Schrifttum:

Bielefeld/Prinz, Riskante Hilfe zur Hinterziehung deutscher Steuern aus dem Ausland?, DStR 2008, 1122; Keßeböhmer/Schmitz, Hinterziehung ausländischer Steuern und Steuerhinterziehung im Ausland, § 370 Abs. 6 und 7 AO, wistra 1995, 1; Kohlmann, Zur Ahndung grenzüberschreitender Steuerhinterziehungen, in FS H.-J. Hirsch, 1999, S. 577; Schmitz/Wulf, Erneut: Hinterziehung ausländischer Steuern und Steuerhinterziehung im Ausland, § 370 Abs. 6, 7 AO, wistra 2001, 361. – S. auch das Schrifttum vor Rz. 370 und 542.

 

Rz. 79

[Autor/Stand] Der örtliche Anwendungsbereich des § 370 AO bestimmt sich grds. nach den allgemeinen Gesetzen über das Strafrecht (§ 369 Abs. 2 AO). Deshalb finden insb. die §§ 3, 4 und 9 StGB Anwendung. Die Frage nach der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts ist im Rahmen der weiter zunehmenden internationalen Mobilität der Stpfl. auch für den Straftatbestand der Steuerhinterziehung von Bedeutung.

 

Rz. 79.1

[Autor/Stand] Nach dem sog. Territorialitätsprinzip gilt das deutsche Strafrecht für Taten, die im Inland begangen werden (§ 3 StGB). Unter Inland ist das Territorium der Bundesrepublik Deutschland zu verstehen (s. dazu auch § 382 Rz. 13)[3]. Die Staatsangehörigkeit des Täters ist unerheblich, so dass auch die von einem Ausländer im Inland begangene Steuerhinterziehung strafbar ist.

Nach § 9 Abs. 1 Alt. 1 StGB ist eine Tat dabei an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Fall des Unterlassens hätte handeln müssen. Deshalb ist § 370 AO auf alle im Inland begangenen Hinterziehungshandlungen anwendbar. Aus § 370 Abs. 7 AO folgt jedoch, dass § 370 AO insgesamt selbst dann anwendbar ist, wenn die Tat außerhalb des Geltungsbereichs der AO begangen wurde. Den aus § 9 StGB folgenden Beschränkungen kommt deshalb im Ergebnis keine Bedeutung zu. Zudem gilt bei im Ausland vorgenommenen Hinterziehungshandlungen das deutsche Strafrecht nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 StGB dann, wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug ist in einem zweiten Schritt zu klären, ob die hinterzogene Steuer überhaupt vom Schutzbereich des § 370 AO erfasst ist[4]. Das ist zunächst dann der Fall, wenn es sich um eine Steuer bzw. Steuervergütung handelt, die durch Bundesrecht oder Recht der EU geregelt ist, soweit sie durch BundesFinB oder durch LandesFinB verwaltet wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AO). Erweitert wird der Anwendungsbereich des § 370 AO darüber hinaus durch § 370 Abs. 6 AO (s. Rz. 542 ff.). Zu beachten ist jedoch § 153c StPO .

 

Rz. 79.2

[Autor/Stand] Bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des inländischen Gerichts nach § 7 Abs. 1 StPO (im entschiedenen Fall: LG Lübeck) geht der BGH davon aus, dass der Handlungs- und Erfolgsort der Tabaksteuerhinterziehung entlang der ganzen innerdeutschen Schmuggelroute zu bejahen und nicht allein der Ort des ersten Hauptzollamts nach Grenzübertritt (im entschiedenen Fall: Grenze zu Belgien) sei. Der Hinterziehungserfolg – die Nichtfestsetzung der Tabaksteuer durch das Hauptzollamt – werde auf der gesamten Transitstrecke bis zum Bestimmungsort "perpetuiert"[6]. Mit Übergabe der unversteuerten und nicht mit Steuerzeichen versehenen Zigaretten an den Empfänger bestimmt § 374 AO die örtliche Zuständigkeit[7].

 

Rz. 79.3

[Autor/Stand] Da nach § 4 StGB das deutsche Strafrecht unabhängig vom Recht des Tatorts auch für Taten gilt, die auf einem dort näher bezeichneten Schiff oder Flugzeug begangen werden (sog. Flaggenprinzip), kann theoretisch der Ort einer strafbaren Hinterziehungshandlung auch auf einem solchen, im Ausland befindlichen Fahrzeug liegen, z.B. bei elektronischer Absendung bestimmter steuerlich wirksamer Erklärungen oder bei Teilnahmehandlungen auf einem unter deutscher Flagge fahrenden Schiff, mit dem Zigaretten geschmuggelt werden. (s. dazu das Beispiel in Rz. 386).

 

Rz. 79.4

[Autor/Stand] Nach § 9 Abs. 1 StGB kommen im Einzelnen folgende Tatorte für eine Steuerhinterziehung in Betracht:

  • Der Ort der Tätigkeit (1. Alternative) ist überall dort gegeben, wo der Täter die Tathandlung ausführt, also bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO die falschen oder unvollständigen Angaben macht. Wird bspw. eine falsche Steuererklärung im Ausland zur Post gegeben, kann man aber überlegen, ob auf den Ort des Zugangs der Erklärung abzustellen ist und nicht auf den der eigentlichen Tätigkeit. Wegen § 370 Abs. 7 AO kommt dem freilich keine Bedeutung zu.
  • Der Ort der Unterlassung (2. Alternative) kommt in Betracht, wenn den Täter eine Rechtspflicht zum Handeln traf. Bei der Steuerhinterziehung hat der Ort der Unterlassung im Rahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO Bedeutung. Zur Schmuggelroute bei hinterzogener Tabaksteuer s. Rz. 79.3.
  • Der Ort des Erfolgseintritts (3. Alternative) ist ebenfalls Tatort. Das ist der Ort, an dem der Hinterziehungserfolg eintritt bzw. nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden. Zur Schmuggelroute bei hinterzogener Tabaksteuer s. Rz. 79.3. Ist eine Steuer i.S.d. § 1 Abs. 1 AO verkürzt worden, kann man überlege...

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