Rn 6

III ist eine Verbraucherschutznorm. Sie enthält die durch Umsetzung der KlauselRL (s Vor § 305 ff Rn 2) für das deutsche AGB-Recht notwendigen Änderungen. Die Vorschrift ist daher richtlinienkonform auszulegen (s Einl Rn 35). Der persönliche Anwendungsbereich ist auf Verträge beschränkt, bei denen der Vertragspartner Verbraucher iSv § 13 (s § 13 Rn 8 ff) und, insoweit in Abweichung vom allg AGB-Recht (s Rn 2), der Verwender Unternehmer iSv § 14 (s § 14 Rn 6 ff) ist. Als Unternehmer gelten auch Einrichtungen der öffentlichen Hand, wenn sie privatrechtliche Verträge abschließen (U/B/H/Ulmer/Schäfer § 310 Rz 53; wohl auch BGH NJW 03, 890 [BGH 29.11.2002 - V ZR 105/02]).

 

Rn 7

Der sachliche Anwendungsbereich erstreckt sich auf alle Arten von Verträgen (s § 305 Rn 1), nicht nur auf solche über Waren oder Dienstleistungen, wie dies die RL vorsieht. Auch der Arbeitsvertrag (BAG NJW 05, 3305 [BAG 25.05.2005 - 5 AZR 572/04]) und der Anstellungsvertrag mit einem Vorstandsmitglied (Frankf GWR 18, 273) sind Verbraucherverträge. Erfasst werden auch für den Verbraucher vorformulierte einseitige Erklärungen (s § 305 Rn 2) sowie alle allg Hinweise des Verwenders, die nach ihrem objektiven Wortlaut bei einem durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Kunden den Eindruck erwecken, es solle damit der Inhalt eines (vor-)vertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (§ 305 Rn 3; weitergehend Heinrichs NJW 96, 2194). In Abgrenzung zu IV werden auch Konstellationen erfasst, in denen Gesellschaftsverträge allein zu Zwecken der privaten Vermögensanlage abgeschlossen werden (Frankf NJW-RR 04, 991 [OLG Frankfurt am Main 04.02.2004 - 23 U 66/03]; Heinrichs NJW 96, 2192). Zum zeitlichen und internationalen Anwendungsbereich Vor § 305 ff Rn 4 ff.

I. Fiktion des ›Stellens‹ (Nr 1).

 

Rn 8

Nr 1 führt dazu, dass als AGB auch solche Vertragsbedingungen gelten und den Vorschriften des 2. Abschn unterliegen, die von niemandem gestellt wurden (BGH NJW 99, 2180; Wille VersR 95, 1416). Vertragsbedingungen, die von dritter Seite in den Vertrag eingeführt werden (Drittbedingungen, Heinrichs NJW 95, 157) gelten also nicht nur unter den bei § 305 Rn 7 erläuterten Voraussetzungen, sondern grds immer als AGB, dh auch dann, wenn sie von einer neutralen dritten Person stammen, die dem Verwender nicht zuzurechnen ist. Dies betrifft va Vertragsformulare und von einem neutralen Notar eingeführte Vertragsklauseln. Die sonstigen Voraussetzungen des § 305 müssen vorliegen, die betr Klausel muss also für eine Vielzahl von Verträgen (§ 305 Rn 5) vorformuliert (s § 305 Rn 4) worden sein.

 

Rn 9

Nr 1 greift dagegen nicht ein, wenn die AGB vom Verbraucher selbst oder einer dritten Person in dessen Auftrag in den Vertrag eingeführt wurden oder wenn sie iE ausgehandelt wurden (s § 305 Rn 11). Die Beweislast hierfür trägt der Unternehmer, die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen von Nr 1 muss der Verbraucher beweisen (BGH NJW 08, 2251 [BGH 15.04.2008 - X ZR 126/06]).

II. Vorformulierte Einmalbedingungen (Nr 2).

 

Rn 10

Nr 2 erfasst vorformulierte (§ 305 Rn 4) Vertragsbedingungen, die entgegen den unter § 305 Rn 5 erläuterten Grundsätzen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Für das ›Stellen‹ gilt Nr 1 (s Rn 8). Es kommt folglich nicht darauf an, durch wen die betr Klausel in den Vertrag einbezogen wurde (Grüneberg/Grüneberg § 310 Rz 16). Nr 2 erfasst daher auch notarielle Einzelverträge (MüKo/Fornasier § 310 Rz 102). Der Verbraucher muss beweisen, dass es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt und dass er gerade aufgrund (Kausalität!) der Vorformulierung auf den Klauselinhalt keinen Einfluss nehmen konnte (BGH NJW 08, 2250 [BGH 15.04.2008 - X ZR 126/06]). Der Beweis des ersten Anscheins (erfahrungsgemäß bestehendes Unverständnis und Desinteresse des Verbrauchers ggü AGB) sowie die Tatsache, dass die Möglichkeit der Einflussnahme den strengen Anforderungen der Rspr an das Aushandeln iSv § 305 I 3 genügen muss (Wackerbarth AcP 200, 85), erleichtern dem Verbraucher diese Beweisführung erheblich.

 

Rn 11

Nr 2 erklärt § 305c II (Unklarheitenregel, s § 305c Rn 16), § 306 (Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit, s § 306 Rn 13), die Vorschriften über die Inhaltskontrolle einschl des Transparenzgebotes (§§ 307–309) und Art 46b EGBGB für anwendbar. Die Aufzählung ist zwar abschließend (MüKo/Fornasier § 310 Rz 106), im Wege richtlinienkonformer Auslegung ist jedoch auch das Überraschungsverbot des § 305c I auf Einmalklauseln anwendbar (Heinrichs NJW 96, 2190); für Anwendung des § 305b BAG NZA 17, 58 [BAG 24.08.2016 - 5 AZR 129/16]; 21, 1651 [BAG 24.03.2021 - 10 AZR 16/20] Rz 83.

III. Individualisierte Inhaltskontrolle (Nr 3).

 

Rn 12

Nr 3 modifiziert den für die Inhaltskontrolle geltenden überindividuell-generalisierenden Maßstab (§ 307 Rn 9). Bei der Inhaltskontrolle von AGB in Verbraucherverträgen nach § 307 und § 308 (§ 309 scheidet mangels Wertungsmöglichkeit aus) sind zusätzlich die den Vertragsschluss begleitenden individuellen Umstände zu berücksichtigen (vgl allg Caspers 43 ff). Diese Prüfung kann das zunächst gewonnene Ergebnis zugunsten oder zulasten des Verbrau...

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