
Der nächste Superzyklus am Gewerbeinvestmentmarkt lässt auf sich warten, vor 2024 wird das nichts, wie eine Umfrage zeigt. Käufer zahlen nicht mehr jeden Preis. Für Top-Büros etwa legen sie nur noch das 21-fache der Jahresmiete auf den Tisch – zwölf bis 13 Faktoren weniger als 2021.
Rekordinflation, Zinsanstieg und unterschiedliche Preisvorstellungen zwischen Käufern und Verkäufern haben das Transaktionsgeschehen am Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien in den vergangenen Monaten stark gebremst, wie Nai Apollo berichtet. Eine Umfrage unter rund 40 Experten, darunter vor allem Asset Manager und Fondsmanager, gibt ein Lagebild ab.
"Unser Ziel war es, mehr über die derzeit verfolgten Investmentstrategien, die präferierten Standorte und möglichen Anpassungen der Assetallokation zu erfahren", sagt Dr. Marcel Crommen, Managing Partner bei NAI Apollo. "Auch haben wir die aktuellen Zahlungsbereitschaften, Risikofaktoren und Zukunftseinschätzungen abgefragt."
Investmentstrategie: Value-Add in den "Top 7" dominiert
Bei der Umfrage meldeten sich mit einem Anteil von 43,6 Prozent insbesondere Asset- und Fondsmanager zu Wort. Den zweiten Platz belegen Privatinvestoren und Family Offices (23,1 Prozent). Den restlichen Anteil teilen sich Immobiliengesellschaften, Offene Fonds und Spezialfonds, Projektentwickler, Immobilienaktiengesellschaften und REITs, Private-Equity-Fonds und Opportunity-Fonds, Versicherungen und Pensionskassen sowie sonstige Investorentypen.
Bei der Risikostrategie dominieren Value-Add-Investoren (39,5 Prozent), gefolgt von Core (26,3 Prozent) und Core plus (23,7 Prozent). Die Investmentstrategie Opportunistic ist mit 10,5 Prozent am schwächsten vertreten. "Als räumliche Investitionsschwerpunkte kristallisieren sich die deutschen Top-7-Städte heraus", erklärt Dr. Konrad Kanzler, Head of Research der NAI Apollo Group. Rund drei Viertel der befragten Investoren haben demnach in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München oder Stuttgart investiert. An B-Standorten halten knapp zwei Drittel (64,1 Prozent) der Experten Immobilien. "Aber auch die C-, D- und sonstigen Standorte zeigen mit 41 Prozent eine deutliche Ausprägung", so Kanzler weiter.
Wohnen, Büro, Logistik: Investmentallokation überwiegend unverändert
Rund ein Viertel (28,1 Prozent) der Investoren der Befragten sind stark in Wohnimmobilien investiert. Auch auf Büroimmobilien (23,5 Prozent) entfällt eine größere Quote der Assetallokation (Anteil Investmentvolumen 61 bis 100 Prozent). Auch Logistikimmobilien sind laut NAI Apollo gut vertreten, während die Anteile von Einzelhandelsimmobilien sowie Hotel und Healthcare nur niedrige Niveaus erreichen. In den kommenden Monaten wollen die meisten Investoren am Status Quo festzhalten.
"Lediglich in den Bereichen der Wohn- sowie Logistikimmobilien plant ein überdurchschnittlicher Anteil von 48,4 beziehungsweise 46,1 Prozent, ihre Investitionsallokation leicht oder sogar stark zu erhöhen", so Stefan Mergen, Managing Partner der Apollo Valuation & Research GmbH. Die Gründe führt er auf einen hohen Nachfragedruck im Wohnsegment und einen nachfrageseitig steigenden Bedarf nach Lager- und Logistikflächen zurück.
Immobilienpreis: Zahlungsbereitschaft sinkt, Faktorenspanne steigt
Die Zahlungsbereitschaft der Käufer ist gesunken, wie die Umfrage zeigt. Der Preisfaktor, den die befragten Investoren etwa für Büroimmobilien an A-Standorten maximal zahlen würden, beläuft sich im Schnitt auf das 21,1-fache der jährlichen Marktmiete. "Zum Höchststand 2021 wurde innerhalb der 'Top 7' im Schnitt eine Spitzenrendite für Büroobjekte erreicht, die einem Multiplikator von 33 bis 34 entspricht – eine Abweichung von zwölf bis 13 Faktoren zum aktuellen Umfrageergebnis", sagt Crommen. In einzelnen Top-7 Städten wurden 2021 Faktoren zwischen 35 und 37 erfasst.
In B- und sonstigen Standorten liegt Crommen zufolge die maximale Zahlungsbereitschaft im Schnitt jetzt beim 18,1- beziehungsweise dem 14,2-fachen. Für Mehrfamilienhäuser gaben die Teilnehmer in der Nai Apollo-Umfrage im Durchschnitt Maximumfaktoren von 23,4 (A-Standorte), 20 (B-Standorte) und 18,1 (sonstige Standorte) an. Die Einzelnennungen bewegen sich hier für die "Top 7" innerhalb einer Spanne vom 14- bis 30-fachen.
EZB-Zinspolitik und ESG-Regulatorik: Herausforderungen für Profianleger
Insgesamt gaben rund 90 Prozent der befragten Experten an, dass von den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Zinsentwicklung ein hohes bis sehr hohes Risiko für den Erfolg der Investmentstrategie ausgeht. "Von der ESG-Regulatorik geht für mehr als 74 Prozent der Experten ein erhöhtes Risiko für ihre Investmentstrategie aus", erläutert Mergen.
Die aktuelle Marktsituation stellt sich insgesamt als schwierig und herausfordernd dar. "Die Unsicherheit der Marktakteure, Intransparenz und ein nahezu zum Stillstand gekommener Investmentmarkt prägen das Marktumfeld", resümiert Crommen. Die aktuelle Marktentwicklung sei maßgeblich der persistenten Preisfindungsphase geschuldet. Die maximale Zahlungsbereitschaft der Befragten zeigt einen deutlichen Spread, auch innerhalb der Assetklassen und Standorte, sowie eine beträchtliche Abnahme im Vergleich zu den in den letzten Jahren erzielten Preisen.
Eine signifikante Zunahme der Transaktionsaktivitäten ist laut Nai Apollo-Experte Kanzler kurzfristig nicht zu erwarten: Die meisten Teilnehmer gehen frühestens im Jahr 2024 von einer Belebung des Marktgeschehens aus."
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