Bulwiengesa-Index 2023: Immobilienpreise steigen seit 18 Jahren

Die Immobilienpreise steigen seit 18 Jahren, allerdings nur noch nominal, wie Ergebnisse im Bulwiengesa-Index 2023 zeigen: Erstmals seit 2008 liegt das Plus unter der Inflationsrate. Auch das Segment Wohnen "lässt Federn", während am besten Gewerbegrundstücke performen.

Der aktuelle Immobilienindex von Bulwiengesa weist bereits das 18. Jahr in Folge steigende Preise aus. Der Gesamtindex verzeichnet gegenüber dem Vorjahr segmentübergreifend ein Plus von 4,4 Prozent (2021: 4,7 Prozent) – und das, "obwohl der Projektentwicklermarkt und der Transaktionsmarkt ab dem zweiten Quartal 2022 praktisch zum Erliegen gekommen", heißt es in der Studie 2023.

Auch der Teilindex Wohnen stieg erneut um 5,2 Prozent (2021: 5,8 Prozent) und der Teilindex Gewerbe um 2,7 Prozent, nach einem Plus von 2,2 Prozent im Vorjahr. Damit ändert sich nominal nichts. "Doch nun unterschreitet der Immobilienindex die Inflationsrate zum ersten Mal seit 2008 wieder – bei einer Differenz von 3,5 Prozentpunkten so stark wie seit 1997 nicht mehr", sagt Jan Finke, Index-Projektleiter und Niederlassungsleiter Essen bei Bulwiengesa. Nachdem in den 1990er- und Anfang der 2000er Jahre die Veränderungsrate des Immobilienindex zumeist unter der Teuerungsrate gelegen hätten, seien es in den vergangenen 15 Jahren reale Zugewinne gewesen, die das Bild geprägt hätten.

Wohnen: Preise und Mieten performen nur moderat

Der Teilindex Wohnen steigt laut Bulwiengesa seit 2011 mit mindestens fünf Prozent pro Jahr an. Neu ist im aktuellen Preisindex, dass im Vergleich zum Vorjahr vier der fünf ausgewerteten Variablen nur noch moderate Wachstumsraten aufweisen. Das betrifft insbesondere Grundstücke für Einfamilienhäuser und neue Eigentumswohnungen. Nur die Bestandsmieten sind demnach 2022 etwas stärker gestiegen als 2021. Preistreiber bleiben aber die Kaufobjekte, trotz einer abgeschwächten Dynamik.

Reihenhäuser verteuerten sich um 7,4 Prozent, Einfamilienhausgrundstücke um 6,1 Prozent und Neubau-Eigentumswohnungen um 5,5 Prozent. Daran ändern Marktschwankungen nichts zu. Dagegen ist der Mietanstieg im Neubau ( plus 3,1 Prozent) und bei Bestandswohnungen (plus drei Prozent) vergleichsweise moderat in der diesjährigen Studie.

Die Kennwerte zeigten allerdings nicht oder noch nicht die ausgeprägte Krise, die den Wohnungsmarkt erfasst habe und das Projektvolumen schrumpfen lasse, erklärt André Adami, Bereichsleiter Wohnen bei Bulwiengesa. "Die Verkäufe im Eigentum sind massiv eingebrochen, während Mietwohnungen stärker gesucht sind", so Adami. Die Zurückhaltung der Bauherren und Investoren lasse das Neubauziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr in weite Ferne rücken.

Büro: Mieterstruktur, Vertragslaufzeit und Lagequalität zählen

Laut Bulwiengesa haben die derzeit hohen Baukosten und die Nachhaltigkeitsanforderungen – Stichwort ESG – zu einem Anstieg der Büromieten um 3,8 Prozent geführt, auch lag der Büroflächenumsatz bei der jüngsten Erhebung oberhalb des Mittelwerts seit 2010. Der Leerstand nimmt über alle Märkte hinweg kaum zu. Im Gegenteil: Es kamen im Vergleich zu 2021 fünf Prozent neue Büroflächen dazu.

"Auch wenn die Ist-Werte positiv sind – die Pipeline im Bau befindlicher oder geplanter Objekte ist sichtbar ausgedünnt", schreiben die Studienautoren. Sie gehen davon aus, dass Nebenlagen künftig noch stärker unter Druck geraten werden als zentrale Lagen. Investoren und Mieter dürften künftig stärker auf Kriterien wie Mieterstruktur, Vertragslaufzeit und Lagequalität sowie Nachhaltigkeitsaspekte achten.

