Rz. 18

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Der Haftungsumfang bestimmt sich nach den Haftungstatbeständen des § 42d Abs 1 EStG (> Rz 33 ff) und wird negativ durch die Haftungsausschlüsse des § 42d Abs 2 EStG (> Rz 55 ff) abgegrenzt. Zur zeitlichen Komponente > Rz 231 ff. Obergrenze für den Haftungsumfang ist grundsätzlich die Höhe des Steueranspruchs. Zur ESt-Schuld besteht keine Akzessorietät (> Rz 22). Der ArbG haftet nur für die nach den gesetzlichen Vorschriften einzubehaltende LSt (§ 42d Abs 1 Nr 1 EStG). Hat er gesetzwidrig zu hoch einbehaltene LSt nicht angemeldet und abgeführt, haftet er insoweit nicht (BFH 171, 547 = BStBl 1993 II, 775), denn er ist nicht verpflichtet, die zu hoch einbehaltenen Steuerabzüge an das FA abzuführen. Der ArbN hat in diesem Fall keinen Erstattungsanspruch gegen das FA, sondern einen noch offenen Lohnanspruch gegen den ArbG (> Arbeitgeber Rz 2 ff).

 

Rz. 19

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Für das noch laufende Kalenderjahr bestimmt sich der Haftungsumfang nach der beim LSt-Abzug einzubehaltenden LSt; maßgebend sind die elektronischen > Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM). Es kommt mithin darauf an, ob und in welcher Höhe LSt für den ArbN nach der für den jeweiligen > Lohnzahlungszeitraum maßgebenden Tarifformel, zB monatliche Lohnsteuer, einzubehalten war (wegen > Sonstige Bezüge vgl § 39b Abs 3 EStG), denn vor dem Ablauf des Kalenderjahres ist die LSt eine Lohnzahlungszeitraum-Steuer (BFH 74, 97 = BStBl 1962 III, 37). Hier kann bei > Nichtverfügbarkeit der ELStAM die Steuerklasse VI in Betracht kommen (§ 39c EStG; > Steuerklassen Rz 26 ff [28]). Das gilt auch dann, wenn eine > Jahreslohnsteuer zB wegen des geringen Lohns einer Aushilfskraft womöglich nicht anfallen wird (BFH 74, 97, aaO; BFH 114, 342 = BStBl 1975 II, 297).

 

Rz. 20

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Nach Ablauf des Kalenderjahres bestimmt sich der Haftungsumfang nach der Jahreslohnsteuerschuld (§ 38a Abs 1 Satz 1 EStG; BFH 113, 157 = BStBl 1974 II, 756). Das ist die LSt, die sich nach den persönlichen > Lohnsteuerabzugsmerkmale des ArbN für den > Jahresarbeitslohn ergibt. Bei schuldhafter > Nichtverfügbarkeit der ELStAM gilt Steuerklasse VI (vgl BFH 194, 372 = BStBl 2003 II, 151). Die Jahreslohnsteuerschuld ist auch bei einer Vereinbarung von > Nettolohn maßgebend (BFH 117, 553 = BStBl 1976 II, 543). Kann das FA die Besteuerungsgrundlagen (zB die auf einzelne ArbN entfallenden Lohnteile oder die Steuerklasse) nicht ermitteln oder berechnen, so kann es die vom ArbG nachzufordernde LSt im Schätzungswege ermitteln (BFH 114, 342 = BStBl 1975 II, 297; BFH 115, 342 = BStBl 1976 II, 134; BFH 172, 472 = BStBl 1994 II, 197; vgl auch > Schätzung Rz 13 ff).

 

Rz. 21

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Die obigen Grundsätze gelten entsprechend für beschränkt steuerpflichtige ArbN, die nach § 1 Abs 3 EStG, § 1a EStG weitgehend wie unbeschränkt Stpfl behandelt werden (> Unbeschränkte Steuerpflicht Rz 20 ff [29], > Beschränkte Steuerpflicht Rz 71).

 

Rz. 22

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Die LSt-Schuld bestimmt regelmäßig den Umfang der Haftungsschuld des ArbG (zu einer Ausnahme > Rz 51 ff). Nach der hier vertretenen wohl hM kommt es für den Umfang der Haftung des ArbG auf die Höhe der ESt-Schuld eines zur ESt veranlagten ArbN nicht an (BFH 113, 157 = BStBl 1974 II, 756; BFH 117, 553 = BStBl 1976 II, 543; glA Schäfer, Die Dreiecksbeziehung zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Finanzamt beim Lohnsteuerabzug, Berlin 1990, Diss Köln 1989, 225; Thomas, DStZ 1994, 545 [548]; DStR 1995, 273 [275]; Heuermann, DB 1994, 2411; Blümich/Wagner, § 42d EStG Rz 35; L/B/P/Nacke, § 42d EStG Rz 31; K/S/M/Hummel, § 42d EStG Rdnr A 54–57). Der ArbG kann grundsätzlich nicht einwenden, dem ArbN seien beim LSt-Abzug noch nicht berücksichtigte > Werbungskosten oder > Sonderausgaben entstanden (insoweit besteht ein Unterschied zwischen dem Haftungsverfahren und einer > Nachforderung von Lohnsteuer Rz 5 ff beim ArbN – BFH 108, 338 = BStBl 1973 II, 423). Eine Ausnahme gilt für den Fall des entschuldbaren Rechtsirrtums über die Zugehörigkeit von Bezügen zum > Arbeitslohn und über die Notwendigkeit, für die mit diesen Bezügen zusammenhängenden WK einen Freibetrag vom FA feststellen zu lassen (zu Einzelheiten > Rz 107 ff [120]).

 

Rz. 23

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Andere Autoren betrachten die Jahreslohnsteuerschuld lediglich als Obergrenze der Haftung. Sie vergleichen die LSt mit den > Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer und wollen den ArbG nur in Höhe der endgültig vom ArbN materiell-rechtlich geschuldeten ESt haften lassen, wenn diese nachweislich niedriger ist als die LSt-Schuld (vgl zB Hilbert, Lohnsteuerrecht in der Unternehmenswirklichkeit, 2017, Diss Siegen, 189 f mwN). Dem ArbG stünden uneingeschränkt alle materiell-rechtlichen Einwendungen aus dem Steuerschuldverhältnis zu, die sich gegen das Entstehen der ESt-Schuld einschließlich ihrer Höhe richteten (so Fichtelmann, DStR 1974, 75; Lang, StuW 1975, 113; Offerhaus, StbJb 1983/1984, 291 [296] mwN; Gast-de Haan, JbDStJG 1986, 141; H/H...

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