Grundsteuer: So viel teurer macht die Reform das Wohnen
Die Umsetzung der Grundsteuerreform entspricht in der Praxis häufig nicht dem politischen Versprechen der Aufkommensneutralität, heißt es im Fazit einer Auswertung von Haus & Grund Deutschland. Viele Eigentümer zahlen mehr als vorher – wie viel mehr, hängt maßgeblich vom kommunalen Hebesatz, dem Bewertungsmodell in den Bundesländern und dem Immobilientyp ab.
Der Verband hat zu einer Umfrage unter privaten Immobilieneigentümern zur Grundsteuerreform 1.999 Rückmeldungen aus dem gesamten Bundesgebiet erhalten und ausgewertet. In rund 79 Prozent der Fälle steigt die Steuerlast von 2024 bis 2025 an oder bleibt nahezu gleich, während nur 21 Prozent eine Reduktion verzeichnen.
Entwicklung der Grundsteuerbeträge
Im Median zahlen Eigentümer laut Haus & Grund in diesem Jahr 654 Euro, im Mittel liegt die Belastung bei rund 830 Euro pro Jahr. Die Werte variieren erheblich – von etwa 100 Euro in den unteren zehn Prozent bis zu rund 4.500 Euro in der Spitze. Der Median der Belastung lag 2024 bei 390 Euro, der Mittelwert bei 522 Euro. Das entspricht einem durchschnittlichen Anstieg von mehr als 300 Euro pro Jahr.
Im Bundesmodell beträgt der durchschnittliche Steuerbetrag 2025 rund 807 Euro. Im Flächenmodell liegt der Mittelwert sogar bei 847 Euro. Im Bodenwertmodell von Baden-Württemberg beläuft sich der Mittelwert ebenfalls auf 848 Euro, liegt jedoch mit einem etwas geringeren Streuungsmaß und geringerer Schiefe tendenziell stabiler im mittleren Bereich, heißt es in der Auswertung.
Grundsteuer: Kosten nach Immobilientyp
Für Ein- und Zweifamilienhäuser liegt der durchschnittliche Anstieg bei 119 Prozent, bei Mehrfamilienhäusern bei 111 Prozent. Deutlich niedriger fällt die Veränderung bei Eigentumswohnungen aus, wo der Mittelwert bei 40 Prozent liegt. Betrachtet man nur die Fälle mit sinkender Belastung, zeigt sich, dass Eigentumswohnungen im Durchschnitt die stärkste relative Entlastung erfahren haben (minus 24 Prozent), gefolgt von Mehrfamilienhäusern (minus 22 Prozent) und Ein- und Zweifamilienhäusern (minus 19 Prozent).
Eigentümer von Mehrfamilienhäusern erfahren einen durchschnittlichen Anstieg von 143 Prozent, bei Ein- und Zweifamilienhäusern liegt der bei 139 Prozent, während Eigentumswohnungen mit durchschnittlich 96 Prozent etwas geringer betroffen sind.
Auch zwischen den Bewertungsmodellen zeigen sich Differenzen. Für das Bundesmodell liegt der durchschnittliche Zuwachs bei 98 Prozent, beim Wertunabhängigen Flächenmodell bei 104 Prozent, während das Bodenwertmodell Baden-Württembergs mit einem Mittelwert von 141 Prozent den höchsten Anstieg verzeichnet.
Aufkommensneutralität: Hebesätze treiben Grundsteuer
Besonders aufschlussreich ist laut Haus & Grund ein Vergleich der Bewertungsmodelle: Das Bundesmodell schneidet auf den ersten Blick mit einer geringeren durchschnittlichen Steuermehrbelastung ab, heißt es im Fazit der Auswertung, eine vertiefte Analyse zeige jedoch, dass dieser Vorteil in erster Linie auf eine weniger starke Erhöhung der Hebesätze zurückzuführen sei – nicht auf das Modell selbst.
Im wertunabhängigen Flächenmodell etwa sei stärker an der Hebesatzschraube gedreht worden, was die insgesamt höhere Belastung erkläre. Eine Steuerneutralität hängt dem Verband zufolge also nicht allein vom Grundsteuermodell ab, sondern entscheidend von der Bereitschaft der Kommunen, die Hebesätze anzupassen.
Das politische Versprechen der Aufkommensneutralität werde nur rein rechnerisch eingehalten: Wenn die Steuerlast bei Gewerbeimmobilien oder unbebauten Grundstücken im Durchschnitt sinkt und damit die gestiegenen Belastungen im Wohnbereich kompensiert. "Eine solche Bilanzneutralität geht jedoch klar zulasten der privaten Eigentümer von Wohnimmobilien", schreibt Haus & Grund.
Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke sagte der "Bild"-Zeitung, die Städte seien Preistreiber Nummer eins und machten Wohnen teuer. "Es muss eine Kurskorrektur geben und die Politik muss zu ihrem Wort stehen."
Grundsteuerreform: Profiteure sind die Kommunen
Gezahlt wird die Grundsteuer von den Eigentümern, die sie nach geltendem Recht zu 100 Prozent auf die Mieter umlegen dürfen. Die Kommunen kassieren insgesamt zirka 14 Milliarden Euro pro Jahr. Wäre die Reform vom Bund nicht bis Ende 2019 beschlossen worden, wie im April 2018 vom Bundesverfassungsgericht gefordert, hätten die Städte und Gemeinden seit Anfang 2020 keine Grundsteuer mehr erheben dürfen.
Die Kommunen bestimmen mit ihren Hebesätzen die Höhe der Abgabe auch nach dem Inkrafttreten der Grundsteuerreform am 1.1.2025 – dadurch kann sich die Grundsteuer für die gleiche Immobilie je nach Wohnort zum Teil um Hunderte Euro unterscheiden. Eigentümer von Mietshäusern müssen oft vierstellige Beträge zahlen. Die Hebesätze können jederzeit geändert werden.
Teilweise kommt eine Schieflage zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken zustande. Das liegt daran, dass Gewerbegrundstücke oft deutlich weniger im Wert gestiegen sind als Wohngrundstücke. Dort, wo es einen hohen Wertzuwachs gab, ist eine überproportionale Grundsteuerbelastung zu erwarten.
Grundsteuerreform: Umsetzung in den Bundesländern
Grundsteuerumlage: Zwei Drittel passen Betriebskosten an
Laut einer Umfrage des Online-Maklers ImmoScout24 von Februar 2025 vermieten mehr als zwei Drittel (69 Prozent) von 2.001 Nutzern der Plattform mit Wohneigentum ihre Wohnungen oder Häuser als Geldanlage oder zur privaten Altersvorsorge. Davon gaben 66 Prozent an, eine Anpassung der Betriebskosten zu planen, um die Erhöhung der Grundsteuer weiterzugeben. 22 Prozent wussten es zum Zeitpunkt der Umfrage noch nicht. Zwölf Prozent wollen keine Anpassung vornehmen.
"Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Zusatzkosten durch höhere Grundsteuerabgaben im ohnehin angespannten Mietmarkt ankommen – dann in Form von Betriebskosten und damit gänzlich ohne schützende Obergrenzen", sagte damals Daniel Hendel, Vice President Product Management bei ImmoScout24.
Umlage der Grundsteuer: Was Vermieter beachten müssen
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