"Die steigenden Renditen im Büromarkt sind Teil eines Preisfindungs- und Einordnungsprozesse, der sich zukünftig, neben den Kapitalmarktbedingungen noch stärker an Nachhaltigkeitskriterien orientieren wird", meint Oliver Rohr, Bereichsleiter Büro- und Logistikimmobilien bei Bulwiengesa.

Einzelhandel: Sinkende Mieten für Neuansiedlung nutzen

Nicht nur der Strukturwandel im stationären Einzelhandel sorgt für Umsatzeinbußen, die Innenstädte vor allem haben auch haben unter dem Rückgang der Passantenfrequenzen 2020 und 2021 gelitten. Echte Kauflust kam laut Bulwiengesa auch im vergangenen Jahr noch nicht wieder auf. Eine stabilisierende Wirkung geht demnach derzeit vom robusten Arbeitsmarkt aus: Trotz gestiegener Lebenshaltungskosten ist die Nachfrage nach Waren des periodischen Bedarfs ("Fast-moving-consumer-goods") stabil bleibt. Doch die Nachfrage verlagert sich aktuell auf Discounter und preisgünstigere Handelsmarken, wie die Experten beobachten.

"Die Konsumenten halten sich vor allem beim Einkauf höherwertiger Warengruppen zurück. Diese werden insbesondere in Ladengeschäften in Innenstadtlagen angeboten", sagt Dr. Joseph Frechen, Bereichsleiter Einzelhandel bei Bulwiengesa. In der Folge gerieten die Umsätze unter Druck, was sich zunehmend auf Einzelhandelsmieten bei Neuabschlüssen auswirke.

Die Spitzenmieten in den 1A-Lagen sind nach Angaben von Bulwiengesa um 3,2 Prozent gesunken und setzen damit den Rückgang analog zu den Vorjahren fort. Neben- und Stadtteillagen (nominal minus 0,1 Prozent) sind von Mietrückgängen nur moderat betroffen. Sinkende Mieten im Markt könnten den Experten zufolge Chancen für Neuansiedlungen eröffnen; laufende gewerbliche Mietverträge bieten demnach über Indexmietverträge inflationsgesicherte Cashflows.

Gewerbegrundstücke: Preistreiber mit Mietsteigerungspotenzial

Die Preise für Gewerbegrundstücke weisen unter den analysierten gewerblichen Variablen mit einem Plus von 7,4 Prozent die höchsten Steigerungsraten im Bulwiengesa-Immobilienindex 2023 auf. Sie steigen bereits seit 2009 kontinuierlich an. Laut Bulwiengesa spiegelt diese Entwicklung das aktuelle Wirtschaftsmodell und die rahmengebende Stadt- und Regionalentwicklung wider.

"Konsum benötigt Platz (Produktionsstätten, Verteilzentren, Lagerstätten), und dieser Platz wird immer knapper. Unter Berücksichtigung einer zu reduzierenden Flächenneuversiegelung werden Grundstücksneuausweisungen schwieriger", schreiben die Researcher.

Im Logistikbereich gewinnen deshalb sogenannte Brownfield-Entwicklungen immer mehr an Bedeutung – selbst in peripheren Logistikregionen übersteigt die Logistiknachfrage das Angebot. Die Logistikmieten steigen laut Bulwiengesa sukzessive an, vor allem in den großen deutschen Ballungsräumen und verkehrsmäßig gut erschlossenen Regionen.

Methodik:

Der Bulwiengesa-Immobilienindex analysiert die Marktentwicklung in Deutschland auf Basis
von 49 westdeutschen Städten seit 1975 und 125 deutschen Städten seit 1990. Die Ergebnisse basieren auf der Datensammlung von Bulwiengesa und unabhängigen Gutachtern. Die Daten werden jährlich durch empirische Erhebungen, Befragungen vor Ort und Zeitungsanalysen ergänzt und der Index berechnet und aktualisiert. Die Nutzungsteilmärkte werden bei der Berechnung gleichgewichtet. Neben dem Gesamtindex gibt es Teilindices für Wohnen und Gewerbe.

Bulwiengesa-Immobilienindex 2023


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