BGH zum Maßstab für Wohnbedarf beim Trennungsunterhalt

Der BGH hat eine grundlegende Entscheidung zum Trennungsunterhalt gefällt. Wieviel Geld benötigt der Unterhaltsberechtigte, um den Standard der ehelichen Wohnverhältnisse nach der Trennung aufrechtzuerhalten? Wie wirken sich dabei die durch den Auszug von Familienmitglieder eingetretenen Veränderungen aus?

Verliebt, verlobt, verheiratet – in diesem Fall ein Juristenpaar, er Anwalt, sie Richterin.

Trennungsunterhalt nach Ehe-Aus in siebenköpfiger Familie

In der mehr als 20 Jahre andauernden Ehe wurde aus dem Paar mit mit am Eheende fünf Kindern eine Großfamilie. Das Elternpaar trennte sich als die älteste Tochter 18 und das jüngste Kind 10 Jahre alt waren. Der Vater und die Erstgeborene zogen nach der Trennung aus, die anderen Kinder blieben bei der Mutter wohnen.

Mit ihrer Richterstelle am Oberverwaltungsgericht, die sie kurz vor der Trennung zu 80 % aufgenommen hatte, verdiente die Frau gut. Der Mann hatte neben der Anwaltstätigkeit weitere Einnahmequellen, u.a. aus Vermietung und Verpachtung. Er zahlte allen seinen Kindern Unterhalt, zudem 1.500 Euro Trennungsunterhalt an seine Noch-Ehefrau. Das war dieser nicht genug, sie verlangte mehr und beschritt dafür den Rechtsweg.

Wahlrecht der Berechnungsmethode bleibt bis zur Letztentscheidung bestehen

Die Klägerin brauchte einen langen Atem. Erst der BGH folgte ihr bei der konkreten Unterhaltsbemessung im Wesentlichen und verwies die Sache an das OLG Brandenburg zurück. Dort ist nun insbesondere der Wohnbedarf entweder konkret nachzuberechnen oder der Quotenunterhalt zu ermitteln, falls die Klägerin sich dahingehend noch umentscheidet, was sie dürfte.

OLG Brandenburg versagte weitere Unterhaltszahlungen

Der Unterhalt ist bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Verpflichteten konkret zu berechnen. Die Ehefrau hatte sich bislang für die konkrete Unterhaltsberechnung entschieden und vorgerechnet, dass sie auch für eine etwas kleinere Wohnung in etwa dieselben Mittel benötigt wie vor der Trennung. Das OLG hatte den Wohnbedarf niedriger ermittelt, für Ehemann und ausgezogene Tochter jeweils einen hohen Abschlag angesetzt und kam zu dem Ergebnis, dass ihr eigenes Einkommen ausreicht.

BGH setzt bei Ausgaben im Ehehaushalt an

Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs darf der bisherige eheliche Lebensstandard zugrunde gelegt werden (§§ 1361 Abs. 1 Satz 1, 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB). Deshalb ist von der Ausstattung der ehelichen Wohnräume auszugehen. Dabei gehe es um eine Fortschreibung der ehelichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der eingetretenen Änderungen, in diesem Fall des Auszugs von Mann und Tochter. Für den Wohnbedarf der Kinder sind nun vom OLG 20 % des sich aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile ermittelten Unterhaltsbedarfs festzustellen.

(BGH, Beschluss v. 29.9.2021, XII ZB 474/20).

Hintergrund: Konkrete Bedarfsberechnung

Bei besonders guten Einkommensverhältnissen gibt es nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine Obergrenze für den Unterhaltsbedarf. Da der Erfahrung nach bei sehr guten Einkommensverhältnissen nicht alles für den Lebensunterhalt ausgegeben, sondern ein Teil der Einkünfte für die Vermögensbildung aufgewandt wird, geht die Rechtsprechung davon aus, dass ab einem bestimmten Betrag der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf nicht mehr aufgrund einer Halbteilung der beiderseitigen Einkünfte verlangen kann, sondern seinen Bedarf insgesamt mittels einer konkreten Bedarfsberechnung nachweisen muss.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

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Schlagworte zum Thema:  Trennungsunterhalt, Bundesgerichtshof (BGH)