Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Pflichtteilsberechtigte, der mit einem Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteilsanspruchs bedacht ist, das Vermächtnis angenommen, stehen ihm keine auf § 2314 BGB gestützten Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche zu, da endgültig feststeht, dass ein Pflichtteilsanspruch nicht mehr besteht.

2. In einem derartigen Fall kann ein allgemeiner, aus § 242 BGB resultierender Auskunftsanspruch bestehen. Dieser ist lediglich auf Vorlage eines einfachen Nachlassverzeichnisses gerichtet.

3. Ein Wertermittlungsanspruch auf Kosten des Nachlasses steht dem Vermächtnisnehmer in einem solchen Fall nicht zu.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 2174, 2314; ZPO § 254

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Aktenzeichen 81 O 238/22)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 31.03.2022, Az.: 81 O 238/22 einschließlich der Kostenentscheidung insoweit aufgehoben, als die Klage auf der Zahlungsstufe abgewiesen wurde.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 31.03.2022, Az.: 81 O 238/22 zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 1/4, der Beklagte *.

4. Gerichtliche Kosten aus einem 35.000 EUR übersteigenden Streitwert werden nicht erhoben.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 350.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über erbrechtliche Ansprüche nach dem Tod der am xx.xx.2021 verstorbenen Erblasserin P. W. Der Kläger ist deren Sohn, der Beklagte deren Ehemann. Der Beklagte hat die Erblasserin aufgrund notariellen Ehe- und Erbvertrages vom xx.xx.1958 allein beerbt.

Zugunsten des Klägers ist in diesem Vertrag unter Ziffer IV. folgende Regelung enthalten:

"Der überlebende Eheteil hat jedoch den Abkömmlingen des zuerst versterbenden Eheteils vermächtnisweise eine Summe auszuzeigen, die gleich ist dem Werte des diesen Abkömmlingen gesetzlich gebührenden Pflichtteils."

Der Kläger hat dieses Vermächtnis am xx.xx.2021 angenommen. Er nimmt den Beklagten auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses sowie Wertermittlung auf Kosten des Nachlasses in Anspruch, soweit sich aus dem zu erstellenden Verzeichnis Grundstücke ergeben.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO. Änderungen oder Ergänzungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.

Den Anspruch auf Auskunft sah es als erfüllt an, da der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am xx.xx.2022 ein einfaches Nachlassverzeichnis übergeben hat. Weitere Ansprüche bestünden nicht, da der Kläger lediglich auf § 242 BGB als Anspruchsgrundlage zurückgreifen könne, insbesondere sei § 2314 Abs. 1 BGB nicht anwendbar. Den Zahlungsanspruch hat das Landgericht abgewiesen, weil der klägerische Antrag nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entspreche.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, in der er seinen erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen wiederholt und vertieft.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren (Bl. 8/9 d. A., Bd. II),

1. in der 1. Stufe

a) Auskunft über den Bestand des Nachlasses der am xx.xx.2021 verstorbenen Erblasserin P. W. zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses, das im einzelnen umfaßt:

aa) alle bei Eintritt des Erbfalls am xx.xx.2021 zum Nachlaß gehörenden Sachen, Rechte und Forderungen, einschließlich der wesentlichen Bewertungsfaktoren

bb) alle bei Eintritt des Erbfalls am xx.xx.2021 vorhandenen Nachlaßverbindlichkeiten

cc) alle Erblasserschenkungen einschließlich der Pflicht- und Anstandsschenkungen sowie alle ehebezogenen Zuwendungen,

aaa), die die Erblasserin in ihren letzten 10 Lebensjahren getätigt hat

bbb) die die Erblasserin an ihren Ehegatten während der Ehezeit getätigt hat

ccc) die die Erblasserin zu ihren Lebzeiten unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, eines Wohnungsrechts oder sonstigen Nutzungsrechts getätigt hat

dd) alle Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall, insbesondere Lebensversicherungen, Unfallversicherungen und Bausparverträge

ee) alle unter Abkömmlingen ausgleichungspflichtigen Zuwendungen gemäß §§ 2050 ff BGB, die die Erblasserin zu Lebzeiten an ihre Abkömmlinge getätigt hat

b) den Wert aller nach Maßgabe der Auskunftserteilung gemäß der Ziffer 1 a, aa) gänzlich oder mit Eigentumsanteilen zum Nachlaß der Erblasserin P. W. gehörenden Grundstücke durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens auf Kosten des Nachlasses auf den Stichtag xx.xx.2021 ermitteln zu lassen

c) den Wert aller nach Maßgabe der Ziffer 1 a, cc von der Erblasserin P. W. ihrem Ehemann oder Dritten gänzlich oder teilweise unentgeltlich zugewendeten Grundstücke oder Eigentumsanteile an solchen durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens auf den Erbfallszeitpunkt xx.xx.2021 sowie auf den jeweiligen Schenkungszeitpunkt auf Kosten des Nachlasses ermitteln zu lassen.

2. in der 2. Stufe an den Kläger das aus der Auskunft und Wert...

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