Rz. 42
[Autor/Stand] Ein Strafverfahren ist unzulässig, wenn eine Prozessvoraussetzung – gleichbedeutend mit dem in der StPO verschiedentlich verwendeten Begriff des Verfahrenshindernisses (vgl. §§ 206a, 260 Abs. 3, § 467 Abs. 3 Nr. 2 StPO) – nicht erfüllt ist. Sie müssen so schwer wiegen, dass von ihrem (Nicht-)Vorhandensein die Zulässigkeit des gesamten Verfahrens abhängt. Derartige Umstände schließen eine Befassung mit dem Prozessgegenstand mit dem Ziel einer Sachentscheidung[2] aus. Terminologisch wird auch zwischen einem sog. "Befassungsverbot" (mit der Folge der Einstellung, aber der Möglichkeit der Einleitung eines neuen Verfahrens) oder einem "Bestrafungsverbot" (mit der Folge der Einstellung bzw. des Freispruchs bei sog. "Freispruchreife") differenziert[3].
Rz. 43
[Autor/Stand] Im Einzelnen zählen dazu[5]:
- die Strafunmündigkeit des Angeklagten (§ 19 StGB);
- der Tod[6] oder die Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten;
- die Immunität des Abgeordneten (Art. 46 Abs. 2, 4 GG);
- das Fehlen eines Strafantrags (für das Verfahren wegen Steuerstraftaten, die sämtlich als Offizialdelikte, d.h. von Amts wegen zu verfolgende Straftaten ausgestaltet sind, allerdings bedeutungslos);
- eine Amnestie (s. zum letzten Steueramnestiegesetz durch das sog. StraBEG in 2004 die Darstellung in § 371 Rz. 908 ff.);
- der Verjährungseintritt nach § 78 Abs. 1 Satz 1 StGB (s. die Erl. zu § 376);
- eine anderweitige Rechtshängigkeit, Rechtskraft im anhängigen Verfahren oder Strafklageverbrauch (s. Rz. 47 ff.);
- Fehlen einer wirksamen Anklageschrift oder eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses (s. Rz. 629 f.)[7];
- Fehlen eines wirksamen Strafbefehlsantrags (der FinB/StA) bzw. Strafbefehls (s. § 400 Rz. 101 ff.);
- örtliche oder sachliche Unzuständigkeit des Gerichts (s. Rz. 600 ff.);
- Unanwendbarkeit deutschen Strafrechts (§§ 3 ff. StGB; s. § 370 Rz. 79 ff.)[8];
- Auslieferungshindernisse (§§ 3, § 73 IRG, s. Rz. 51, 534, 1369; § 399 Rz. 1150 ff.);
- unzulässige Tatprovokation durch Einsatz eines V-Mannes (s. Rz. 440)[9];
- Vorverurteilung durch die Medien (str.)[10].
Rz. 44
[Autor/Stand] Prozesshindernisse sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen[12]. Liegt eine Prozessvoraussetzung nicht vor, so kann keine Sachentscheidung ergehen. Bezieht sich das Prozesshindernis auf das ganze Verfahren, so steht es der Verfahrenseinleitung entgegen; das bereits eingeleitete Verfahren darf nicht fortgesetzt werden, sondern ist durch Einstellung zu beenden. Dies geschieht
- im Ermittlungsverfahren durch die Einstellungsverfügung der StA (bzw. der FinB im Steuerstrafverfahren, § 386 Abs. 2, § 399 Abs. 1 AO), § 170 Abs. 2, § 171 StPO (s. Rz. 565 ff.);
- nach Erhebung der Klage durch gerichtlichen Beschluss (§§ 204, 206a StPO);
- in der Hauptverhandlung durch Urteil (sog. Prozessurteil, § 260 Abs. 3 StPO).
Rz. 45
[Autor/Stand] Im Folgenden sollen einige ausgesuchte für das Steuerstrafverfahren besonders bedeutsame Verfahrenshindernisse näher dargestellt werden. (Einzelheiten zur prozessualen Tatidentität sind in Rz. 1315 ff. dargestellt. Zur überlangen Verfahrensdauer s. die Erläuterungen in Rz. 1373 ff.).
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