Verbot von Ferienwohnungen: Stadt Lübeck verliert Rechtsstreit

Streit um Ferienwohnungen gibt es in vielen Städten – auch Verbote der Umwidmung oder Zweckentfremdung von Wohnraum zur Vermietung an Urlauber. Lübeck geht seit dem Jahr 2019 bauordnungsrechtlich gegen die nichtgenehmigte Nutzung der sogenannten Ganghäuser in der Altstadt als Ferienwohnungen vor. In einer juristischen Auseinandersetzung hat die Stadtverwaltung vor dem Verwaltungsgericht (VG) Schleswig den Kürzeren gezogen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Nutzungsuntersagungen der Stadtverwaltung, die das Verwaltungsgericht nun in zwei Hauptsacheverfahren aufgehoben hat, wurden im Juni 2020 vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig noch als rechtmäßig eingeschätzt.
Ferienwohnungen: Vermieter berufen sich auf Bestandsschutz
"Das Verwaltungsgericht kommt in den gegen die Nutzungsuntersagungen der Hansestadt Lübeck gerichteten Klageverfahren jeweils zu der Einschätzung, dass die Vorhaben mangels erforderlicher Baugenehmigungen zwar formell rechtswidrig sind, aber von einer materiellen Zulässigkeit der Vorhaben auszugehen ist – da zum Zeitpunkt der Entstehung zulässig, wenn man seiner Zeit einen entsprechenden Bauantrag gestellt hätte", erklärte eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage.
Die Nutzungsuntersagungsverfügungen seien deshalb als rechtswidrig zu beurteilen, weil die Kläger sich hinsichtlich der Nutzung des Gebäudes als Ferienwohnung jeweils auf (materiellen) Bestandsschutz berufen können.
Das Gericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Ungenehmigte Ferienwohnung im allgemeinen Wohngebiet
Das Gericht begründete die Aufhebung der Nutzungsuntersagungsverfügung unter anderem damit, dass die ungenehmigten Nutzungen als Ferienwohnungen vor Inkrafttreten der Satzung der Hansestadt Lübeck zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Baugesetzbuches für das Gebiet der Lübecker Altstadt vom 27.2.2020 ausgeübt worden sind – und zu dieser Zeit zulässig waren.
Abweichend von der Einschätzung der Hansestadt Lübeck, die der Sprecherin zufolge der Rechtsauffassung ist, dass die Vorhaben in faktischen reinen Wohngebieten liegen, nicht aber die Blockrandbebauung des Straßengevierts umfassen, sieht das VG Schleswig den gesamten Block hinsichtlich der Nutzungen als ein Baugebiet an. Die Ferienwohnungen in den Gängen und Höfen seien ausnahmsweise zulässig. Das OVG hatte in seiner Entscheidung 2020 der Stadt noch einen Ermessensspielraum bei der Zulassung von Ferienwohnungen und die Nichtzulassung zugestanden.
Lübeck will auf das Wohnraumschutzgesetz setzen
Sofern Rechtsmittel eingelegt werden sollen, wären zunächst Berufungszulassungsverfahren nötig, so die Sprecherin. Nach Prüfung der Urteilsbegründung werde dafür keine Erfolgsaussicht gesehen, da die abschließend normierten Zulassungsgründe – insbesondere ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils – nicht vorliegen. Die Stadt werde von Anträgen auf Zulassung der Berufung absehen.
Die Stadt beabsichtige, in allen zurückgestellten Widerspruchsverfahren von Bestandsschutz der Nutzung als Ferienwohnung auszugehen und den Widersprüchen auf dieser Grundlage stattzugeben.
Mit dem im Mai 2024 verabschiedeten Wohnraumschutzgesetz Schleswig-Holstein sieht die Stadt in Zukunft die Möglichkeit, für Lübeck eine Zweckentfremdungsverbotssatzung aufzustellen. Der angespannte Wohnungsmarkt als wesentliche Begründung wurde bereits vom Land festgestellt. Eine solche Satzung würde die Umwandlung oder Umwidmung von vorhandenen Wohnungen in andere Nutzungen generell unterbinden.
Wohnungswirtschaft: "Dass die Behörden eingreifen, ist richtig"
Aus Sicht der sozialen Vermieter sei es bedauerlich, dass durch das Urteil des VG Schleswig die Entwicklung verfestigt werde, wonach gerade kleine Wohnungen und insbesondere die Ganghäuser in der Lübecker Altstadt dem Wohnungsmarkt dauerhaft entzogen würden, kommentierte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), die Entscheidung des Gerichts.
"Der Bedarf an derartigen bezahlbaren Wohnungen ist groß und muss nun durch die Errichtung teurer Wohngebäude an anderer Stelle befriedigt werden", so Breitner. "Wir erleben gerade in anderen touristischen Zentren – an der norddeutschen Ost- und Nordseeküste, aber auch in Südeuropa –, dass alles seine Grenzen hat", so Breitner. "Wenn die Unterbringung von Touristen dazu führt, dass Einheimische mit begrenztem Einkommen kaum mehr eine bezahlbare Wohnung finden, dann ist diese Grenze überschritten. Dass hier die Behörden eingreifen, ist richtig."
Die Gerichtsentscheidung müsse die zuständigen Behörden sensibilisieren, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die eine Zweckentfremdung von bezahlbarem Wohnraum verhindern.
(Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil v. 7.5.2024, Az. 8 A 158/20)
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