Gesetzestext

 

(1) 1Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. 2Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. 3Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

A. Zweck.

 

Rn 1

Damit der Pflichtteilsberechtigte einen möglichen Pflichtteilsanspruch verwirklichen kann, gewährt ihm die Norm als Hilfsansprüche Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche bzgl des Umfangs des Nachlasses (BGH 30.11.22 – IV ZR 60/22 Rz 28; 13.9.18 – I ZB 109/17 Rz 31; Rechtsprechungsübersicht: Fleischer ErbR 13, 242). Der Auskunftsanspruch zielt auf die Weitergabe von Wissen, das der Verpflichtete hat oder sich verschaffen muss, während die Wertermittlung (I 2 Hs 2) von dem Wissen und den Vorstellungen des Verpflichteten über den Wert unabhängig und darauf gerichtet ist, dass der Verpflichtete Unterlagen vorlegt und eine von seinen eigenen Wertvorstellungen unabhängige Wertermittlung duldet und veranlasst (BGH 31.10.18 – IV ZR 313/17 Rz 23).

B. Auskunftsanspruch.

I. Anspruchsberechtigter.

 

Rn 2

Pflichtteilsberechtigung, nicht das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs, ist Voraussetzung, denn zu dessen Beurteilung soll die Auskunft gerade dienen (BGH NJW 58, 1964; 81, 2051; 02, 2469 f [BGH 17.04.2002 - IV ZR 259/01]). Berechtigt ist jeder pflichtteilsberechtigte Nichterbe nach §§ 2303, 2309 (BGH NJW 81, 2051, 2052), also auch der Berechtigte, der enterbt ist oder ausschlägt (BGH 30.11.22 – IV ZR 60/22 Rz 18 f) und gleichwohl einen Pflichtteilsanspruch (§§ 2306 I, 2305, 1371 III; Karlsr ZEV 08, 39, 40) bzw Ergänzungsanspruch (§ 2325; BGH NJW 73, 955; Ddorf FamRZ 06, 512) behält oder ein Vermächtnis erhält (§ 2307; zur Annahme s München 21.11.22 – 33 U 2216/22 Rz 27), ohne dass es auf die Höhe oder Ausschlagung des Vermächtnisses ankommt (BGH NJW 58, 1964; Ddorf FamRZ 95, 1236, 1237; Oldbg NJW-RR 93, 782, 783; Köln NJW-RR 92, 8; zum Ganzen MüKo/Lange Rz 15; Edenfeld ZErb 05, 346). Bei mehreren Berechtigten kann jeder Einzelne den Anspruch geltend machen (Staud/Herzog Rz 36). Wird der Pflichtteilsanspruch vererbt (§ 2317 II), geht das Auskunftsrecht mit über. Bei Abtretung (§§ 2317 II, 398) geht es als unselbstständiges Nebenrecht iSv § 401 auf den Forderungserwerber über (Soergel/Dieckmann Rz 38), und zwar auch bei einer Überleitung auf den Träger der Sozialhilfe (§ 93 SGB XII; vgl BGH FamRZ 05, 448, 451; LG Duisburg FamRZ 06, 651, 652). Obwohl der Erbe bzw Miterbe (München FamRZ 09, 1010 f) grds kein Auskunftsrecht nach § 2314 hat, wird ihm als Pflichtteilsberechtigten bzgl Pflichtteilsergänzungsansprüchen (§§ 2325f) ein Informationsrecht eingeräumt, da er insoweit in seiner Stellung als Erbe (vgl zB § 2038 sowie §§ 2027 f, 2057) schlechter stehen kann, als ein Nichterbe. Einige vertreten direkte oder analoge Anwendung des § 2314 (Damrau/Riedel Rz 4; Coing NJW 70, 729, 733 ff). Die hM gibt zu Recht nur den allg Auskunftsanspruch aus § 242 (BGH NJW 93, 2737 [BGH 02.06.1993 - IV ZR 259/92]; Köln ZEV 05, 398 [OLG Köln 13.10.2004 - 2 U 85/04]; München aaO); der Anspruchsbegehrende hat danach die Kosten selbst zu tragen (BGH NJW 81, 2051, 2052 [BGH 04.12.1980 - IVa ZR 46/80]; 90, 180 [BGH 04.10.1989 - IVa ZR 198/88]) und sein besonderes Informationsbedürfnis darzulegen (Soergel/Dieckmann Rz 26). Entspr gilt für den Nacherben (Celle ZEV 06, 361).

 

Rn 3

Kein Auskunftsrecht nach § 2314 hat der Nacherbe gegen den Vorerben, auch wenn er unter einer auflösenden Bedingung eingesetzt ist (BGH NJW 81, 2051, 2052 [BGH 04.12.1980 - IVa ZR 46/80]; Celle ZEV 06, 361; s aber §§ 2121 f, 2117). Entspr dem Zweck der Norm besteht auch kein Auskunftsanspruch, wenn feststeht, dass kein Pflichtteilsanspruch besteht (BGH NJW 58, 1964 [BGH 01.10.1958 - V ZR 53/58]; LG Bonn NJOZ 05, 1085, 1086 f – LS: ZEV 05, 313 –; Staud/Herzog Rz 9), zB der Pflichtteil wirksam entzogen wurde (Hamm NJW 83, 1067 [OLG Hamm 11.01.1983 - 10 U 158/82]), der Berechtigte auf ihn verzichtet hat (BGH WM 85, 1346, 1348; BeckOKBGB/Müller Rz 7; Gottwald Rz 2), er statt des Pflichtteils ein diesen übersteigendes Quotenvermächtnis angenommen hat (vgl Braunschw OLGRspr 21, 343, 344; LG Bonn aaO), er Leistungen aus dem Nachlass empfangen hat, die seinen Pflichtteilsanspruch und Ergänzungsanspruch sicher übersteigen (Kobl FamRZ 03, 193; Klingelhöffer Rz 143), oder der Anspruch sicher verjährt ist (BGH 31.10.18 – IV ZR 313/17 Rz 11; MüKo/Lange Rz 15, aA Köln NJW-RR 92, 8 [OLG Köln 02.08.1991 - 19 U 20/89]).

II. Auskunftspflichtiger.

 

Rn 4

Grds, auch bei Nachlassinsolvenz (RG BayZ 20, 78) oder -verwaltung (Celle JZ 60, 402; s.a. § 2012 II), sind die Erben bzw Erbeserben (BGH NJW 89, 2887 [BGH 19.04.1989 - IVa ZR 85/88]) als Gesamtschuldner (§§ 421, 431) zur Auskunft verpflichtet. Miterben müssen sich Mängel bei der Erteilung ge...

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