DIFI: Wieder bessere Prognosen für Immobilienfinanzierung

Die aktuelle Lage ist noch schwierig, aber die Experten erwarten, dass sich das Umfeld für gewerbliche Immobilienfinanzierer in den kommenden sechs Monaten verbessern wird. Der Stimmungsindikator DIFI von JLL und dem HWWI hat im dritten Quartal 2023 Boden gut gemacht.

Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI), ein vom Immobilienberater JLL und dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) quartalsweise erhobener Stimmungsindikator, hat im dritten Quartal 2023 den Aufwärtstrend aus dem zweiten Quartal 2023 fortgesetzt. Im Vergleich zum Ende des ersten Halbjahres stieg der Index um 4,8 Punkte auf einen Gesamtstand von nun minus 33,5 Punkten – das sind 36,2 Punkte mehr als beim bisherigen Tiefstand Ende 2022.

Die Verbesserung im aktuellen DIFI resultiert allerdings ausschließlich aus einem weniger pessimistischen Ausblick der befragten Finanzierungsexperten auf die kommenden sechs Monate. Die aktuelle Lage am Markt wird unverändert schlecht eingeschätzt.

Immobilienfinanzierung: Situation unverändert, Erwartung besser

Der Teilindikator der zur erwarteten Entwicklung der Finanzierungsmärkte hat sich im aktuellen DIFI um mehr als zehn Punkte auf minus 15,1 Punkte verbessert, der Situationsindikator wiederum stagniert bei minus 51,8 Punkten. Der Abstand beträgt 36,7 Punkte zwischen Situation und Erwartung.

Das verdeutlicht laut Dr. Jan Wedemeier, Senior Researcher am HWWI, dass die Experten von einer wesentlichen Verbesserung der derzeitigen Finanzierungssituation in den kommenden sechs Monaten ausgehen. "Dabei dürfte vor allem die Aussicht auf ein Ende des aktuellen Zinserhöhungskurses der Europäischen Zentralbank eine wesentliche Rolle spielen", kommentiert Wedemeier.

Büro und Wohnen machen die meisten Punkte gut

Bei der Erwartung der Entwicklung für die kommenden sechs Monate haben im Vergleich zum Vorquartal alle Assetklassen zugelegt. Am deutlichsten Büroimmobilien mit einem Plus von 18,2 Punkten. Dahinter folgen Wohnen (14,5 Punkte), Logistik (13,9 Punkte), Einzelhandel (2,7 Punkte) und Hotel (1,8 Punkte). Den stärksten Saldowert aus positiven und negativen Einschätzungen verbuchen im DIFI für das dritte Quartal 2023 Logistik (minus 6,1 Punkte) und Wohnen (minus 8,8 Punkte). Schwächer fällt das Ergebnis für Büro (minus 15,2 Punkte), Hotel (minus 18,2 Punkte) und Einzelhandel (minus 27,3 Punkte) aus.

Für Wohnen und Büro sehen die Finanzierer auch bei der aktuellen Lage verbesserte Bedingungen. Für Logistik und Einzelhandel wird die Lage aber noch schlechter eingeschätzt als im zweiten Quartal 2023, bei Hotelimmobilien ist sie unverändert. Bei den Saldowerten schneiden Büro und Einzelhandel (jeweils minus 60,6 Punkte) am schwächsten ab, Wohnen kommt auf minus 50 Punkte, Hotel auf 45,5 Punkte und Logistik auf minus 42,4 Punkte.

Bei allen Assetklassen erzielen die Erwartungsindikatoren Punktzahlen, die deutlich über denen der Lageindikatoren liegen. Die größte Diskrepanz zwischen aktueller und künftiger Einschätzung der Finanzierungssituation besteht mit 45,5 Punkten bei der traditionell stärksten Nutzungsart Büro.

Projektentwickler: Probleme bei der Finanzierung

Die veränderten Rahmenbedingungen mit deutlich gestiegenen Baukosten und Zinsen treffen vor allem die Immobilienentwickler, die Bauvorhaben stoppen müssen und kaum noch neue Projekte initiieren können. "Es gibt generell Liquidität für Projektentwickler, jedoch erfüllen die vorhandenen Projekte nur noch selten die Anforderungen der Finanzierer", sagt Timo Wagner, Team Leader Debt Advisory JLL Germany. "In der Regel ist der Exit zu schwach und die Baukosten zu hoch – da kann niemand einen vernünftigen Businessplan auf die Beine stellen."

Die Experten sehen bei den Nutzungsarten Einzelhandel und Hotel aktuell die größten Probleme bei der Projektfinanzierung, gefolgt von Büroimmobilien. Bei der Assetklasse Wohnen ergibt sich ein zweigeteiltes Bild: Knapp die Hälfte sieht auf Entwickler große bis sehr große Herausforderungen zukommen, ein Drittel hingegen nur geringe bis sehr geringe. Projektentwickler von Logistikimmobilien sollten dagegen mit der Finanzierung aktuell weniger Probleme haben, meinen die befragten Experten: Hier werden die Hürden als überwiegend gering oder sehr gering bewertet.

Spitzenrenditen für Büroimmobilien steigen

Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany, ergänzt: "Diese Einschätzungen decken sich mit der Renditeentwicklung auf dem Immobilienmarkt." Die Spitzenrenditen für Büros sind seit etwa einem Jahr deutlich gestiegen, während für Logistikimmobilien der Renditeanstieg wesentlich kleiner ausfiel. Zu Beginn des dritten Quartals 2023 notierte die durchschnittliche Spitzenrendite für Logistik erstmals unter dem Mittelwert für Büro. "Damit wird der Logistikimmobilie ein geringeres Risiko beigemessen als der Investition in eine Büroimmobilie", erklärt der JLL-Experte.

Neben der grundsätzlichen Bereitschaft der Banken, Projektentwicklungen zu finanzieren, ist wichtig, in welchem Umfang die Geldgeber dazu bereit sind. Laut Expertenmeinung sind mehrere Parameter ausschlaggebend, wie hoch der Beleihungsauslauf (Loan-to-Cost, LTC) ausfällt: Einen starken Einfluss üben die Zinsentwicklung, die Lage, die Vorvermietungsquote und die Bonität des Entwicklers aus. Weniger ins Gewicht fallen die Kreditmarge und die Ausstattung des Projekts.

Deutscher Immobilienfinanzierungsindex (DIFI): Methodik

Der DIFI berechnet sich als ungewichtetes Mittel aus den Salden der Finanzierungssituation sowie der Finanzierungserwartung aller Nutzungsarten. Seit dem zweiten Quartal 2023 arbeitet JLL mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) zusammen. Bis zum vierten Quartal 2022 wurde der Index in Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellt. Im ersten Quartal 2023 wurde der DIFI nicht erhoben.

An der aktuellen Umfrage vom 7.9.2023 bis 15.9.2023 beteiligten sich 34 Experten. Abgefragt wurden die Einschätzungen zur Marktsituation (vergangene sechs Monate) und zur Markterwartung (kommende sechs Monate). Dargestellt sind die prozentualen Anteile der Antwortkategorien sowie die Veränderungen in Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal. Die Salden ergeben sich aus der Differenz der positiven und negativen Antwortkategorien.


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