Grundsteuer fürs Wohnen: Korrekturen in den Bundesländern
Anfang 2025 trat die Grundsteuerreform in Kraft. Die Bundesländer setzen sie unterschiedlich um. Teilweise werden Eigentümer von Wohnimmobilien höher besteuert als Eigentümer von gewerblich genutzten Grundstücken. Hier sollen nachträgliche Gesetze gegensteuern.
Wie hoch die Grundsteuer B, die auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben wird, dann letztlich ausfällt, hängt wesentlich von den Hebesätzen ab, die von den Kommunen festgelegt werden. Gegen Grundsteuermessbescheide hagelte es bereits Einsprüche. Auch erste Urteile sind schon gefallen. Ein Überblick.
Differenzierte Hebesätze in den Bundesländern
Neue Grundsteuermessbescheide in Thüringen
In Thüringen soll die Grundsteuer für mehrere Hunderttausend Eigentümer von Wohnhäusern und Wohnungen ab 2027 sinken. Der Landtag hat am 31.10.2025 nach langen Diskussionen ein Landesmodell zur Neuberechnung der Grundsteuer beschlossen. Dabei geht es nach Angaben von Finanzministerin Katja Wolf (BSW) darum, die Mehrbelastung von Bürgern in Höhe von 52 Millionen Euro, die durch das seit Januar 2025 geltende Berechnungsmodell entstanden ist, zurückzuschrauben.
Nach Angaben von Wolf müssen nun bis zu 850.000 neue Grundsteuermessbescheide von den Finanzämtern verschickt werden. Die Steuermesszahlen für Wohnimmobilien sollen sinken: Konkret geht es um einen Rückgang von 0,31 Promille auf 0,23 Promille. "Damit schaffen wir eine Entlastung von 26 Prozent beim Wohnen", erklärte die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion, Ulrike Jary.
Grundsteuerhebesatzgesetz in Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz hat der Landtag am 19.2.2025 zur Umsetzung der Reform der Grundsteuer das Grundsteuerhebesatzgesetz verabschiedet. Mit der Novelle steht es den Kommunen nun offen, differenzierte Hebesätze für Wohngrundstücke, Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke einzuführen. Explizit begründen müssen Kommunen die Einführung differenzierter Hebesätze nicht.
Hamburg: Hebesatz, Steuermesszahl, Härtefallregelung
Am 10.9.2024 hatte der Hamburger Senat ein Gesetzespaket mit neuen Hebesätzen beschlossen: Der Satz bei der Grundsteuer B wurde erstmals seit 2005 von 540 Prozent auf 975 Prozent erhöht. Ermäßigungen für eine normale Wohnlage oder geförderte oder denkmalgeschützte Wohnungen bleiben erhalten.
Die Steuermesszahl für Wohnflächen wurde auf 0,70 ermäßigt und für den gewerblichen Bereich (Nicht-Wohnen) eine Messzahl von 0,87 festgelegt. Die neuen Werte sind feste Faktoren, die zur Berechnung der Steuer dienen. Ein besonders hoher Hebesatz von 8.000 Prozent ist für unbebautes, baureifes Land (Grundsteuer C) vorgesehen.
Im Februar 2025 wurde außerdem eine Härtefallregelung erlassen. Die liegt vor, wenn ein Einfamilienhaus in einem Naturschutzgebiet oder auf einem Moorgrundstück liegt und nicht an das Straßennetz angeschlossen ist. Auch bei sehr alten Gebäuden, die nur eingeschränkt nutzbar sind, oder einem Haus, für das Behörden ein Betretungsverbot ausgesprochen haben oder das regelmäßig bei Sturmfluten nicht bewohnbar ist, ist ein Teilerlass der Grundsteuer denkbar. Anträge müssen begründet werden. Ein Gutachten ist erforderlich.
Sachsen-Anhalt entlastet Wohneigentümer
Das Parlament in Sachsen-Anhalt hat am 23.10.2024 ein Gesetz zur optionalen Festsetzung differenzierter Hebesätze beschlossen. So sollen die Kommunen eine aufkommensneutrale Steuererhebung gewährleisten und unterschiedliche Belastungen von Wohn- und Nichtwohngrundstücken ausgleichen können.
