Rz. 553

[Autor/Stand] Die StPO regelt in verschiedenen Vorschriften die Möglichkeiten zur Verfahrenseinstellung, die auch die selbständig ermittelnde FinB in Anspruch nehmen kann (s. auch Nr. 81–83 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 81 ff.). Die AO enthält daneben in § 398 AO eine Sonderregelung zur Einstellung wegen Geringfügigkeit und in § 398a AO zum Absehen einer Verfolgung in Fällen, in denen die Straffreiheit wegen einer Selbstanzeige nur wegen § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 AO nicht eintritt.

 

Rz. 554

[Autor/Stand] Gespräche über komplette Verfahrenseinstellungen nach §§ 153, 153a, 154 StPO unterfallen nach der Rspr.[3] nicht den Vorschriften der StPO über Verständigungen. Das gilt jedoch nicht für Gespräche über Teileinstellungen gem. § 154 StPO (s. Rz. 1250).

a) Einstellung mangels Tatverdachts

 

Rz. 555

[Autor/Stand] Bieten die Ermittlungen keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, so stellt die StA (BuStra) das Verfahren ein (§ 170 Abs. 2 Satz 1 StPO, § 399 Abs. 1 AO; vgl. auch Nr. 81 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 81). Eine Einstellung gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO kommt infrage aus:

  • tatsächlichen Gründen, wenn

    • dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Tat nicht nachzuweisen ist; d.h. die StA (FinB) kommt bei Würdigung der vorliegenden Beweismittel zu dem Ergebnis, dass ein "hinreichender Tatverdacht" i.S.d. § 203 StPO – nämlich die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung – nicht gegeben ist;
    • die Ermittlungen ergeben, dass der Beschuldigte sich nicht strafbar gemacht hat;
    • beim Tod des Beschuldigten[5]; in diesem Fall kommt eine Einstellung gem. § 398a AO nicht in Betracht; zur Haftung der Erben für die Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) vgl. aber § 45 Abs. 1 AO;
  • prozessualen Gründen, wenn z.B. ein Prozesshindernis (z.B. Verjährung oder geringwertige Zollvergehen § 32 ZollVG, s. § 382 Rz. 59) besteht (s. Rz. 42 ff.);
  • materiell-rechtlichen Gründen, wenn sich z.B. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat bei näherer Prüfung als nicht strafbar erweist.
 

Rz. 556

[Autor/Stand] Die Einstellungsverfügung der StA (BuStra) in den drei vorbezeichneten Fällen entfaltet keine Rechtskraft[7], d.h. das Verfahren kann jederzeit – ohne dass sich neue belastende Tatsachen ergeben haben müssen – wieder aufgenommen werden.

 

Rz. 557

[Autor/Stand] Die Einstellungsverfügung ist ausreichend zu begründen (Nr. 80 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 80). Die Ermittlungsbehörde hat den Beschuldigten davon dann zu benachrichtigen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 StPO), wenn

  • ihm zuvor die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens eröffnet worden ist;
  • er als Beschuldigter vernommen worden ist;
  • ein Haftbefehl gegen ihn erlassen – nicht unbedingt vollstreckt (!) – worden war;
  • er um Bescheid gebeten hat oder
  • ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Hat sich herausgestellt, dass der Beschuldigte unschuldig ist oder gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht, so ist ihm dies mitzuteilen. Auch über die Möglichkeiten einer Entschädigung nach § 2 StrEG (Antrag binnen Monatsfrist beim anzugebenden zuständigen Gericht) ist er zu belehren.

 

Rz. 558

[Autor/Stand] Der Anzeigeerstatter muss immer unter Angabe von Gründen beschieden werden (§ 171 StPO). Gegen den Einstellungsbescheid kann der Anzeigeerstatter grds. Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen und, falls er zugleich Verletzter ist, das Klageerzwingungsverfahren nach §§ 172 ff. StPO durchführen. Im Steuerstrafprozess spielt diese Regelung keine Rolle, da bei Steuerdelikten ausschließlich der Staat (= Fiskus) "Verletzter" i.S.d. § 172 Abs. 1 StPO ist (str.; zur näheren Begründung und zum Streitstand s. § 403 Rz. 39).

b) Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO, § 398 AO)

 

Rz. 559

[Autor/Stand] Liegt ein hinreichender Tatverdacht vor, kann die Ermittlungsbehörde das Verfahren in den gesetzlich bestimmten Fällen wegen Geringfügigkeit gem. §§ 153 ff. StPO einstellen (sog. Opportunitätsprinzip, s. Rz. 63).

 

Rz. 560

[Autor/Stand] Nach § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO sind die StA und die selbständig ermittelnde FinB (§§ 386, 399 Abs. 1 AO) ermächtigt, mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts bei einem Vergehen von der Verfolgung abzusehen, "wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht" (vgl. auch Nr. 82 Abs. 1 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 82).

Einer Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht, wenn es sich um Vergehen handelt, die nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht sind und bei denen die durch die Tat verursachten Folgen gering sind (§ 153 Abs. 1 Satz 2 StPO). Eine entsprechende Sonderregelung sieht § 398 AO für geringwertigen Steuerverkürzungen oder geringwertige Steuervorteile vor (näher dazu s. § 398; zum eingeschränkten Anwendungsbereich dieser Sonderregelung s. § 398 Rz. 6). Die Geringwertigkeit ist allein nach objektiven Kriterien zu ermitteln[12]. Nähere Einzelheiten zu diesem auslegungsbedürftigen Begriff s. § 398 Rz. 26 ff.

 

Rz. 561

[Autor/Stand]...

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