Serielles Bauen: Droht architektonische Einöde?

Droht durch serielles Bauen eine architektonische Einöde? Diese Frage stellen Architekten. Sie warnen vor uniformen Siedlungen.

„Zahlreiche Großwohnsiedlungen der 1960er und 1970er Jahre legen noch heute Zeugnis davon ab, wohin eine Uniformierung des Planens und Bauens führen kann“, heißt es in einer Pressemitteilung der Hamburgischen Architektenkammer. Man sollte deshalb „nicht zu einem Wohnungsbau zurückkehren, bei dem immer gleiche Bauten aneinandergereiht werden und städtebauliche und stadtplanerische Aspekte zu kurz kommen“, kritisieren die Architekten das serielle Bauen.

Trotz Kritik: Bundesarchitektenkammer unterstützt Ausschreibungsverfahren

Trotzdem unterstützt die Bundesarchitektenkammer (BAK) das europaweite Ausschreibungsverfahren für seriellen Wohnungsbau, das der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie das Bundesbauministerium 2017 ausgelobt haben. Der Wettbewerb verfolgt das Ziel, im Frühjahr 2018 eine Rahmenvereinbarung mit fünf bis zehn Bietergemeinschaften aus Planung und Ausführung abzuschließen. Diese sollen dann im Auftrag von Wohnungsunternehmen mehrgeschossige Wohngebäude in serieller und modularer Bauweise errichten.

Intern war die Beteiligung umstritten

Die Beteiligung an der Ausschreibung sei intern umstritten gewesen, räumt BAK-Präsidentin Barbara Ettinger-Brinckmann ein. Letztlich habe sich der Vorstand aber mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen. Zur Begründung verweist Ettinger-Brinckmann auf die Vergangenheit: „Architekten wie Bruno Taut haben bereits in den 20er und 30er Jahren modulare Bauten in hervorragender Qualität geplant. Und auch heute kann modulares und serielles Bauen hervorragende Architektur produzieren. Voraussetzung dafür ist, dass Architekten daran beteiligt sind und dass die Gebäude dem jeweiligen Grundstück sowie dem städtebaulichen Kontext angepasst werden.“ Allerdings zeigt sich die BAK-Präsidentin überzeugt, dass modulares und serielles Bauen auch künftig die Ausnahme sein wird.

„In den meisten Fällen wird weiterhin ein Architekt das Gebäude individuell planen.“ BAK-Präsidentin Barbara Ettinger-Brinckmann

Anderer Ansicht ist da Franz Seemeier, Zentralbereichsleiter Modulbau bei der Max Bögl Modul AG. Die Firmengruppe Max Bögl, die seit Langem im Betonfertigteilbau tätig ist, beschloss 2016, neue Fertigungshallen für ihr Produkt maxmodul zu erstellen. Dabei handelt es sich um ein 6,36 oder 7,15 Meter langes und 3,18 Meter breites Modul, das sich für Kindertagesstätten, Büroimmobilien und andere Gewerbegebäude, vor allem aber für Wohnungen eignet.

„Ab dem zweiten Quartal 2018 werden wir die volle Produktionskapazität erreichen und dann jede Stunde ein maxmodul fertigstellen.“ Franz Seemeier, Zentralbereichsleiter Modulbau bei der Max Bögl Modul AG

Vorfertigungsgrad von 100 Prozent angestrebt

Die Firmengruppe verfolgt das ehrgeizige Ziel, einen Vorfertigungsgrad von hundert Prozent zu erreichen, die Module also im Werk komplett auszustatten – inklusive Estrich, Fußboden, Fenster, Anstrich und Elektrik. Momentan beträgt der Vorfertigungsgrad 75 bis 80 Prozent. Die industrielle Produktion habe den großen Vorteil, „dass die Bauausführung auf der Baustelle deutlich schneller geht“, betont Seemeier. „Dadurch kann der Bauherr früher Einnahmen erzielen.“ Die Kritik an der Ästhetik dieser Bauweise lässt Seemeier nicht gelten: „Durch die Vielzahl von Fassadenvarianten und Gestaltungsmöglichkeiten ist nach der Fertigstellung gar nicht mehr erkennbar, ob ein Gebäude aus Modulen besteht oder nicht.“ Und schließlich widerspricht er auch der Meinung, der Modulbau sei nur etwas für temporäre Bauten:

„Die von uns errichteten massiven Gebäude haben eine lange Lebensdauer.“ Franz Seemeier, Zentralbereichsleiter Modulbau bei der Max Bögl Modul AG

Genau das betont auch das in Kehl am Rhein ansässige Fertigbauunternehmen Algeco. „Unsere Module basieren auf der Stahl­skelettbauweise, die ja auch für jedes Hochhaus verwendet wird“, sagt Katharina Burgmaier von der Algeco-Pressestelle. Bei den reinen Baukosten sei die modulare Bauweise allerdings „meist nicht nennenswert günstiger als ein konventioneller Massivbau“. Der große Vorteil sei – neben der schnelleren Bauzeit – die hohe Flexibilität. „Weil die Einzelelemente in sich selbsttragend sind, kann ohne Rücksicht auf tragende Wände in Einzelelementen gedacht werden“, erläutert Burgmaier.

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Zunehmend errichtet Algeco aber auch Wohn- und Gewerbegebäude, die auf Dauer stehen bleiben.

„Modulares Bauen ist als Mega­trend unübersehbar.“ Katharina Burgmaier von der Algeco-Pressestelle

Entsprechend hoch sei momentan die Nachfrage.

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