Immobilienmarkt: Transformation oder zyklische Krise?

Die Krisen in den 2020ern hatten bisher wenig Auswirkungen auf die Immobilienmärkte. Die EZB-Zinspolitik brachte eine Zäsur – dabei handelt es sich mehr um eine zyklische Bewegung als um eine nachhaltige Transformation. Zumindest mittelfristig dürfte es wieder aufwärts gehen.

Zu Beginn des neuen Jahrzehnts war die Immobilienwirtschaft und ihre Akteure geprägt von der boomenden Entwicklung des vergangenen 2010er Jahrzehnts. Auch wenn es schon einige kritische Stimmen gab, die auf den zyklischen Charakter der Immobilienwirtschaft hinwiesen, wurde überwiegend von einem "ewigen" Boom ausgegangen. Die Covid-19-Pandemie wurde zunächst nur am Rande registriert und nur geringe Folgen für die Immobilienwirtschaft erwartet. Die Folgen für die Immobilienwirtschaft wurden aber von ihr selbst als gering eingestuft. Als nächstes folgte der russische Angriffkrieg in der Ukraine. Die Folgen für die Immobilienwirtschaft wurden auch hier zunächst nur begrenzt gesehen.

Zinsanstieg beendet Immobilienboom – vorerst

Das Ende des Booms in der Immobilienwirtschaft setzte mit dem starken Zinsanstieg ein. Schon im Jahr 2021 kam es zu einem leichten Anstieg der Bauzinsen, während die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli 2022 erstmalig seit elf Jahren den Leitzins erhöhte. Auch hier wurde die Entwicklung teilweise zunächst nicht kritisch gesehen, jedoch wandelte sich das im Laufe der Zeit. Der Anstieg der Leitzinsen hatte drastische Folgen für die Bauzinsen. Es kam zu einer Vervierfachung dieser Zinsen. Zugleich hat sich der kurz- bis mittelfristige Ausblick vor allem angesichts der schwachen Konjunktur verschlechtert und es zeichnet sich eine zyklische Krise ab. Nach einer Periode von Unsicherheit und Anpassungen ist aber wieder mit einem Aufschwung zu rechnen, da sowohl die fundamentalen Daten als auch die finanzwirtschaftlichen Bedingungen nicht so negativ sind.

Investmentmärkte – geprägt von der Preisentwicklung

Auf den Investmentmärkte haben sich die Anleger angesichts der Krisen zunächst zurückgehalten. Die 2010er Jahre waren geprägt von einem Anlagenotstand, aufgrund der niedrigen beziehungsweise negativen Zinsen wiesen Immobilien einen massiven Renditevorsprung auf. Das machte Immobilien zu einem begehrten Asset. Insbesondere der starke Zinsanstieg, der die Investition verteuerte, hat seit dem zweiten Quartal 2022 deutliche Folgen. Der Renditevorsprung der Immobilien schmolz dahin, sodass die Nachfrage nach Immobilien zurückging. Die Ungewissheit über die weitere Preisentwicklung hat sowohl die Anbieter als auch die Nachfrager stark verunsichert und zu entsprechender Zurückhaltung geführt. Die Anzahl der Transaktionen ist rückläufig. Der Markt wird sich bei anderen Preisen und Renditen sicherlich neu finden.

Büroimmobilien: Mehr Leerstand, höhere Spitzenmieten

Auf den Büroimmobilienmärkten gibt es Bremsspuren, aber keinen realwirtschaftlichen Einbruch. Die Nettoabsorption stieg in den vergangenen Quartalen jeweils noch leicht an. Die Unternehmen reagieren auf die Herausforderung des Homeoffice – wenn überhaupt – erst mit einer Verzögerung, da zum einen die Entwicklung des mobilen Arbeitens unsicher ist und zum anderen Flächen nicht so schnell freigezogen werden können. Die Leerstände sind stärker gewachsen, da bei einer schwach positiven Nachfrage (Nettoabsorption) sehr viele Flächen fertiggestellt wurden. Die Spitzenmieten steigen weiter an, da sie auch auf die höheren Bau- und Zinskosten reagieren.

Einzelhandel: Einstiegszenario für Investoren?

Die Einzelhandelsimmobilien sind von den Investoren vor allem in den Shopping-Centern und den 1A-Lagen nicht mehr gefragt. Insbesondere die durch Corona ausgelösten deutlich höheren Umsätze im E-Commerce haben die Mieten in diesen Bereichen nicht mehr steigen lassen. Auch die Leerstände sind jetzt in den 1A-Lagen gewachsen und das verunsichert die Investoren. Sie halten sich mit Investments zurück. Die Miet- und Preisentwicklung hat sich teilweise ins Negative gekehrt. Die Preise sinken laut dem Verband der Pfandbriefbanken seit einigen Quartalen deutlich und liegen heute um 20 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2017, was dann aber wieder andere Investoren als Einstiegsszenario sehen.

Wohnungsmarkt: Die Mieten steigen mittelfristig weiter

Auf den Wohnungsmärkten waren zu Beginn des Jahrzehnts zunächst keine negativen Veränderungen festzustellen. Die Mieten sind zunächst weiterhin leicht angestiegen und die Preise deutlich stärker. Durch den sehr starken Anstieg der Bauzinsen hat sich eine neue Situation eingestellt. War auf den Investmentmärkten in den vergangenen Jahren nur die Frage, wie stark die Preise ansteigen, ist heute die Lage eine deutlich andere: Wie stark werden die Preise sinken? Auf den Vermietungsmärkten, insbesondere in den Großstädten, ist jedoch weiterhin eine Knappheit gegeben. Somit ist mittelfristig mit weiteren Mietsteigerungen trotz der Preisreduzierungen zu rechnen.

Ausblick: Erholung am Immobilienmarkt wahrscheinlich

Die nur aufwärts gerichtete Entwicklung des vergangenen Jahrzehnts hat die Marktteilnehmer darüber hinweggetäuscht, dass es sich bei der Immobilienwirtschaft und den Immobilienmärkten um eine sehr zyklische Branche handelt. Nicht umsonst ist der Begriff Immobilienzyklus in der Volkswirtschaftslehre sehr verbreitet. In diesem Jahrtausend kamen die Impulse für den jeweiligen Aufschwung von der Geldpolitik der Zentralbanken. Durch deren ultra-expansives Agieren bei der Liquidität und den Leitzinsen sanken die Zinsen für die Finanzierung von Immobilien und Immobilien wurden als alternative Assets sehr attraktiv.

Die Krisen in diesem Jahrzehnt hatten zunächst nur geringe Auswirkungen für die Immobilienwirtschaft und die -märkte. Eine Zäsur hat die Geldpolitik gebracht: hier waren es die Zinsanhebungen, die vor allem aufgrund der Schnelligkeit des Anstiegs, zu einer Neuorientierung führten. Es handelt sich jedoch dabei nicht um eine nachhaltige Transformation, also eine völlig neue Situation, sondern vielmehr um eine zyklische Bewegung. Die nicht unbegründete Erwartung ist, dass es zumindest mittelfristig wieder aufwärts gehen wird.


Das könnte Sie auch interessieren:

Büros verlieren an Wert – ein Lichtblick sind die Mieten

Immobilienklima: Experten "verschnupft" wegen Zinspolitik

Immobilienpreise steigen noch – aber unter der Inflationsrate

Wohninvestment trotz Zinssprung? – Steigende Mieten helfen

Schlagworte zum Thema:  Investment, Immobilienmarkt, Krieg in der Ukraine