Investment: Der Immobilienmarkt erholt sich 2023 nicht mehr

Die Krise hat den Investmentmarkt weiter im Griff. Positive Prognosen, dass sich der Trend ab Mitte 2023 umdrehen könnte, werden von Experten mittlerweile verworfen. Die Preise fallen vorerst weiter – eine Bodenbildung kann auch erst 2024 erreicht werden. Das sagen vier Immobilienprofis voraus.

"Das zweite Halbjahr wird vorerst weiter von Unsicherheiten geprägt sein, auch wenn die Akteure die Schockstarre allmählich überwinden und sich zunehmend mit dem neuen Marktumfeld arrangieren", so Felix Meyen, Geschäftsführer der HIH Invest Real Estate, mit Fokus auf gewerbliche Investments. Die Marktaktivität sei derzeit gering, weil die Preisfindung noch nicht abgeschlossen sei. Für eine schrittweise Belebung des Marktes sorgen laut Meyen derzeit vor allem kleinvolumige Deals.

Eine Markterholung vor Ende 2023 wird es nicht geben, lautet das Fazit einer Online-Konferenz, zu der Rueckerconsult neben HIH-Geschäftsführer Meyen auch Arnaud Ahlborn (Geschäftsführer der Industria), Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank (HCOB), und Torsten Hollstein (Geschäftsführer der CR Investment Management) eingeladen hatte.

Wohnungsmarkt: Ist das Schlimmste vorbei?

Bei den Wohnimmobilienpreisen haben die größten Preisanpassungen Ahlborn zufolge im ersten Halbjahr 2023 stattgefunden. Die Entwicklungen dürften sich im zweiten Halbjahr verlangsamen, meinte der Industria-Experte: "Die Preise nähern sich aktuell asymptotisch einem Tiefpunkt. Wann dieser erreicht wird, ist nicht absehbar." Realistisch ist laut Ahlborn eine Bodenbildung Ende 2023 oder im Laufe des Jahres 2024.

Industria sieht für das zweite Halbjahr gute Möglichkeiten für verstärkte Zukäufe. "Der Druck auf die Verkäuferseite steigt. Immer mehr Developer erreichen eine finanzielle Schmerzgrenze", führte Ahlborn aus. Projektentwickler müssen sich demnach auf weitere Preisnachlässe einlassen.

30-Prozent-Abschläge bei Immobilienwerten

"Das aktuelle Zinsniveau, die erhöhte Inflation sowie die unsichere konjunkturelle Entwicklung bremsen den Transaktionsmarkt massiv", ergänzte Axmann von der HCOB: "Die Aussichten für die Immobilienwirtschaft bleiben verhalten."

Die Bank geht von einer Marktbereinigung, einem Anstieg der Insolvenzen und Abschlägen von bis zu 30 Prozent bei den Immobilienwerten aus. "Nach zwölf Jahren Boom braucht die Branche noch Zeit, um in der neuen Realität anzukommen", sagte Axmann. Mit einer Stimmungsaufhellung rechnet er frühestens 2024 – falls sich Inflation und Zinsniveau bis dahin konsolidieren. Die Angebotsseite wird durch den Verkaufsdruck von Fonds, Bauträgern und Immobilien-AGs belebt werden.

Wettbewerb um Finanzierung von Core-Immobilien wächst

Projektentwicklungen sind den Immobilienprofis zufolge derzeit schwer zu kalkulieren – die meisten Banken sind zurückhaltend bei der Finanzierung. Der Wettbewerb um die Finanzierung von Core-Objekten und Green Buildings nimmt wiederum stetig zu. Generell erwarten die Banken laut Axmann einen höheren Eigenkapitaleinsatz von den Kunden.

"Die europäische Zentralbank hat den Leitzins erst letzte Woche auf vier Prozent angehoben und wird voraussichtlich noch ein bis zwei weitere kleine Zinsanhebungen im laufenden Jahr vornehmen. Dies erschwert die Preisfindung auf den Immobilienmärkten und treibt die Refinanzierungskosten weiter in die Höhe", kommentierte Torsten Hollstein von CR Investment Management die Lage. Er erwartet erst im Jahresverlauf 2024 eine Erholung des Transaktionsmarktes aus, auch weil der Immobilienmarkt mit rund sechs bis zwölf Monaten Verzögerung auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung reagiert.


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Schlagworte zum Thema:  Investment, Gewerbeimmobilien