Hessen: Brechen die Kommunen das Steuerversprechen?
Hessen hat am 9.8.2024 für 61 der 421 Kommunen die Empfehlungen zur Berechnung der Hebesätze aktualisiert. Bei zwölf Städten und Gemeinden sei das nötig geworden, weil sie die Hebesätze rückwirkend geändert hätten, wie die Oberfinanzdirektion in Frankfurt am Main mitteilte. Bei 49 weiteren Kommunen führten Abweichungen bei den Daten im Zuge von Steuerbefreiungen zu der Aktualisierung.
Wie eine neue Datenanalyse von Correctiv und Finanztip ergibt, die Ende Oktober 2025 veröffentlicht wurde, überschreiten aber in Hessen rund 80 Prozent der Kommunen die Vorgaben, in Sachsen sind es knapp ein Fünftel – untersucht wurden 800 Kommunen in den beiden Bundesländern.
Grundsteuer in Bremen: Aufkommensneutral per Gesetz
Eine Analyse der Zahlen durch das Finanzressort in Bremen hat ergeben, dass es bei Anwendung der Messzahlen nach dem Bundesmodell, das im Land angewendet wird, zu einer erheblichen Belastungsverschiebung kommen würde. Um den Effekt zu dämpfen, steuert der Senat mit Landessteuermesszahlen gegen. Der Gesetzentwurf wurde am 6.8.2024 beschlossen.
Außerdem wurde das Ortsgesetz für den neuen Hebesatz für die Grundsteuer B in der Stadt Bremen auf den Weg gebracht. Die Messzahl für Wohngrundstücke bleibt bei 0,31 Promille; die Messzahl für Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke wird auf 0,75 Promille angehoben. Der Hebesatz in der Stadt Bremen wurde auf 755 Prozent festgesetzt. Bremerhaven legt den Hebesatz selbst fest.
NRW: Musterwerte zu Grundsteuer-Hebesätzen
Auch in Nordrhein-Westfalen (NRW) zeichnete sich mit dem Bundesmodell in großen Städten eine Schieflage zwischen Wohnen und Nicht-Wohnen ab. Hier hat der Landtag am 4.7.2024 ein Gesetz mit einer eigenen Lösung verabschiedet: Eine Öffnungsklausel stellt den Kommunen frei, unterschiedliche Hebesätze anzuwenden.
Die Finanzverwaltung veröffentlichte am 20.6.2024 bereits für jede der 396 Kommunen Musterwerte für die Hebesätze. Als Berechnungsgrundlage wurden differenzierte Sätze für Wohnflächen und Nutzflächen mitgeliefert. Die Kommunen entscheiden aber selbst, ob sie unterschiedliche Werte wählen. Die Steuermesszahl beträgt in NRW für Wohngrundstücke 0,31 Promille und für Nicht-Wohngrundstücke 0,34 Promille.
Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Städtetags NRW hält das Landesmodell allerdings für hochriskant und anfällig für Klagen. In der Kritik stehen differenzierte Hebesätze für Wohn- und Geschäftsgrundstücke.
Grundsteuergesetz: Berlin senkt Hebesatz deutlich
In Berlin soll die Grundsteuerreform die Wohnkosten nicht verteuern. Das Abgeordnetenhaus hat am 20.6.2024 ein Gesetz mit Änderungen zu den Eckpunkten der Steuer beschlossen. Der Hebesatz für die Grundsteuer B wird von 810 auf 470 Prozent gesenkt. Außerdem wird die Steuermesszahl zugunsten bewohnter Grundstücke verändert: Sie beträgt künftig 0,31 Promille, für andere Grundstücke 0,45 Promille. Die Änderungen sollen dazu beitragen, dass die Berliner nicht deutlich mehr Grundsteuer zahlen als bisher.
