Kommentar: Habeck ist eine harte Nuss

Beim Wohnungsbau-Tag des Verbändebündnisses Wohnungsbau wurde über den KfW-55-Standard und dafür erforderliche Bundesfördermittel diskutiert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erteilte Letzterem eine deutliche Absage. Er ist eine harte Nuss, die die Immobilienbranche knacken muss.

"Es muss gefördert werden, was gefordert wird", ist einer der lautesten Rufe der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, wenn es um die Verschärfung von Energieeffizienzstandards für den Gebäudesektor zugunsten des Klimaschutzes geht. Das wurde beim Wohnungsbau-Tag am 17. Februar 2022 wieder einmal deutlich. Und sie ist verständlich, angesichts ohnehin steigender Baukosten, zunehmenden Bauland- und Fachkräftemangels sowie der großen Herausforderung der Klimaneutralität des Gebäudesektors bis 2045 – eine Mammutaufgabe für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, die trotz aller Vorgaben bezahlbaren Wohnraum bieten muss und will.

Aber für die Anforderungen kann der Staat nicht aufkommen. Das hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck deutlich gemacht: "Wer sich an ein Tempolimit 120 hält, kann nicht verlangen, dafür eine Prämie zu bekommen". So sei es auch bei der Energieeffizienz im Gebäudesektor. Der Effizienzhausstandard 55 ist im Neubau längst die Norm – auch in der Wohnungswirtschaft. Wenn dieser nun auch gesetzlich zum Standard erklärt, also zur Voraussetzung für das Bauen wird, könne es dafür keine Förderungen geben, so der Minister. Und damit hat er Recht!

Klimaschutz kostet Geld. Viel Geld. Und natürlich müssen steigende Anforderungen an das Bauen von irgendwem bezahlt werden. Dass eine staatliche Förderung aber nicht das Allheilmittel sein kann, sollte allen Beteiligten klar sein. Vor allem, wenn mit höheren Baustandards lediglich Gesetze eingehalten werden. Wenn Deutschland anfinge, für jede und jeden gesetzestreuen Bürger fleißig Prämien für normgerechtes Verhalten zu zahlen, würde das Land sehr schnell sehr arm.

Habeck schiebt Förder-Stopp der Immobilienbranche in die Schuhe

Dass Ende Januar in einem kommunikativen Desaster die BEG-Förderung gestoppt wurde, hielten die Verbandsvertreter dem Bundeswirtschaftsminister vor. Der konterte und schrieb den Förder-Crash der Immobilienbranche zu. Er sei verwundert, dass sie zwölf Jahre lang eine "Überförderung" beim KfW-55-Standard stillschweigend akzeptiert habe. Und er kritisierte, die Branche hätte darauf hinweisen müssen, dass die Förderkriterien an geänderte Standards im Neubau angepasst werden müssten. Also frei übersetzt: "Ihr seid selbst schuld". Autsch!

Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft zweifelt ohnehin daran, dass es einen gesetzlich vorgeschriebenen Neubaustandard im KfW-55 geben muss. Eine beim Wohnungsbau-Tag vorgestellte Studie hat errechnet, dass ein KfW-70-Standard ausreichte, um die Klimaziele zu erreichen. Doch ob sich der Bundeswirtschaftsminister davon überzeugen lässt, bleibt offen. Seine Skepsis brachte er jedenfalls deutlich zum Ausdruck mit einem vage formulierten "Ich kann es mir ja mal ansehen". Die Immobilienbranche wird an Robert Habeck noch zu knabbern haben.


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