Gesetzestext

 

(1) Unterliegt ein Vertrag auf Grund einer Rechtswahl nicht dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, weist der Vertrag jedoch einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet eines dieser Staaten auf, so sind die im Gebiet dieses Staates geltenden Bestimmungen zur Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien gleichwohl anzuwenden.

(2) Ein enger Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer

1. in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder
2. eine solche Tätigkeit auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet

und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

(3) Verbraucherschutzrichtlinien im Sinne dieser Vorschrift sind in ihrer jeweils geltenden Fassung:

1. die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21.4.93, S. 29);
2. die Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. L 271 vom 9.10.02, S. 16);
3. die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.08, S. 66).

(4) Unterliegt ein Teilzeitnutzungsvertrag, ein Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, ein Wiederverkaufsvertrag oder ein Tauschvertrag im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a bis d der Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen (ABl. L 33 vom 3.2.09, S. 10) nicht dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, so darf Verbrauchern der in Umsetzung dieser Richtlinie gewährte Schutz nicht vorenthalten werden, wenn

1. eine der betroffenen Immobilien im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegen ist oder
2. im Falle eines Vertrags, der sich nicht unmittelbar auf eine Immobilie bezieht, der Unternehmer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausübt oder diese Tätigkeit auf irgendeine Weise auf einen solchen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

A. Ursprung und Zukunft.

 

Rn 1

Die bisher wenig praxisrelevante Norm wurde zum 1.1.22 (BGBl 2021 I 2136, Umsetzung Warenkauf-RL 2019/771), zuvor zum 13.6.14 (BGBl 2013 I 3653, Umsetzung der Verbraucherrechte-RL 2011/83) und 23.2.11 zT geändert (BGBl 2011 I 36, Umsetzung Timeshare-RL 2008/122) und durch die letzten zwei Änderungen sukzessive in ihrem Anwendungsbereich beschnitten (s.a. Rn 2). Ursprünglich trat sie am 17.12.09 in Kraft und an die Stelle von ex Art 29a: Unabhängig und zunächst vielleicht in Unkenntnis vom speziellen kollisionsrechtlichen Verbraucherschutz in Art 5 EVÜ und heute Art 6 ROM I (IPR-Anh 1) enthalten seit RL 93/13 neue europäische Verbraucherrichtlinien besondere Normen, die den Schutz bei internationalen Sachverhalten gewährleisten sollen. Dieses seitdem entstandene Richtlinienkollisionsrecht wird durch die ROM I nach ihrem Art 23 nicht aufgehoben (Art 23 Rom I Rn 2 f, Art 3 ROM I Rn 27; Garcimartín Alférez EuLF 08, I-61, I-66 Nr 29). Auch Art 3 IV macht es nicht ganz obsolet, da er fordert, dass ›alle anderen Elemente des Sachverhalts‹ in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen sind und dann die Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen trotz Wahl eines Drittstaatenrechts gebietet. Dies geht in ähnliche Richtung, ist aber enger und stellt höhere Anforderungen als Art 46b (vgl Lopez-Tarruella Martinez Rev eur dr cons 2007–2008, 370). Außerdem ist die Formulierung der Rechtsfolge nicht identisch (s.u. Rn 7). Art 46b deckt Fälle ab, die nicht unter Art 3 IV oder 6 ROM I fallen (Hoffmann EWS 09, 254; Martiny RIW 09, 737, 742). Die Aufrechterhaltung des Richtlinienkollisionsrechts ist insoweit richtig, wenngleich es mehr und mehr rückgebaut wird und insofern wohl eine Schutzlücke nicht gesehen wird.

 

Rn 2

Da mit Inkrafttreten der ROM I die Art 27 ff durch das G zur Anpassung der Vorschriften des IPR an die VO 593/2008 aufg...

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