Grundsteuermodelle und Hebesätze nach Bundesland
Bundesland | Grundsteuermodell | Informationen zu Hebesätzen |
Modifiziertes Bodenwertmodell | ||
Bayern | Wertunabhängiges Flächenmodell | Nichts Näheres bekannt |
Berlin | Bundesmodell mit angepassten Messzahlen | Hebesatz wird von 810 Prozent auf 470 Prozent gesenkt. |
Brandenburg | Bundesmodell | Transparenzregister geplant |
Bremen | Bundesmodell | Stadt Bremen: 755 Prozent Bremerhaven: noch nicht bekannt Messzahl für Wohngrundstücke: 0,31 Messzahl für Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke: 0,75 |
Hamburg | Wohnlagemodell Hinweis: Die Grundsteuer ist erstmalig zum 30.4.2025 zu zahlen. Die Steuerverwaltung ruft dazu auf, Daueraufträge zu löschen, keine Zahlungen für die Grundsteuer zum 15.2.2025 tätigen und stattdessen ein SEPA-Mandat zu erteilen. Als Beitrag zur Entbürokratisierung hat der Senat am 13.1.2025 zudem durch Verordnung geregelt, dass Kleinbeträge bei der Grundsteuer ab 2025 nicht zu zahlen sind, wenn der Grundsteuermessbetrag zwei Euro nicht überschreitet. Hilfe zur Berechnung des voraussichtlichen Grundsteuerbetrages, FAQ | Grundsteuer A: 100 Prozent Messzahl für Nutzflächen: 0,87 Messzahl Bereich Wohnen: 0,7 |
Hessen | Flächen-Faktor-Modell | |
Mecklenburg-Vorpommern | Bundesmodell | Transparenzregister geplant |
Niedersachsen | Flächen-Lage-Modell | Keine näheren Informationen bekannt |
Nordrhein-Westfalen | Bundesmodell | Differenzierte Hebesätze |
Rheinland-Pfalz | Bundesmodell | Liste der aufkommensneutralen Hebesätze |
Saarland | Bundesmodell mit angepassten Messzahlen | Hebesatz-Daten für Kommunen |
Sachsen | Bundesmodell mit angepassten Messzahlen | |
Sachsen-Anhalt | Bundesmodell | Hebesatz-Daten für Kommunen |
Schleswig-Holstein | Bundesmodell | Differenzierte Hebesätze möglich |
Thüringen | Bundesmodell | Differenzierte Hebesätze für Wohn- und Nichtwohnimmobilien |
Grundsteuer-Regelungen der Länder und Informationen zur Reform im Überblick
Transparenzregister für faire Grundsteuer
Im Netz gibt es die sogenannten fairen Hebesätze – das heißt: die Grundsteuer soll in Summe in der jeweiligen Kommune nicht steigen – der Bundesländer zu finden. Baden-Württemberg hat ein Transparenzregister am 9.9.2024 veröffentlicht, das im Oktober 2024 aktualisiert wurde; und Schleswig-Holstein weist aus, wie Städte und Gemeinden die Hebesätze für 2025 festlegen müssten, um Grundsteuereinnahmen in derselben Höhe wie vor der Reform zu erzielen.
Auch Berlin, Bremen, Hamburg, Sachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Rheinland-Pfalz haben faire Hebesätze als Empfehlung für Städte und Gemeinden veröffentlicht. In Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern müssen die Kommunen die fairen und die festgesetzten Hebesätze nennen.
Urteile zur neuen Grundsteuer
Knapp 36 Millionen Grundstücke in Deutschland müssen neu bewertet werden. Die Neuberechnung der Grundsteuer ab Januar 2025 hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert. Bereits nachdem am 31.1.2023 die verlängerte Abgabefrist für die Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts abgelaufen war und erste Wertbescheide erlassen wurden, kam es zu Klagen vor Verfassungs- und Finanzgerichten.
In einem Verfahren vor dem Finanzgericht (FG Köln) wurde die erste Musterklage aus NRW gegen das Bundesmodell abgewiesen. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken, wie sie die Kläger angeführt hatten, sah das Gericht nicht. Der Senat ließ die Revision zum Bundesfinanzhof zu.
Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat am 13.11.2024 in einem Musterverfahren eine Klage gegen die Grundsteuerreform abgewiesen. Wegen der grundlegenden Bedeutung ist die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.
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