Schrifttum:

S. das allgemeine Schrifttumsverzeichnis in Bd. I und das Schrifttum vor: § 400 Rz. 1, § 401 Rz. 1 und § 385 Rz. 1.

A. Entstehungsgeschichte und Zweck

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Bis zum Inkrafttreten der AO 1977 war die inhaltlich entsprechende Regelung in § 440 RAO enthalten. Während Abs. 1 der Vorläuferregelung entspricht, wurde Abs. 2 der Vorschrift erst durch die AO 1977 eingefügt[2].

Durch das StVÄG vom 27.1.1987[3] wurde die Rechtsstellung der FinB im gerichtlichen Strafbefehlsverfahren wegen der erweiterten Entscheidungsmöglichkeiten des Strafrichters in § 408 Abs. 3 Satz 2 StPO (zuvor § 408 Abs. 2 StPO) durch entsprechende Verweisung in § 406 Abs. 1 AO modifiziert.

Durch Art. 7 Abs. 32 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017[4] wurden in § 406 Abs. 2 AO die Wörter "oder den Verfall" gestrichen, da der vormalige Begriff des Verfalls nun einheitlich in allen betroffenen Gesetzen durch den Begriff "Einziehung"(von Taterträgen) ersetzt wurde (s. dazu § 401 Rz. 2, 13 sowie § 370 Rz. 1130 ff.; § 385 Rz. 451 ff.; § 399 Rz. 300 ff.).

 

Rz. 2

[Autor/Stand] § 406 AO ergänzt die Vorschriften der §§ 399401 AO, die die selbständige Rechtsstellung der FinB im Ermittlungsverfahren wegen Steuerstraftaten regeln. Gemäß § 399 Abs. 1, § 386 Abs. 2 AO nimmt die FinB in dem von ihr selbständig geführten Ermittlungsverfahren die Rechte und Pflichten wahr, die der StA in diesem Verfahrensabschnitt zustehen (s. dazu die Ausführungen zu § 385 Rz. 85 ff.; § 399 Rz. 10 ff.). Sie kann – wie die StA – das Steuerstrafverfahren durch Einstellung (§ 170 Abs. 2, §§ 153 ff. StPO) oder – diese Fälle hat § 406 AO im Auge – durch den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls (§ 400 AO) oder auf Anordnung von Nebenfolgen im selbständigen Verfahren (§ 401 AO) abschließen. Bis zur Überleitung in ein gerichtliches Verfahren mit mündlicher Verhandlung dehnt § 406 AO diese starke Rechtsposition der FinB auch auf diesen Verfahrensabschnitt aus (zu den Grenzen s. Rz. 3). Sie hat daher in Strafbefehlsverfahren und im selbständigen Verfahren weitergehende Befugnisse als die bloßen Beteiligungsrechte gem. § 407 AO im ordentlichen Gerichtsverfahren. Dadurch soll die Sachkunde der FinB genutzt werden, die bereits das bisherige Verfahren selbständig betrieben hat[6].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2023
[2] Zu dessen Vorentwurf durch § 389 Abs. 2 i.d.F. des EAO 1977 vgl. BT-Drucks. VII/79.
[3] BGBl. I 1987, 475.
[4] BGBl. I 2017, 872 (893).
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2023
[6] Vgl. auch Kemper in Rolletschke/Kemper, § 406 AO Rz. 2 f.; Tormöhlen in HHSp., § 406 AO Rz. 5a; Klaproth in Schwarz/Pahlke, § 406 AO Rz. 1c.

B. Mitwirkung der Finanzbehörde

I. Strafbefehlsverfahren (§ 406 Abs. 1 AO)

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Die FinB kann gem. § 400 AO selbständig – ohne Einschaltung der StA – in "geeigneten Fällen" (s. § 400 Rz. 53 ff.) bei Gericht den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls stellen (s. die Erl. zu § 400). Durch § 406 Abs. 1 AO werden die staatsanwaltschaftlichen Befugnisse in begrenztem Umfang auf das Strafbefehlsverfahren erstreckt. Die Begrenzung ist darin zu sehen, dass die Wahrnehmung der eigenständigen Mitwirkungsbefugnisse enden,

In diesem vergleichsweise kleinen Abschnitt des gesamten Strafbefehlsverfahrens (s. Übersicht § 400 Rz. 25) zwischen der Stellung des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls und der Anberaumung der Hauptverhandlung bzw. Einlegung des Einspruchs ist die FinB "rechtlicher Ansprechpartner" der übrigen Verfahrensbeteiligten.

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Hervorzuheben ist Folgendes: Auch nach Stellung des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls ist eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO möglich (s. § 400 Rz. 150 f.; § 385 Rz. 559 ff.). Im Strafbefehlsverfahren ergeht die gem. § 153 Abs. 2 Satz 1 StPO hierzu erforderliche "Zustimmung durch die Staatsanwaltschaft" durch die FinB, sofern sie den Antrag auf Erlass des Strafbefehls gestellt hat.

Will der Richter einzelne Tatteile ausscheiden oder die Strafverfolgung beschränken, bedarf es der Mitwirkung der FinB (§ 154 Abs. 2 und § 154a Abs. 2 StPO i.V.m. § 406 Abs. 1 AO). Sie hat einen entsprechenden Antrag zu stellen (§ 154 Abs. 2 StPO) bzw. ihre Zustimmung zu erteilen (§ 154a Abs. 2 StPO).

Solange der Richter über den Strafbefehl nicht entschieden hat, kann die FinB den Strafbefehlsantrag zurücknehmen (s. § 400 Rz. 123).

Der Richter ist – abgesehen von den rechtlichen Möglichkeiten einer abweichenden Entscheidung (s. § 400 Rz. 138 ff.) – an den Strafbefehlsantrag der FinB gebunden, er darf nicht inhaltlich davon abweichen (s. § 400 Rz. 141). Beabsichtigt der Richter, vom Strafbefehlsantrag der FinB in rechtlicher Hinsicht oder im Rechtsfolgenausspruch abzuweichen, so wird er zunächst versuchen, eine Einigung zu erzielen (s. § 400 Rz. 141.1). Stimmt die FinB mit den Änderungsvorschlägen überein, stellt sie einen neuen, entsprechend modifiziert...

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