
- Wohnimmobilien bundesweit: minus 0,9 Prozent
- Wohnimmobilien in den "Top 7": minus 1,1 Prozent
Gewerbeimmobilien: minus 2,0 Prozent
- Büroimmobilien: minus 1,9 Prozent
- Einzelhandelsimmobilien: minus 2,5 Prozent
Einzelhandel: Spitzenrenditen oberhalb der Finanzierungskosten
In Konsequenz der anhaltenden Preisrückgänge bei den Einzelhandelsimmobilien – wie oben beschrieben: im Quartalsvergleich fielen diese um 2,5 Prozent, im Jahresvergleich um 11,7 Prozent – wiesen die Renditen gemessen am Liegenschaftszinssatzindex im aktuellen vdp-Index deutliche Zuwächse auf: Es wurde ein Plus von 9,5 Prozent auf Jahressicht und von 3,5 Prozent auf Quartalssicht verzeichnet. Das führten Researcher auf die Neuvertragsmieten zurück, die auf Quartalsbasis eine positive Entwicklung zeigten. Fielen diese gegenüber dem Vorjahr noch um 3,3 Prozent, erhöhten sie sich gegenüber dem Vorquartal um 0,9 Prozent.
Am Einzelhandelsimmobilienmarkt sind demnach immer noch vergleichsweise wenige Deals zu sehen. "Die Spitzenrenditen bei einzelnen Objektarten liegen allerdings inzwischen wieder oberhalb der Finanzierungskosten, sodass der Markt für Investoren nun wieder attraktiver werden dürfte", betonte Tolckmitt. Positiv sei auch, dass der stationäre Einzelhandel laut Statistischem Bundesamt seinen Marktanteil gegenüber dem Online-Handel behauptet.
Büroimmobilien: Sinkende Kaufpreise, dynamische Renditen
Auf dem Büroimmobilienmarkt sind die Preise im vdp-Index für das zweite Quartal 2023 um 9,8 Prozent gefallen auf Jahressicht, auf Quartalssicht waren es 1,9 Prozent. Die Renditen gemessen am Liegenschaftszinssatzindex erhöhten sich kräftig um 16,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr und damit deutlich dynamischer als in den Vorquartalen mit plus 12,8 Prozent (Vergleich der ersten Quartale 2023 und 2022) und 8,2 Prozent (Vergleich der vierten Quartale 2022 und 2021). Im Vergleich zum direkten Vorquartal betrug der Anstieg 3,2 Prozent.
Die Neuvertragsmieten im Bürosektor stiegen dem Verband zufolge deutlich um 4,7 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2022 beziehungsweise um 1,2 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2023. Die Entwicklung der Renditen und Mieten deutet laut vdp darauf hin, dass der Büroimmobilienmarkt allmählich wieder anspringt. Unsicherheiten gibt es vor allem im Blick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Auch der Trend zum Homeoffice und die Auswirkungen auf die Büroflächennachfrage sind noch nicht absehbar. "Wir gehen davon aus, dass sich dies noch mehrere Quartale dämpfend auf die Preise für Büroimmobilien hierzulande auswirken wird", sagte Tolckmitt. Mit Leerstandsraten von aktuell rund fünf Prozent präsentiert sich der deutsche Markt stabiler als manch anderer Markt in internationaler Betrachtung.
Ausblick: Positive Impulse durch Wirtschaftsentwicklung?
"Die Suche nach einem neuen Preisgleichgewicht im deutschen Immobilienmarkt dauert an", so Tolckmitt abschließend. Der Verband erwartet, dass die Preisanpassungen insbesondere im Gewerbeimmobilienmarkt noch bis mindestens Mitte 2024 andauern werden.
Dass die deutsche Wirtschaft derzeit nicht in dem Maße einbricht, wie es manche Experten erwartet haben, könnte laut Tolckmitt einen positiven Impuls geben. Optimistisch stimmt den Experten auch die sich abzeichnende Stabilisierung der Kreditzinsen: "Der außerordentlich dynamische Zinsanstieg, der nach dem zu langen Zögern der Zentralbanken beim Kampf gegen die Inflation unvermeidbar war, scheint jedenfalls vorbei. Wenn die Rahmenbedingungen stabiler werden, werden Investoren wie Privatpersonen wieder eher zu Transaktionen bereit sein."
Zum aktuellen vdp-Immobilienpreisindex (PDF)
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