Rz. 33

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Nach dem in § 42d Abs 1 Nr 1 EStG zuerst genannten Haftungstatbestand haftet der ArbG (> Rz 2, 3) für LSt, die er einzubehalten und abzuführen hat (§ 42d Abs 1 Nr 1 EStG). Er muss also dafür einstehen, dass die abzuführende LSt vorschriftsmäßig (> Rz 34 ff) vom stpfl > Arbeitslohn einbehalten wird. Der Haftungstatbestand des § 42d Abs 1 Nr 1 EStG ist im Regelfall erfüllt, wenn einem ArbN zu einem bestimmten Zeitpunkt Lohn zufließt und der ArbG darauf entfallende LSt nicht oder zu niedrig einbehält (BFH 147, 323 = BStBl 1986 II, 921) und wenn er die einbehaltene LSt zum Fälligkeitstag (> Lohnsteuer-Anmeldung Rz 6 ff) nicht oder nur unvollständig bei dem FA anmeldet und demzufolge auch nicht abführt (> Rz 37). Zur Fristverlängerung bei Abgabe der LSt-Anmeldung vgl > Lohnsteuer-Anmeldung Rz 7/2 und BMF vom 23.04.2020, BStBl 2020 I, 474 (zur Fristverlängerung während der Corona-Krise). Zum Entstehen des Haftungsanspruchs vgl außerdem > Rz 28. Zu der einzubehaltenden LSt gehört nicht die pauschale LSt der §§ 4040b EStG (> Pauschalierung der Lohnsteuer); für sie wird nicht gehaftet, weil sie der ArbG zwar abführen, aber nicht vom Arbeitslohn einbehalten, sondern zusätzlich übernehmen muss (aber > Rz 220 ff). Ebenso ist es bei der jeweils nach den Abs 4 der §§ 37a/b EStG als Lohnsteuer geltenden pauschalen ESt bei einer > Pauschalierung der Einkommensteuer für Sachzuwendungen.

 

Rz. 34

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Die LSt ist vorschriftsmäßig einbehalten, wenn sie nach Maßgabe der §§ 3939f EStG unter Zugrundelegung der maßgebenden Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, sonstiger Frei- oder Hinzurechnungsbeträge und anderer > Lohnsteuerabzugsmerkmale berechnet und erhoben wird (vgl BFH 99, 310 = BStBl 1970 II, 664). Das gilt auch, wenn die Eintragungen objektiv unrichtig sind, weil das FA zB eine zu günstige Steuerklasse festgestellt hat oder bei > Nichtverfügbarkeit der ELStAM. Die LSt ist auch dann vorschriftsmäßig einbehalten, wenn der ArbG sie für jeden einzelnen > Lohnzahlungszeitraum richtig einbehalten hat, sich aber nach der stufenlosen Tarifformel eine höhere Steuer ergibt (vgl BFH 99, 310, aaO zur Jahrestabelle).

 

Beispiel:

Der ArbG hat eine im März gezahlte Tantieme zutreffend als > Sonstige Bezüge versteuert, wobei er von einem voraussichtlichen > Jahresarbeitslohn (ohne die Tantieme) von 50 000 EUR ausging. Aufgrund einer nicht vorhersehbaren erheblichen Gehaltssteigerung während des Kalenderjahres ergibt sich jedoch ein tatsächlicher Jahresarbeitslohn (ohne Tantieme) von 70 000 EUR. Infolge des progressiv ansteigenden Steuersatzes (> Lohnsteuertarif Rz 4 ff) ergibt sich nach dem Jahreslohnsteuertarif eine höhere LSt als einbehalten. Gleichwohl haftet der ArbG insoweit nicht, denn er hat die LSt für den sonstigen Bezug im März zutreffend berechnet und einbehalten. Wegen einer etwaigen Inanspruchnahme des ArbN > Rz 70 ff.

 

Rz. 35

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Die LSt ist nicht vorschriftsmäßig einbehalten, wenn der ArbG einen Mitarbeiter fälschlich nicht als ArbN oder einen geldwerten Vorteil nicht als Arbeitslohn behandelt und deshalb Arbeitslohn fehlerhaft unbesteuert belassen hat. Ebenso ist es, wenn der ArbG nicht laufend die elektronischen > Lohnsteuerabzugsmerkmale beim > Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abruft (vgl § 39e Abs 4 und 5 EStG) und der LSt-Abzug dadurch fehlerhaft ist. Ebenso, wenn er einen betrieblichen LStJA für einen ArbN durchführt, der davon ausgeschlossen ist (> Lohnsteuer-Jahresausgleich Rz 19 ff) oder einen zu hohen Betrag erstattet (BFH 115, 49 = BStBl 1975 II, 420); dann ist jedoch zugleich der Haftungstatbestand des § 42d Abs 1 Nr 2 EStG erfüllt (> Rz 50). Der ArbG darf den LSt-Abzug nicht unterlassen, etwa weil der ArbN bei einer kurzfristigen Tätigkeit auf das Kalenderjahr gesehen voraussichtlich lohnsteuerfrei bleibt. Eine solche Entscheidung steht dem ArbG nicht zu (BFH 74, 97 = BStBl 1962 III, 37). Allerdings muss in solchen Fällen vorrangig der ArbN in Anspruch genommen werden (BFH 114, 342 = BStBl 1975 II, 297; vgl auch BFH 136, 224 = BStBl 1982 II, 710); ergänzend > Rz 143. Meldet der ArbG dem BZSt nicht oder nicht rechtzeitig die Beendigung des Dienstverhältnisses (vgl § 39e Abs 5 Satz 1 Nr 2 EStG), hat das idR Einfluss auf den LSt-Abzug beim neuen ArbG. Es wird aber dort nicht zu einem zu geringen LSt-Abzug kommen, deshalb bedarf es insoweit keines Haftungstatbestands in § 42d EStG.

 

Rz. 36

Stand: EL 126 – ET: 04/2021

Die LSt ist auch dann vorschriftsmäßig einbehalten worden, wenn der ArbG nach einer unrichtigen Anrufungsauskunft oder einer unrichtigen verbindlichen Zusage nach einer > Außenprüfung verfährt (§ 42e EStG, §§ 204ff AO). Seit die Anrufungsauskunft als feststellender > Verwaltungsakt angesehen wird (vgl BFH 225, 50 = BStBl 2010 II, 996), ist die FinVerw an ihre Aussage zu einem vollständig und richtig dargestellten Sachverhalt gebunden (> Auskünfte und Zusagen des Finanzamts Rz 26 ff, 32 ff). Dann hat das FA den Fehler zu vert...

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