Rn 7

Hinsichtlich der Rechtsfolge ändert Art 46b ggü dem bisherigen Art 29a nichts: Nach dem Wortlaut sind die Umsetzungsbestimmungen des Rechts des Staates des engen Zusammenhangs, nicht des Forumstaates oder der RL selbst anzuwenden. Die Richtlinienkollisionsnormen stellen auf den Schutz der RL ab. Art 3 IV wiederum spricht von den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts – ggf in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form. Man könnte nun überlegen, ob die Richtlinienkollisionsnormen und Art 46b im Lichte dieser Präzisierung im Art 3 IV auszulegen sind, zumal wohl Umsetzungen anderer Mitgliedstaaten in diese Richtung gehen (dazu Lopez-Tarruela Martinez ebda 376 f). Drei Probleme ergeben sich bei dieser Sachnormenverweisung: (1.) Bei unzureichender Umsetzung der RL im anderen MS gilt an sich diese Umsetzung (dazu A. Staudinger RIW 00, 416), die RL ist auch grenzüberschreitend nicht horizontal unmittelbar anwendbar (vgl zu den Gran Canaria-Fällen o Art 6 ROM I Rn 19). Aber man kann daran denken, Art 46b richtlinienkonform so auszulegen, dass in Drittstaatenfällen der Schutz der RL selbst oder des Rechts eines anderen Mitgliedstaats mit sehr engem Zusammenhang gilt – allerdings steht dann der Verbraucher besser als nach dem richtlinienwidrigen Landesrecht. Andere wollen nur zu dem schwachen Instrument der Staatshaftung greifen (HK/A. Staudinger Art 46b Rz 15; MüKo/Martiny Art 46b Rz 75 f; Staud/Magnus Art 46b Rz 53; Looschelders Art 29a Rz 38; Bitterich 415 ff). (2.) Bei infolge einer Mindestklausel über die RL hinausgehendem Verbraucherschutz des MS greift an sich Art 46b (s.a. MüKo/Martiny Art 46b Rz 12, 79; Staud/Magnus Art 46b EGBGB Rz 53; Freitag/Leible EWS 00, 342, 346), doch fragt sich, ob es sich noch um ›Bestimmungen zur Umsetzung‹ handelt. Dies wird vielfach, aber mE nicht immer zu bejahen sein (vgl auch Staud/Magnus Art 46b Rz 53, Looschelders Art 29a Rz 36; weitergehend wohl Bitterich 399 ff, der 422 ff dann auch noch Grundfreiheitenprobleme sieht). Die Richtlinienkollisionsnormen selbst fordern nur den Schutz der RL. (3.) Besteht ein enger Zusammenhang zu mehreren MS mit unterschiedlichen Umsetzungsnormen, so entscheidet wohl der engste Zusammenhang (BTDrs 14–2658 50; HK/A. Staudinger Art 46b Rz 12; für Mitgliedstaat, in dem der Kontakt zustande gekommen ist, aber v. Hoffmann/Thorn § 8 Rz 73d).

 

Rn 8

Nach dem Wortlaut des Art 46b mag es scheinen, dass die Umsetzungsnormen des Mitgliedstaates auch dann (allein) anzuwenden sind, wenn das gewählte Drittstaatenrecht dem Verbraucher günstiger ist. Anders als in Art 6 ROM I ist ein Günstigkeitsvergleich nicht ausdrücklich vorgesehen. Er folgt jedoch aus dem Zweck der Richtlinienkollisionsnormen (richtig Wagner IPRax 00, 249, 254; Bitterich 407 ff) und ergibt sich damit aus richtlinienkonformer Auslegung des Art 46b; diese ist unschwer möglich, da Art 46b nur zugunsten des Verbrauchers anordnet, aber nichts zu seinen Lasten ausschließt (richtig Bitterich 409 ff, wohl auch HK/A. Staudinger Art 46b Rz 17). Dies verkennt die zu engherzig an dem Wortlaut der Richtlinienumsetzungsnorm haftende aA (etwa Freitag/Leible EWS 00, 342, 347; NomosK/Leible Art 46b Rz 47; v. Hoffmann/Thorn § 10 Rz 73d; Looschelders Art 29a Rz 41; Erman/Stürner Art 46b Rz 19 mit Verweis auf Art 29a Rz 21).

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