Hochhäuser und Mikroapartments prägen den Frankfurter Wohnungsmarkt. Historisch niedrige Renditen bestimmen den Büromarkt. Wo aber sind die Lösungen für den bezahlbaren Wohnungsbau? Darüber diskutierten die Immobilienexperten Thomas Dries, Helaba, Oliver Schwebel, Wirtschaftsförderung Frankfurt, Dr. Constantin Westphal, Nassauische Heimstätte/Wohnstadt, und Fabian Klingler, Aberdeen Standard Investments, in einem Round-Table-Gespräch.

Herr Dries, im Euroraum und in Deutschland bewegt sich der Anstieg der Teuerung auf das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent zu. Wann rechnen Sie mit steigenden Zinsen?

Dries: Die Antwort auf die Frage ist banal: gar nicht. Das Inflationsziel von aktuell 1,92 Prozent war zwar der Auslöser dafür, dass die Ankäufe der EZB zurückgenommen wurden. Es war implizit zu erwarten, dass sich dies auf das langfristige Zinsniveau auswirkt. Allerdings sind die Treasuries wieder nach unten gegangen. Deshalb geht die Helaba in den kommenden zwölf bis 18 Monaten von einem Zinsniveau auf Basis des aktuellen Niveaus aus – auch wenn zum Beispiel in den USA sich die Zinsen in eine andere Richtung entwickeln.

Wir gehen frühes­­tens in zwölf Monaten von einem leichten Anstieg der Zinsen in Deutschland aus.

Auch moderat höhere Zinsen bremsen Immobilienboom nicht

Herr Klingler, hätten steigende Zinsen, wenn sie kommen, das Potenzial, die Party am deutschen Wohnungsmarkt zu beenden?
Klingler: Ich habe immer ein Problem mit dem Begriff „Party“.

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Ich denke, dass moderat ansteigende Zinsen dem keinen Abbruch tun. Wir haben derzeit sehr niedrige Zinsen. Im zehnjährigen Bereich gibt es Spreads, die bei 300 Basispunkten und darüber liegen. Wenn wir das historisch betrachten, hatten wir vor zehn oder 15 Jahren Spreads, die viel enger waren. Und wir haben trotzdem in Immobilien investiert. Man hat sich jetzt an diese sehr niedrigen Zinsen gewöhnt. Aber ein moderater Anstieg der Zinsen – den ich ebenfalls erwarte, weil man sich wahrscheinlich von Amerika nicht ganz loskoppeln kann – wird nicht dazu führen, keine Immobilieninvestitionen mehr zu tätigen.

Unternehmen sind nicht mehr so zinsgebunden

Dr. Westphal: Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber Kunde.

Selbst die Nassauische Heimstätte macht nicht mehr die ehrlich auslaufende Verlängerung von grundschuldbesicherten Hypothekarkrediten, wie wir das früher alle klassisch gelernt haben.

Sondern wir haben beispielsweise mit der Helaba ein Schuldscheindarlehen aufgelegt über 165 Millionen mit verschiedenen Laufzeiten. Und ich glaube, der Markt und die für uns neuen Kapitalisierungsmittel entspannen ebenfalls die Situation. Unternehmen wie unseres sind nicht mehr so zinsgebunden, wie das früher der Fall war.

Schwebel: Wir schätzen es ebenfalls so ein, dass das Zinsniveau sich nicht nachhaltig nach oben bewegen wird. Zum einen hängt das natürlich mit der allgemeinen Verschuldung der öffentlichen Haushalte zusammen. Man hat das auch in Fernost gesehen, etwa in Japan. Dort ist das Niveau über viele Jahre ebenfalls niedrig geblieben. Eine ähnliche Entwicklung beobachten wir in Europa.

Eine „Party“ auf dem Immobilienmarkt sehe ich ebenfalls nicht. Das wäre der Fall, wenn am Bedarf vorbei nur wild gebaut würde…

Lesen Sie weitere Kapitel des Round-Table-Gesprächs:

Geburtenüberschuss und neue Arbeitsplätze: Der Wohnungsmarkt ist leergefegt

Kleiner und höher: Mikroapartments und Wohntürme im Aufwind

Büromarkt: Niedrige Renditen, neue Konzepte

Ein Blick in die Zukunft: Wohnen und Arbeiten neu denken

Zum Video: Unternehmerrunde Frankfurt 2018: Ende des Baubooms nicht in Sicht

Schlagworte zum Thema:  Immobilienmarkt, Wohnungsmarkt, Gewerbeimmobilien