Keine Nutzungsentschädigung für von Schwiegereltern gestellte Ehewohnung nach Auszug
Anfang des Jahres 2010 zog die Ehefrau mit der gemeinsamen Tochter aus der zuvor acht Jahre gemeinsam genutzten Ehewohnung aus. Die Ehewohnung steht im Eigentum der Schwiegereltern der Ehefrau. Diese stellten die Wohnung vor der Trennung den Eheleuten und nach der Trennung ihrem Sohn mietkostenfrei zur Verfügung.
Ehefrau fordert Entschädigung für Wohnungsnutzung durch Ehemann
Mit Schreiben vom Januar 2015 forderte die getrennt lebende Ehefrau ihren Ehemann zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die alleinige Nutzung der Ehewohnung auf. Sie vertrat die Ansicht, die Schwiegereltern hätten durch die ständige mietfreie Überlassung der Ehewohnung den Eheleuten quasi ein Dauerwohnrecht eingeräumt. Die Wohnung habe einen monatlichen Mietwert von 3.000 Euro. Die Hälfte dieses Wertes stehe ihr gegen den die Wohnung nun allein nutzenden Ehemann als Nutzungsentschädigung monatlich zu.
Gesetzlicher Entschädigungsanspruch aus § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB
Mögliche Rechtsgrundlage für das Begehren der Ehefrau ist § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB. Hiernach kann der Ehegatte, der dem anderen die Ehewohnung während des Getrenntlebens ganz oder zum Teil überlassen hat, von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Sinn und Zweck der Nutzungsentschädigung
Zur Auslegung dieser Vorschrift stellte das OLG zunächst klar, dass die nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB zu gewährende Nutzungsvergütung dem die Wohnung verlassenden Ehepartner eine Kompensation für den Verlust des Wohnungsbesitzes und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile verschaffen soll. Damit schaffe die Vorschrift einen Ausgleich dafür, dass der verbleibende Ehepartner allein die Nutzungen aus der Wohnung zieht, die nach der ehelichen Lebensplanung beiden Ehegatten gemeinsam zustehen sollten.
Die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung sind nicht entscheidend
Nach Auffassung des Senats hängt die zu entrichtende Nutzungsentschädigung grundsätzlich nicht von der Art des Rechts ab, auf dem die gemeinsame Nutzung der ehelichen Wohnung beruht. Die Nutzungsentschädigung sei grundsätzlich unabhängig davon zu gewähren, ob einer der Eheleute Eigentum, ein Erbbaurecht, Nießbrauch, Wohnungseigentum oder ein Wohnrecht an der Wohnung habe.
Auch spiele es für die Nutzungsentschädigung keine Rolle, ob ein Ehepartner die Wohnung freiwillig oder beispielsweise aufgrund einer gerichtlichen Verfügung verlassen habe. § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB knüpfe ausschließlich an die faktische Überlassung der Wohnung an.
Maßgeblich für eine Nutzungsentschädigung sind Billigkeitserwägungen
Entscheidend für die Beurteilung der Nutzungsentschädigung seien nach dem Gesetz Billigkeitserwägungen. So komme eine zusätzliche Nutzungsentschädigung beispielsweise dann nicht in Betracht, wenn die alleinige Nutzung der Ehewohnung bereits im Rahmen der Berechnung des Trennungsunterhalts berücksichtigt wurde. Im anhängigen Fall hatte die Nutzung der Ehewohnung bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau keine Rolle gespielt.
Keine besonderen Kosten für die Antragstellerin
Dennoch kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Nutzungsentschädigung vorliegend nicht der Billigkeit entspräche. Hierbei berücksichtigte der Senat zunächst, dass der Antragstellerin mit Auszug aus der Ehewohnung keine besonderen finanziellen Lasten entstanden waren. Eine Beteiligung an irgendwelchen Kosten für die Ehewohnung wurde von ihr nicht verlangt.
Der Zweck der mietfreien Überlassung ist zu berücksichtigen
Die mietfreie Überlassung der Ehewohnung durch die Schwiegereltern beruhte nach der Einschätzung des Senats in erster Linie auf dem Verwandtschaftsverhältnis zum eigenen Kind. Die Entlastung des Sohnes von monatlichen Zahlungen sei das Motiv für die mietfreie Überlassung der Wohnung. Daher widerspräche es dem mutmaßlichen Willen der Schwiegereltern, wenn das eigene Kind nach dem Auszug des Schwiegerkindes Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung ausgesetzt wäre. Die kostenfreie Überlassung der Wohnung an das eigene Kind würde aus Sicht der Schwiegereltern dann ihren Sinn verfehlen.
Nutzungsentschädigung wäre unbillig
Im Ergebnis sprechen nach Auffassung des OLG die gewichtigeren Argumente dafür, der Antragstellerin einen Bereicherungsausgleich zu verwehren. Etwas anderes würde bei dieser Konstellation nur dann gelten, wenn der weichende Ehegatte besondere Investitionen und Arbeitsleistungen in die Wohnung gesteckt und dadurch deren Wert oder Nutzbarkeit erhöht habe. Derartiges sei im anhängigen Fall aber nicht vorgetragen. Im Ergebnis entspräche die Gewährung einer Nutzungsentschädigung im konkreten Fall nach Auffassung des OLG daher nicht der nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB erforderlichen Billigkeit.
(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 10.1.2019, 20 UF 141/18).
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